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Job & Karriere
"Das ist nicht fair!" - Mit Ungerechtigkeit im Job umgehen

Schlechter bezahlt, weniger wertgeschätzt oder überfrachtet mit Aufgaben - fühlt man sich im Job ungerecht behandelt, kann einem das die Freude an der Arbeit verderben. Wie steuert man gegen?

Leipzig.

Nie fragen mich die Kolleginnen, ob ich mit zum Essen kommen will! Mein Kollege bekommt immer die spannenderen Aufgaben als ich! Ständig kontrolliert meine Chefin mich! Ich bekomme doch viel weniger Gehalt als die anderen! Gründe, sich im Job unfair behandelt zu fühlen, gibt es viele. Doch was ist dran? Und wenn was dran ist, was kann man unternehmen?

Hannes Zacher ist Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Leipzig. Im Interview erklärt er, woher solche Gefühle kommen und wie man sie einem Realitätscheck unterzieht. Zum Umgang mit tatsächlichen Ungerechtigkeiten sieht er dann zwei mögliche Wege.

Herr Zacher, wie finde ich heraus, ob etwas wirklich unfair ist oder ich es mir nur einrede?

Hannes Zacher: Man empfindet etwas als ungerecht, wenn man das Gefühl hat, dass Anforderungen und Ressourcen bei der Arbeit unterschiedlich verteilt werden. Wenn man meint, man selbst steckt mehr rein, als man herausbekommt, auch verglichen mit Kolleginnen und Kollegen. Ungerechtigkeit hat also immer etwas mit sozialem Vergleich zu tun.

Genau das ist auch der Weg, um herauszufinden, ob wirklich etwas dran ist. Man kann versuchen, ganz sachlich zu schauen: Wie viel Anstrengung investiere ich in meine Arbeit, und was bekomme ich dafür zurück? Wie sieht es bei ähnlich gestellten Kolleginnen und Kollegen aus? Erhalten sie mehr Anerkennung oder mehr Lohn? Ist die Balance nicht ausgewogen, dann ist tatsächlich etwas ungerecht. 

Man kann auch mit Kolleginnen und Kollegen darüber reden, ob sie das ebenfalls als unfair empfinden. Oder objektive Daten zurate ziehen, also in Bezug auf Bezahlung zum Beispiel nach Vergleichsdaten im Internet suchen.

Wie gehe ich am besten mit Ungerechtigkeiten um?

Zacher: Es gibt zwei mögliche Wege. Man kann problemorientiert an wahrgenommene Ungerechtigkeit herangehen. Dann versucht man, sie anzusprechen, das Problem zu lösen und die Ungerechtigkeit vielleicht abzustellen. So kann man etwa dem oder der Vorgesetzten sagen: "Diese Aufgaben möchte ich zukünftig nicht mehr übernehmen", und das möglichst gut begründen.

Das andere wäre ein emotionsorientierter Weg. Indem man sich etwa sagt: "Ach, diese Aufgabe habe ich doch schon immer übernommen, dann kann ich das auch noch mal tun." Hier geht man nicht auf andere zu oder probiert, das Problem aktiv zu lösen, sondern man versucht, seine eigene Wahrnehmung zu verändern. Auch das kann helfen, ein Gefühl der Ungerechtigkeit zu überwinden.

Jetzt ist natürlich die Frage, welcher Weg der richtige ist. Ich würde mich zuerst fragen: Kann ich überhaupt etwas verändern oder ist es fast unmöglich? Wenn ich etwas verändern kann, also zum Beispiel ein Gespräch mit dem Vorgesetzten oder im Team potenziell Erfolg verspricht, dann würde ich aktiv werden.

Es gibt aber auch ungerechte Umstände im Job wie auch im Leben, die kann man nicht verändern. Zum Beispiel ein bestimmtes Bezahlungsniveau oder dass manche Aufgaben bei der Arbeit nun mal zu erledigen sind. Dann ist es besser, sich selbst zu fragen: "Wie kann ich anders über diese Aufgaben denken, sodass sie mir nicht mehr so unangenehm erscheinen?"

Das Beste ist natürlich, in der Realität etwas zu verändern, aber wenn das nicht geht, dann hilft es auch, die eigenen Gedanken und Gefühle zu verändern.

Wenn ich etwas ansprechen will: Sollte ich unfaire Vorfälle dokumentieren?

Zacher: Ja, es ist tatsächlich gut, sich etwa ein unfaires Verhalten von anderen Kolleginnen und Kollegen oder von Vorgesetzten möglichst objektiv aufzuschreiben. Am besten mit Zeit und Ort dokumentieren, sodass man es später zur Hand hat, wenn man es vorbringt. Das ist besser, als sich dann von Gefühlen leiten zu lassen.

Ansprechpartner und verantwortlich ist in der Regel der oder die Vorgesetzte. Es kann natürlich auch vorkommen, dass da ein Interessenkonflikt besteht. Wenn sich der Vorgesetzte ungerecht verhält, sind andere Ansprechpartner sinnvoll, also zum Beispiel dessen Vorgesetzter sowie der Betriebsrat oder weitere Vertrauenspersonen im Unternehmen.

ZUR PERSON: Hannes Zacher ist Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie am Wilhelm-Wundt-Institut für Psychologie der Universität Leipzig. Seine Themen sind unter anderem berufliche Gesundheit und Wohlbefinden sowie proaktives und adaptives Arbeitsverhalten. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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