Nach 100 Jahren endet eine Familien-Ära: Ein Fleisch-Konzern aus China übernimmt über eine Tochterfirma den bekannten Wursthersteller Wolf Essgenuss - und damit auch die Produktion der beliebten Original Nürnberger und Thüringer Rostbratwürste in Schmölln und Bayern.
Wolf Essgenuss gilt heute als der viertgrößte Wurst-Hersteller Deutschlands. Erst kürzlich hatte das Unternehmen auf eine bewegte 100-jährige Familien- und Firmengeschichte zurückgeblickt - von der Gründung der ersten Metzgerei im Jahr 1925 bis hin zu einem der Marktführer bei Original Nürnberger, Thüringer und Berner Würstchen. Aber auch mit Fertiggerichten unter dem Namen Forster hat sich Wolf inzwischen einen Namen gemacht. An drei Standorten wird mit rund 1800 Mitarbeitern in Schwandorf (Bayern), Schmölln (Thüringen) und Nürnberg produziert. In Nürnberg hatte Wolf erst vor zwei Jahren ein neues Werk in Betrieb genommen. Doch jetzt endet dieses Kapitel: Das in vierter Generation geführte Familienunternehmen wird verkauft.
Dieser Weltkonzern steht hinter dem neuen Eigner
Die britische Holding Morliny Foods übernimmt die Wolf Essgenuss GmbH. Die Briten gehören zur chinesischen WH Group. Die ist ein international agierender Konzern - und machte zuletzt mit rund 100.000 Beschäftigten um die 27 Milliarden Euro Umsatz. Zur WH Group aus China gehören durch Tochterfirmen schon jetzt mehr als 20 Standorte in Europa. Smithfield Foods in den USA – größter Schweinefleisch-Produzent der Welt – zählt ebenfalls zum Konzern. Die Übernahme von Wolf Essgenuss steht jetzt aber noch unter Vorbehalt der Kartellbehörden.
Werke in Schmölln und Bayern sollen erhalten bleiben
„Die Übernahme der Wolf-Gruppe stärkt unsere strategische Präsenz in Europa und sorgt für Wachstum in unserem Geschäft mit verpacktem Fleisch und Convenience-Produkten mit hoher Wertschöpfung in Deutschland“, erklärte Luis Cerdan, CEO von Morliny Foods. Bisher ist Morliny in Großbritannien, Spanien, Frankreich, Polen, der Slowakei, Ungarn und in Rumänien tätig. Dort betreibt die Gruppe insgesamt 25 Produktionsstandorte. Die Marke Wolf und alle drei Werke sollen erhalten bleiben.
Traditionsfirma hofft auf neue Märkte
Christian Wolf, Chef von Wolf Essgenuss, erwartet von der Übernahme Wachstumschancen. „Diese Partnerschaft ermöglicht uns die europaweite Expansion“, sagte er. Auch bei Rohstoffbeschaffung gebe es künftig Vorteile. CEO von Wolf soll weiterhin Christian Wolf bleiben. Der hatte erst im September in einem Interview anlässlich des Firmenjubiläums auf die schwierige Marktlage hingewiesen. Viele Unternehmen müssten um Auslastung kämpfen, da es zu viele Produktionsstätten für die aktuelle Nachfrage gebe, sagte er. In Deutschland herrsche ein Verdrängungswettbewerb. Da es nur wenige Kunden auf der Handelsseite gebe, sei der Wettbewerb im deutschen Wurstbereich hart. Steigende Kosten seien nur sehr schwer weiterzugeben.
Pleiten und Übernahmen: Wurst-Branche in Deutschland in der Krise
Die deutsche Fleisch-Branche steckt in der Krise. Der Schweinefleisch-Absatz schrumpft, die Kosten für Energie, Rohstoffe und Löhne sind hingegen gestiegen. Hinzu kommt der Fachkräftemangel. Das macht auch vielen anderen Firmen zu schaffen. Gleich mehrere Hersteller haben daher in den letzten zwei Jahren Insolvenz angemeldet oder wurden übernommen. So ist zum Beispiel der große Wursthersteller „The Family Butchers“ im September von der Premium Food Group - besser bekannt als Tönnies Gruppe - vollständig geschluckt worden. Die Halberstädter Konserven, eine Tochter von Halberstädter Würstchen, musste hingegen ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung anmelden. Die traditionsreiche Fleischwarenfabrik Dieter Hein aus Hasbergen in Niedersachsen, die Kette Wurst-König und Meisters Wurst- und Fleischwaren aus Bautzen sind ebenfalls pleite, während die ThüFleiWa aus Apolda in Thüringen nach einem Insolvenzantrag inzwischen verkauft werden konnte. Die Thüringer Wurst- und Spezialitäten GmbH EWU hat den Markennamen und 13 Filialen übernommen. Einen Kaufinteressenten hatte es auch aus Sachsen gegeben. Der soll Berichten zufolge aber abgesprungen sein, da Thüringer Wurstwaren in Thüringen produziert werden müssen. (juerg)





