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Spritpreise aus dem Jahr 2022 - im Vergleich dazu tankt es sich derzeit billig, doch was ergibt ein etwas weiterer Blick?
Spritpreise aus dem Jahr 2022 - im Vergleich dazu tankt es sich derzeit billig, doch was ergibt ein etwas weiterer Blick? Bild: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Wirtschaft
Warum viele Menschen Sprit für billig halten - zu Recht?

Ist Tanken derzeit billig oder teuer? Beides! Letztlich kommt es auf die Perspektive an - und einen psychologischen Effekt.

München.

Tanken ist derzeit so billig wie seit langem nicht mehr. Tanken ist sehr viel teurer als vor fünf oder zehn Jahren. Beide Sätze sind wahr. Nur was ist der Sprit nun - teuer oder billig? Die Antwort ist nicht einfach, sie kommt auf die Perspektive an und wird nicht zuletzt von Gewöhnung und gefühlter Wahrheit mitbestimmt. Eine Annäherung: 

Die Zahlen

Im Mai kostete der Liter Super E10 im bundesweiten Monatsdurchschnitt nach Daten des ADAC 1,68 Euro pro Liter. Diesel kostete 1,56 Euro. Das ist weniger als im Durchschnitt des Jahres 2024 - und deutlich weniger als in den vom Ukraine-Krieg teuer gemachten Jahren 2023 und vor allem 2022, als beide Kraftstoffe zeitweise mehr als zwei Euro pro Liter kosteten. 

Ist Sprit also billig? Nicht unbedingt, denn noch 2020 fiel der Preis für einen Liter Diesel zwischenzeitlich unter einen Euro. Im Jahresschnitt waren beide Kraftstoffe damals mehr als 40 Cent billiger als jetzt im Mai. Preise wie sie aktuell an den Tankstellen stehen, wären bis zum Herbst 2021 nahe an oder sogar über den damaligen Allzeithochs gewesen und im Jahrzehnt von 2010 bis 2019 lagen die Spritpreise im Durchschnitt mehr als 20 Cent niedriger als zuletzt. 

Doch ist dieser Vergleich überhaupt fair? Nicht unbedingt, denn er lässt die Inflation außer Acht. Schließlich sind Autos, Brot oder der Restaurantbesuch heute auch teurer als im vergangenen Jahrzehnt. Rechnet man die Spritpreise seit dem Jahr 2000 analog zur allgemeinen Preissteigerung um, die über die volle Zeitspanne mehr als 60 Prozent betrug, sieht das Bild anders aus und die aktuellen Spritpreise landen im Mittelfeld: Bei Diesel wären nach dieser Rechnung 12 der vergangenen 25 Jahre teurer gewesen als derzeit, bei Benzin 18. 

Warum ist das so und wie kommen die Spritpreise zustande?

Um zu verstehen, warum die Preise für Sprit - anders als für viele andere Güter - stark schwanken und immer wieder auch sinken, muss man sich ihre Zusammensetzung ansehen. Grob gibt es dabei drei Blöcke: Ölpreis, Steuer und Abgaben sowie Verarbeitung und Vertrieb. 

Für die Schwankungen ist dabei insbesondere der Ölpreis verantwortlich, der alleine in den letzten fünf Jahren zwischen umgerechnet weit über 100 Euro und unter 40 Euro pro Barrel (159 Liter) gelegen hat. Wie hoch genau der Anteil des Ölpreises am Liter Sprit ist, lässt sich allerdings nur überschlagen, weil aus Öl ja verschiedenste Produkte entstehen. Geht man als Annäherung nur nach dem Volumen, kommt man beim aktuellen Ölpreis auf Werte in der Dimension um 36 Cent. 

Sehr viel höher ist der Anteil des Staates - konkret Energiesteuer, Mehrwertsteuer und CO2-Abgabe. Zusammen machen sie mit rund 105 Cent bei Super und 86 Cent bei Diesel den größten Brocken aus. Mehr als die Hälfte davon ist Energiesteuer und seit dem Jahr 2003 - abgesehen von der Zeit der Spritpreisbremse 2022 - konstant. Das dämpft Preisveränderungen beim Sprit. Die Mehrwertsteuer spielt für die Preisentwicklung kaum eine Rolle. Der CO2-Preis spielt erst seit einigen Jahren eine Rolle und er steigt. Mit 13 Cent bei Benzin und knapp 15 Cent bei Diesel ist er aber noch überschaubar. 

Beim Tanken verdient der Staat kräftig.
Beim Tanken verdient der Staat kräftig. Bild: Philip Dulian/dpa

Der Rest des Preises entfällt auf Verarbeitung, Vertrieb und die Gewinne der Mineralölkonzerne. Hier gibt es keine klaren Zahlen, es wäre aber zu erwarten, dass die Kosten hier steigen, weil auch Löhne, Energie, Transport und ähnliches teurer werden. Auch dieser Posten ist im Vergleich zu Steuern und Abgaben aber kleiner. 

Der Experte

"Ich würde nicht sagen, dass Sprit derzeit günstig ist", sagt Christian Laberer, Kraftstoffmarkt-Experte beim ADAC. "Momentan steuern wir darauf zu, dass 2025 das viertteuerste Tankjahr aller Zeiten wird. Wenn man die Inflation mit einrechnet, sieht es nicht mehr ganz so dramatisch aus, es gäbe aber durchaus noch ein bisschen Luft nach unten beim Preis – insbesondere bei den Margen im Großhandel und bei den Raffinerien. Dort bleibt noch immer deutlich mehr Geld hängen als vor den Verwerfungen durch den Ukraine-Krieg." 

Aber warum fühlt sich der Preis dann für manche trotzdem billig an?

Laberer sieht hier die Gewöhnung am Werk. Schon zu Zeiten sehr viel höherer Preise hat er davon gewarnt. Manche Menschen nähmen die aktuellen Preise als relativ günstig war, "weil wir vor gar nicht allzu langer Zeit, schon sehr viel dramatischere Preise gesehen haben", analysiert er. "Man gewöhnt sich über die Zeit an die neuen Niveaus und ist dann fast schon erleichtert, wenn es statt zwei Euro nur noch 1,70 pro Liter kostet. Es ist, wie wenn man aus der Kälte in einen kühlen Raum kommt: Der fühlt sich dann auch im Vergleich warm an. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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