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Mobilität
30 Jahre Spider: Dieser Renault hat mächtig Wind gemacht

Von wegen knuffige Kleinwagen und praktische Familienkutschen. Irgendwo hatte Renault schon immer ein paar rebellische Züge – und mit dem Spider wurden sie 1995 wieder einmal sichtbar.

Nohn/Brühl.

Bei Asterix waren die Römer die Spinner. Doch wenn man Jens Schäfer fragt, dann muss man viel mehr am Geisteszustand der Gallier zweifeln. Aber der Oldtimer- und Renault-Spezialist aus Nohn in der Eifel meint das nicht despektierlich, sondern ganz im Gegenteil voller Bewunderung.

"Denn man muss schon verrückt sein, um so ein Auto zu bauen", sagt Schäfer und lässt den Blick schweifen über einen offenen Zweisitzer, der kaum kniehoch ist und selbst die Frontscheibe nur gegen Aufpreis montiert bekam – von Seitenfenstern oder einem Verdeck ganz zu schweigen.

Zum Schutz vor dem Hineinregnen im Stand gab es nur eine sogenannte Persenning. Kein Wunder, dass die Renault-Welt Kopf stand, als die Franzosen diesen Spider vor 30 Jahren aus dem Hut gezaubert hatten. 

Minimalistisches Konzept: Die aufpreispflichtige Frontscheibe galt schon als Luxus - es gab das Gefährt auch nur mit einem kleinem Windabweiser.
Minimalistisches Konzept: Die aufpreispflichtige Frontscheibe galt schon als Luxus - es gab das Gefährt auch nur mit einem kleinem Windabweiser. Bild: Fabian Hoberg/Thomas Geiger/dpa-tmn

In den 1990er Jahren baute Renault erfolgreiche Formel-1-Motoren

Gedacht war der Wagen, so ist es im Renault-Archiv nachzulesen, ursprünglich nur als Wettbewerbsfahrzeug. Denn Renault war als Motorenlieferant Garant für Formel-1-Weltmeistertitel in Serie. Mit dem radikalen Zweisitzer wollte man den Ruhm mit einer eigenen Trophy im Rahmenprogramm der F1-Rennen mehren.

Doch kaum war das Auto im Frühjahr 1995 auf dem Genfer Autosalon präsentiert worden, wurde die Begehrlichkeit so groß, dass Renault eine Version mit Straßenzulassung nachreichte. Für verweichlichte Genießer gab es auch eine mit Frontscheibe.

30 Jahre Sportlichkeit: Radikales Design und eine geringe Stückzahl machen aus dem Renault Spider ein begehrtes Sammlerobjekt.
30 Jahre Sportlichkeit: Radikales Design und eine geringe Stückzahl machen aus dem Renault Spider ein begehrtes Sammlerobjekt. Bild: Fabian Hoberg/Thomas Geiger/dpa-tmn

In der Luxusliga sind solche Autos zwar bis heute gang und gäbe, sagt Frank Wilke als Chef des Marktbeobachters Classic Analytics. Er spannt den Bogen vom McLaren SLR 722 Stirling Moss bis zum Ferrari Monza. Doch dass sich ein Großserienhersteller wie Renault an eine solche Kleinserie wagt und die dann auch noch zu einem in dieser Klasse vergleichsweise attraktiven Preis von einst 55.400 D-Mark auf die Straße bringt, das sei schon etwas ganz Besonderes. 

"Das war vielleicht das letzte Mal, dass ein Hersteller ein Auto einfach nur zum Spaß gebaut und dabei nicht auf die Zahlen geschaut hat. Seit dem Spider jedenfalls hat sich solche Verrücktheiten bis heute keiner mehr geleistet", so Wilke.

Französische Flunder mit minimalistischem Konzept

Einzigartig ist der Spider allerdings nicht nur wegen seiner Genese bar jeder Vernunft. Sondern auch wegen des Gefühls, das er dem Fahrer zu bieten hat. Denn wer einmal unter den bei Lamborghini abgeschauten Scherentüren hinter das Lenkrad dieses Renaults geklettert ist, der will von McLaren & Co gar nichts mehr wissen. Schließlich ist die französische Flunder der beste Beweis dafür, dass Leidenschaft nicht zwingend an der Leistung hängt und Performance nicht am Preis. Sondern bisweilen braucht es dafür einfach nur das richtige Konzept.

So besteht der Spider im Grunde nur aus Fahrwerk, Motor und einem Gitterrohrrahmen, an dem eine minimalistische Karosserie befestigt wird. In der Kabine gibt es nicht viel mehr als zwei Sitzschalen mit dem Kuschelfaktor eines Schraubstocks und drei winzige Rundanzeigen.

Für Musik und Heizung sorgt allein der Motor, der quer hinter den Sitzen montiert ist. Und der lässt einem beim ersten Gasstoß die Ohren klingeln und nach wenigen Minuten das Hemd am Rücken kleben. Und weil die Konstruktion weitgehend aus Aluminium und die knapp 3,80 Meter kurze und nur 1,25 Meter hohe Karosse aus Kunststoff besteht, bringt der Spider ohne Windschutzscheibe gerade mal 930 Kilo auf die Waage – und ist damit leichter als jeder Clio.

Flunderflach: Der Spider ist gerade mal 1,25 Meter hoch - inklusive Überrollbügel.
Flunderflach: Der Spider ist gerade mal 1,25 Meter hoch - inklusive Überrollbügel. Bild: Fabian Hoberg/Thomas Geiger/dpa-tmn

Dem Leichtgewicht reichen rund 150 PS für Fahrspaß

Deshalb reicht dem Renault auch ein vergleichsweise bescheidener Vierzylinder mit 2,0 Litern Hubraum, 108 kW/147 PS und 185 Nm für mehr Fahrspaß als in jedem Ferrari. Wer die fünf Gänge nur schnell genug durchs knochentrockene Getriebe knüppelt, der beschleunigt in 6,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und fühlt sich bei maximal 215 km/h, als tanze er der legendären Concorde beim Start auf der Nase herum, so wild weht einem dabei der Wind um die Ohren.

Und wenn man mit rudimentärer Federung und direkter Lenkung nur zwei fingerbreit über dem Asphalt über die Landstraßen fliegt, dann fühlt sich schon die Fahrt ins Nachbardorf an wie eine Runde auf der Nordschleife und der Renault wird gar vollends zu jenem Rennwagen, als der er mal entwickelt wurde. 

Den Elementen recht schutzlos ausgesetzt: Und angesichts der lediglich 930 Kilo Gewicht reichen rund 150 PS durchaus für sehr dynamische Erlebnisse.
Den Elementen recht schutzlos ausgesetzt: Und angesichts der lediglich 930 Kilo Gewicht reichen rund 150 PS durchaus für sehr dynamische Erlebnisse. Bild: Fabian Hoberg/Thomas Geiger/dpa-tmn

Kleine Stückzahlen bis zum Ende des Jahrtausends

Zwar macht der Spider großen Wind, ist aber natürlich nur ein Nischenfahrzeug. Während in dieser Zeit konventionelle Konkurrenten wie der Mercedes SLK, der BMW Z3 oder der Audi TT auf hohe fünfstellige Stückzahlen kommen, wurden vom radikalsten Renault der Geschichte keine 1.600 Exemplare gebaut, bis 1999 die Produktion endete.

"Das macht ihn zu einem ganz besonderen Liebhaberfahrzeug", sagt Oldtimer-Spezialist Wilke – und treibt natürlich die Preise in die Höhe: In gutem Zustand sei heute kaum ein Auto unter 40.000 Euro zu haben – wenn denn überhaupt mal eines angeboten werde.

Neben dem Wissen, den vielleicht verrücktesten - auf jeden Fall aber windigsten - Franzosen aller Zeiten zu fahren, hat der Spider für Wilke als Oldtimer dabei noch einen weiteren, sehr viel praktischeren Reiz: Rost sei zumindest bei der Karosserie ausnahmsweise mal kein Thema, sagt der Experte: "Die ist schließlich aus Plastik." (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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