Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen
Gesundheit
Fliegen ohne Furcht: So kann man Flugangst überwinden

Start, Landung, Turbulenzen – da ist vielen mulmig. Aber was, wenn einem so himmelangst wird, dass es Flugreisen fast unmöglich macht? Dann sollte man sich Hilfe suchen. Diese Möglichkeiten gibt es.

Berlin/Düsseldorf.

Flugangst ist ein weit verbreitetes Phänomen: Bis zu 25 Prozent der Menschen empfinden Unwohlsein oder Angst vor dem Fliegen. Klinisch bedeutsam wird das Problem jedoch nur bei etwa zehn Prozent der Betroffenen, dann spricht man auch von einer Aviophobie.

Warum haben viele Menschen Flugangst? 

"Fliegen ist außerhalb des normalen Alltags für die meisten Personen", so Udo Wortelboer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie im Rahmen des 26. Forums Reisen und Gesundheit in Berlin. Am Flughafen etwa: Check-in, Gepäckaufgabe, Sicherheits-Check, die vielen Menschen, Durchsagen, Änderungen. "Ich habe eine ganze Abfolge von potenziell angstauslösenden Situationen, die das Anspannungsniveau deutlich höher machen können."

Und dann der eigentliche Flug: Auch wenn wir immer wieder hören und lesen, wie sicher Fliegen sogar im Vergleich zu anderen Transportarten ist, kennen viele die Angst, dass etwas passiert, nicht nur wegen der Höhe. Gerade rund um Start und Landung oder bei Turbulenzen komme es bei manchen Menschen zu "katastrophisierenden Gedanken", so Wortelboer - bis hin zu einer Panikattacke, die sich unter anderem in dem Gefühl "Ich werde verrückt" oder "Ich sterbe gleich" äußern könne.

Eine Flugphobie im engeren Sinne liege erst dann vor, wenn die Angst auch losgelöst von der Situation da ist, jemand etwa bereits bei der Planung einer Flugreise Panikattacken bekommt. Auch bei ungewolltem und ausgeprägtem Vermeidungsverhalten – wenn etwa das Besteigen eines Flugzeugs trotz des objektiv sehr geringen Gefahrenpotenzials unmöglich erscheint – könne professionelle Hilfe notwendig sein.

Wie lässt sie Flugangst behandeln?

Das hängt davon ab, wie stark sie ausgeprägt ist, so Wortelboer:

  • Leichte Flugangst: Wer keine größeren Beeinträchtigungen hat, kann sich selbst helfen, etwa mit speziellen Hörbüchern, Podcasts oder Apps, die dabei unterstützen, mulmige Gefühle zu kontrollieren.
  • Mittelstarke Flugangst: Hier kann ein Flugangst-Seminar sinnvoll sein. Vermittelt werden Informationen über Angst und die objektiv hohe Sicherheit beim Fliegen, außerdem Beruhigungsstrategien, Atemübungen und Entspannungstechniken. Diese Seminare werden oft in Kooperation mit einer Fluggesellschaft angeboten und schließen mit einem "echten" Flug ab.
  • Schwere Angst oder Phobie: "Je ausgeprägter die Beschwerden sind, und wenn weitere Ängste oder depressive Symptome vorliegen, ist in jedem Fall eine psychiatrische oder psychotherapeutische Diagnostik zu empfehlen, um eine zielgerichtete Therapie zu planen."

Wie funktioniert die Konfrontationstherapie?

Wie viele Phobien wird auch eine schwere Flugangst meist mit kognitiver Verhaltenstherapie behandelt, deren Elemente auch bei Flugangst-Seminaren zum Einsatz kommen. Zum Beispiel die sogenannte Psychoedukation, also Informationen zur Angst, ihrer Funktion und Entstehung. 

"Im Zentrum steht jedoch die Konfrontation mit der angstauslösenden Situation", so Wortelboer. Diese erfolgt in der Regel schrittweise, von angstauslösenden Gedanken über Bilder bis zu Orten oder Situationen, die mit dem Fliegen zu tun haben. Wenn Betroffene dann bei einem "echten" Flug die Erfahrung machen "Es hat funktioniert!", sei das sehr hilfreich.

Je öfter man das erlebt, desto stärker bildet sich das im Gehirn ab: Man lernt, dass die Angst unnötig ist. Im Gegensatz zur Konfrontation mit Spinnen oder Fahrstühlen lässt sich diese Erfahrung beim Fliegen meist nicht so einfach wiederholen. 

Kann eine Technologie helfen?

Hier kommt Virtual Reality ins Spiel. Die Technologie wird bei verschiedenen Phobien bereits angewandt, und manche Fluggesellschaften bieten VR-gestützte Programme gegen Flugangst an, etwa Air France. Mit VR-Brillen und spezieller Software können Betroffene in einer computergenerierten Wirklichkeit realitätsnahe Flugsituationen erleben – von der Sicherheitskontrolle über das Einsteigen bis zum Start und der Landung. Das kann helfen, aber kann es die "echte" Erfahrung ersetzen?

Möglicherweise. Moderne VR-Systeme gehen über eine rein visuelle Simulation hinaus: Durch vibrotaktile Elemente in Handschuhen, Westen oder Stühlen können sogar die Bewegungen eines Flugzeugs simuliert werden. Studien zeigen, dass solche VR-basierte Konfrontationstherapien auch bei Flugangst wirksam sein können. "Außerhalb von Forschungsvorhaben sind sie allerdings noch kaum verfügbar", so Udo Wortelboer. 

Der Mediziner rechnet aber damit, dass sich das in den kommenden Jahren ändern wird. Unter anderem auch, weil ein simulierter Flug wegen der entfallenden An- und Abreise wesentlich weniger zeitaufwendig ist als ein echter. Außerdem lasse sich die VR individuell anpassen und angstauslösende Flugsituationen herausgreifen, die Betroffene dann häufiger und intensiver beüben können. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
Das könnte Sie auch interessieren
08:26 Uhr
3 min.
Türkei: Untersuchungshaft für Imamoglu angeordnet
Istanbuls Bürgermeister Ekrem Imamoglu werden von den Behörden Terror- und Korruptionsvorwürfe gemacht. (Archivbild)
Gegen den beliebten Oppositionspolitiker Ekrem Imamoglu wird wegen Terror- und Korruptionsverdacht ermittelt. Bereits seine Festnahme löste landesweite Proteste aus.
21.03.2025
4 min.
Rochlitzer Autohaus Pichel schließt nach 30 Jahren - „Uns wurde Schrauberwerkzeug in die Wiege gelegt“
Das Autohaus Pichel in Rochlitz wird geschlossen. Andreas Pichel hatte einst mit einer Schrauberwerkstatt angefangen.
Das Autohaus Pichel schließt in Rochlitz nach drei Jahrzehnten seine Türen. Andreas Pichel blickt mit Wehmut darauf, aber auch auf seine Anfänge als „Schrauber“ und erzählt, was mit den Häusern in Burgstädt, Chemnitz, Hartmannsdorf und Mittweida ist.
Julia Czaja
10:24 Uhr
4 min.
Nach schlaflosen Nächten: Vater und Sohn geben ihren Kutschbetrieb in Langenbernsdorf auf
Christian und Kai Wetzel haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, ihren Kutschbetrieb einzustellen.
Wirtschaftliche Zwänge und gesundheitliche Gründe haben Kai und Christian Wetzel zu dieser Entscheidung geführt. Die Familie behält zwei Pferde für die Zucht.
Annegret Riedel
08:00 Uhr
6 min.
Von Baader bis Klette - Die Prozesse gegen die RAF
In Stuttgart-Stammheim fanden zahlreiche der Prozesse gegen RAF-Mitglieder statt. Der Gerichtssaal aus den Siebzigern wurde inzwischen abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. (Archivbild)
Mammutverfahren, aber kaum Aufklärung: Die Prozesse um die Taten der Roten Armee Fraktion haben oft Schlagzeilen gemacht. Nach Jahren im Untergrund steht jetzt erneut eine RAF-Terroristin vor Gericht.
von Florian Gut, dpa
21.03.2025
4 min.
Studie: Maximal zwei Stunden Handyzeit machen einiges aus
Viele Menschen wünschen sich eine bessere "Phone-Life-Balance" - zu Recht. Und das Smartphone weniger zu nutzen, trägt dazu bei.
Weniger Screentime, weniger Stress: Eine aktuelle Studie zeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen Smartphone-Nutzung und psychischer Gesundheit gibt. Welche Fragen uns helfen, darauf zu achten.
Mehr Artikel