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In Sachsen hat sich im vergangenen Jahr noch jeder elfte Patient eine Amalgamfüllung einsetzen lassen.
In Sachsen hat sich im vergangenen Jahr noch jeder elfte Patient eine Amalgamfüllung einsetzen lassen. Bild: 123rf
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Gesundheit

Sachsens Zahnärzte setzen überdurchschnittlich häufig Amalgam ein

Eine Barmer-Studie zeigt große regionale Unterschiede bei der Verwendung des umstrittenen Materials. Den Negativrekord hält im Freistaat das Erzgebirge.

Chemnitz.

Ab Januar ist Schluss: Sobald das neuen Jahr beginnt, dürfen Zahnärzte kein Amalgam mehr in die porösen Zähne ihrer Patienten füllen. So will es die Europäische Kommission. Für einige Zahnärzte in Sachsen dürfte das eine große Umstellung sein: Noch mehr als 45 Prozent von ihnen nutzten im vergangenen Jahr die umstrittene Legierung aus Silber, Zinn, Quecksilber, Kupfer und Zink als Füllmaterial, zeigt der am Freitag erschienene Zahnreport der Barmer. Die Krankenkasse hat dafür von 2021 bis 2023 Abrechnungen von etwa 9 Millionen Versicherten ausgewertet, was mindestens zehn Prozent der deutschen Bevölkerung entspreche.

Wie steht Sachsen im Bundesvergleich da?

Sachsen ist ein Spitzenreiter in Sachen Amalgam. Nur in Mecklenburg-Vorpommern wurde das Material 2023 noch häufiger verwendet (Grafik). Hier griffen gut 48 Prozent der Praxen zu Amalgam. Im Bundesdurchschnitt waren es lediglich knapp 20 Prozent - weniger als die Hälfte von Sachsen. Dabei waren die Unterschiede allerdings enorm: Der Anteil der Zahnarztpraxen, die noch Amalgam verwenden, schwankte je nach Kreis zwischen 4,4 Prozent und 59,2 Prozent.

Zudem zeigt sich ein klarer Ost-West-Unterschied. Alle ostdeutschen Bundesländer außer Berlin liegen bei Amalgam sehr deutlich über dem Bundesdurchschnitt. In Baden-Württemberg dagegen nutzten mit nur 8,2 Prozent kaum noch Praxen Amalgam.

Aber auch innerhalb Sachsens variieren die Zahlen: 2023 wurden mit gut zehn Prozent im Erzgebirgskreis mehr als doppelt so viele Seitenzähne noch mit Amalgam gefüllt wie im Vogtlandkreis mit rund vier Prozent. Der Landesschnitt lag bei knapp neun Prozent. Im Bundesvergleich hingegen wurde diese Versorgungsform deutlich seltener gewählt. Hier ließen sich im vergangenen Jahr 3,5 Prozent der Patienten eine Amalgamfüllung einsetzen.

Warum gibt es so große regionale Unterschiede beim Einsatz von Amalgam?

Die Barmer hat lediglich Abrechnungsdaten vorliegen, aber keine persönlichen Gründe ihrer Patienten und Ärzte. Daher bliebe es bei Vermutungen, warum Amalgam im Osten viel öfter als im Westen eingesetzt wird, sagt Sachsens Barmer-Chefin Monika Welfens. So dürften vor allem finanzielle Gründe ausschlaggebend sein. Amalgam ist bislang das einzige Material, das von den Kassen voll bezuschusst wird. "Nicht zuletzt könnte auch das Festhalten an lange etablierten Behandlungsmustern durch Patienten und Praxen verantwortlich sein ", so Welfens.

Wie sieht der Trend in diesem Jahr aus?

"Von 2021 bis 2023 war eine deutliche Tendenz zu einem fallenden Anteil von Amalgamfüllungen (...) nachweisbar", schreiben die Verfasser des Zahnreports. Für 2024 dürften die Zahlen demnach erneut gesunken sein, liegen für Sachsen allerdings nicht vor.

Welche Vorteile hat Amalgam?

Amalgam ist nicht nur recht preiswert im Vergleich zu Kunststofffüllungen, sondern hat sich über viele Jahre selbst unter schwierigen Bedingungen bewährt, beispielsweise bei sehr tiefen Löchern im Zahn. "Ich kenne nur sehr wenige andere Materialien, die bei bestimmten Indikationen ein vergleichbares Ergebnis liefern", sagt etwa Holger Weißig, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen. Zudem ist Amalgam ist ein sehr langlebiger Füllungswerkstoff. Aktuelle Meta-Analysen bescheinigen der Legierung im Seitenzahnbereich sogar eine bessere Haltbarkeit als beispielsweise Kompositkunststoffen.

Welche Nachteile hat Amalgam?

Viele Patienten empfinden den gräulich-schwarz-silbernen Schimmer des Amalgams als unästhetisch. Doch der Hauptkritikpunkt in oft emotional geführten Debatten ist das enthaltene Quecksilber. Gelangen etwa Dämpfe dieses Elements in den menschlichen Körper, können diese Gehirn, Lunge, Nieren und das Immunsystem dauerhaft schädigen. Ob das Quecksilber im Amalgam jedoch ebenfalls eine solche Wirkung haben kann, ist bisher nicht direkt nachgewiesen worden. Zumindest wurde Amalgam zur Behandlung von Karies bei Kindern unter 15 Jahren und schwangeren oder stillenden Frauen verboten. Auch für die Umwelt stellt das enthaltene giftige Quecksilber eine Gefahr dar.

Warum wird Amalgam verboten?

Mit einem Gesamtverbrauch von bisher rund 40 Tonnen Quecksilber pro Jahr ist Amalgam die größte verbleibende Verwendung von Quecksilber in der EU. Diese will das giftige Element aus Umweltschutzgründen verbannen. So wiesen etwa rund 40 Prozent der Gewässer in der EU zu hohe Quecksilberwerte auf, was eine Gefahr für Vögel, Säugetiere und Menschen darstelle, die sich von belasteten Fischen oder Schalentieren ernähren. Das Amalgam-Verbot betrifft allerdings nicht bereits bestehende Füllungen. Diese können im Mund bleiben.

Welche Alternativen haben Kassenpatienten ab Januar?

Zahnärzte sollen alternative Materialien individuell entsprechend der Indikation auswählen, so der Verband der Ersatzkassen (VDEK). Künftig wird dabei zwischen Frontzahn- und Seitenzahnbereich unterschieden. Im Frontzahnbereich werden adhäsive, also anhaftende Materialien zum Einsatz kommen. Diese werden mit einem zusätzlichen Klebematerial befestigt. Für den Seitenzahnbereich soll es drei Varianten geben. "Zum einen sind das Glasionomer-Zemente, kurz GIZ", sagt Zahnarzt Weißig. Derzeit kommen diese vor allem für provisorische Füllungen zum Einsatz. Das zweite seien Komposithybrid-Materialien, wie sie schon oft bei Kinderzähnen genutzt werden, wenn diese ohnehin noch einmal wechseln. Zudem kommen Alkasite infrage. Sie gelten als haltbar und einfach zu verarbeiten - und sind weiß bis zahnfarben sind und damit ästhetischer. Wer sich dagegen für die teureren Kunststofffüllungen entscheidet, muss weiterhin einen Aufpreis bezahlen.

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