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Wenn Vater oder Mutter Pflege brauchen, müssen wir unseren Alltag oft ganz neu organisieren.
Wenn Vater oder Mutter Pflege brauchen, müssen wir unseren Alltag oft ganz neu organisieren. Bild: Halfpoint/Westend61/dpa-tmn
Job & Karriere

Pflege der Eltern: Kann ich das mit dem Job vereinbaren?

Wenn die eigenen Eltern pflegebedürftig werden, stehen Kinder vor der Frage: Wie lässt sich die Pflege organisieren? Und wie kann ich das mit meinem Job vereinbaren?

Frankfurt/Köln.

Manchmal passiert es schnell: Da ist die 80-jährige Mutter gestürzt und kommt ins Krankenhaus, während der Vater mit beginnender Demenz alleine zu Hause ist. Manchmal zeichnen sich gesundheitliche Probleme der Eltern aber auch schon über Wochen und Monate ab. 

Für viele erwachsene Kinder ist die Konsequenz jedoch dieselbe: Sie müssen ihren Alltag umkrempeln und organisieren, wie sie sich trotz ihrer eigenen Berufstätigkeit um ihre Eltern kümmern können.

Die gute Nachricht: "Im deutschen Recht gibt es zum Glück inzwischen eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich für die Betreuung pflegebedürftiger naher Angehöriger freistellen zu lassen", sagt Till Bender, Sprecher des DGB Rechtsschutz. 

Wichtig: Häufig sehen Tarifverträge und gelegentlich Arbeitsverträge auch weitergehende Freistellungen vor, so Till Bender. "Dies sollte man prüfen, wenn man in eine solche Situation gerät."

Welche gesetzlichen Möglichkeiten gibt es, sich zur Pflege ganz oder teilweise freistellen zu lassen?

Betroffene können unter drei Varianten auswählen beziehungsweise diese miteinander verknüpfen:

  1. Kurzzeitige Arbeitsverhinderung:
    Wenn sich ein akuter Pflegefall ergibt, haben Beschäftigte die Möglichkeit, bis zu zehn Tagen der Arbeit fernzubleiben, um eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder die Pflege für diesen Zeitraum sicherzustellen. "Ähnlich wie bei der eigenen Erkrankung hat der Beschäftigte dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen, dass ein solcher kurzzeitiger Arbeitsausfall eintritt", sagt DGB-Experte Bender. Der Mitarbeiter muss auch mitteilen, wie lange dieser voraussichtlich dauert.
     
  2. Pflegezeit:
    Dauert die Pflegesituation länger an und führt dies dazu, dass Beschäftigte ihre Tätigkeit für eine Zeit lang ruhen lassen wollen, haben sie die Möglichkeit, Pflegezeit in Anspruch zu nehmen. Für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten können sie sich entweder ganz freistellen lassen oder ihre Arbeitszeit reduzieren. "Voraussetzung ist, dass sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung versorgen, der mindestens Pflegegrad 1 hat", so Bender.
     
    Ein Anspruch auf vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeit besteht außerdem im Umfang von drei Monaten, um einen nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase zu begleiten. 
    Wer Pflegezeit in Anspruch nehmen will, muss dies spätestens zehn Tage vor deren Beginn ankündigen.
     
  3. Familienpflegezeit:

    Stellt sich heraus, dass die Pflege eines nahen Angehörigen für längere Zeit nötig ist, können sich Beschäftigte mit der Familienpflegezeit unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 24 Monate teilweise von der Arbeit freistellen lassen - bei einer Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden im Jahresdurchschnitt. Das geht, sofern der zu pflegende Angehörige mindestens Pflegegrad 1 hat und die Pflege in häuslicher Umgebung stattfindet.
     
    Die Inanspruchnahme von Familienpflegezeit ist spätestens acht Wochen vor der Freistellung anzukündigen, beim Übergang von Pflegezeit in Familienpflegezeit spätestens drei Monate vor Beginn. Gehen Familienpflegezeit und Pflegezeit nahtlos ineinander über, können sie bis zu maximal 24 Monate in Anspruch genommen werden.

Und wie sieht es mit dem Geld aus?

"Vergütungsansprüche bestehen in der Regel nicht", so Nathalie Oberthür, Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein. Für die kurze Pflegefreistellung besteht aber einmal im Jahr und für jede zu pflegende Person für bis zu zehn Tage Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld. Nahe Angehörigen können die Leistung bei der Pflegekasse oder der privaten Pflegeversicherung des Bedürftigen beantragen - es beträgt in der Regel 90 Prozent des Nettoeinkommens.

Bei einer Pflege- oder Familienpflegezeit ist die Situation anders: Im Gegensatz zur kurzzeitigen Verhinderung besteht kein Anspruch auf Lohnersatzleistung, sondern nur auf ein zinsloses Darlehen, das in monatlichen Raten ausgezahlt wird.

Was zahlt die Pflegeversicherung?

Die Angehörigen können möglicherweise vom Pflegegeld profitieren, das die Pflegeversicherung denjenigen zahlt, die pflegebedürftig sind. Es ist gestaffelt nach dem Pflegegrad, und der pflegebedürftige Mensch kann selbst entscheiden, wie er dieses Geld verwendet. "Wenn die Pflege durch Angehörige erfolgt, wird deren Verdienstausfall damit ein Stück weit kompensiert", so Bender.

Muss ich befürchten, in der Pflegezeit meinen Job zu verlieren?

Einfach so geht das nicht. Wer ankündigt, wegen der Pflege von nahen Angehörigen eine Zeit lang ganz oder teilweise von der Arbeit fernzubleiben, habe von diesem Zeitpunkt an bis zum Ende der jeweiligen Freistellungszeit einen besonderen Kündigungsschutz, so Bender. Das Arbeitsverhältnis kann in einem solchen Fall nur mit behördlicher Zustimmung gekündigt werden.

Muss der Arbeitgeber die Pflegezeit in jedem Fall gewähren?


Nein. Einen Anspruch auf Pflegezeit gibt es erst in Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten, auf Familienpflegezeit erst mit mehr als 25 Beschäftigten. Laut Nathalie Oberthür gibt es darüber hinaus mehrere unterschiedliche Voraussetzungen für den Anspruch auf (Familien-)Pflegezeit, die vorliegen müssen. Zum Beispiel die notwendige Pflegesituation, die Einhaltung einer Ankündigungsfrist, die Größe des Betriebes. Teilweise kann die (Familien-)Pflegezeit auch aus dringenden betrieblichen Gründen abgelehnt werden.

Welche alternativen Lösungen gibt es?

Sind Pflegezeit und Familienpflegezeit ausgeschöpft oder aufgrund der Betriebsgröße nicht möglich, kommen für Beschäftigte unter Umständen auch flexible Arbeitszeiten, Teilzeitmodelle, Sabbaticals und Sonderurlaub infrage. "Sie müssen aber mit der Arbeitgeberin vereinbart werden", sagt Oberthür.

Wer etwa in Teilzeit wechseln will, muss seinen Wunsch auf Verringerung seiner Arbeitszeit spätestens drei Monate vor deren Beginn mitteilen, so Bender. Problem: Die Arbeitszeit sei dann dauerhaft reduziert, obwohl der Pflegebedarf häufig vorübergehend ist, gibt der Rechtsexperte zu bedenken. Hier lohnt es sich zu prüfen, ob Anspruch auf Brückenteilzeit besteht. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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