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Reise
Urlaubsvorlieben: Gerne warm, mit leichter Brise

Wenn in diesen Zeiten etwas stabil ist, dann der Wunsch nach Sonne und Strand. Das sagt der Tourismusforscher Martin Lohmann. Welche Reisetrends nimmt er noch wahr?

Kiel.

Wie machen die Deutschen Urlaub? In dieser Frage kennt sich kaum jemand so gut aus wie Martin Lohmann. Der Tourismusforscher begleitet die jährliche, auf mehr als Zehntausend Interviews basierende Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen als wissenschaftlicher Berater.

Urlaub sei für viele wie der Tannenbaumkauf zu Weihnachten, sagt Lohmann im Interview anlässlich der Reisemesse ITB in Berlin. "Das muss sein."

Herr Lohmann, man liest immer wieder von der Coolcation als Trend – also, dass die Menschen gern dahin reisen, wo es kühler ist. Nehmen Sie das auch wahr?

Martin Lohmann: Die Zahlen sagt etwas anderes. Hier wächst das Interesse an warmen Reisezielen rund ums Mittelmeer. Eine erhöhte Nachfrage gen Norden, wo es kühler ist, ist momentan nicht absehbar. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht in Zukunft passieren könnte.

Was sich tatsächlich ein wenig verschiebt, sind die Wetterpräferenzen. Das haben wir im September im Rahmen unserer aktuellen Reiseanalyse mal wieder nachgefragt – zuletzt war das vor knapp 30 Jahren erhoben worden, nämlich 1997. Im Vergleich zu 1997 gibt es heute etwas weniger Menschen, die es gut finden, wenn es oft heiß ist im Urlaub, und etwas mehr Menschen, die es gut finden, wenn es oft kühl ist.

Aber: Die meisten mögen es im Urlaub weiterhin am liebsten schön warm, mit viel Sonne und einer leichten Brise. Das ist grundsätzlich so geblieben.

Heiß muss es nicht sein, aber warm - und gern mit einem Lüftchen. So entspannen die Deutschen am liebsten.
Heiß muss es nicht sein, aber warm - und gern mit einem Lüftchen. So entspannen die Deutschen am liebsten. Bild: Clara Margais/dpa/dpa-tmn

Es gibt also kein großes Comeback der Sommerfrische?

Lohmann: Nein. Aber Coolcation ist auch nichts Neues. Der ganze Südtirol-Tourismus hat sich daraus entwickelt, dass Menschen aus den Städten in die Berge wollen im Sommer, weil es dort kühler ist. In Deutschland ist man früher auch schon aus den Städten in die Sommerfrische gefahren, ins Sauerland oder an die Nordsee.

Ich würde eher andere Trends nennen, auch wenn die vielleicht nicht so trendy klingen.

Schießen Sie los.

Lohmann: Das eine ist die große Stabilität, mit der die Deutschen verreisen. Da kann man sich drauf verlassen und das ist in anderen Konsumbereichen nicht so: dass Menschen regelmäßig ins Restaurant gehen, bestimmte Schokolade kaufen oder Autos aus deutscher Produktion, zum Beispiel. Aber Urlaubsreisen sind für viele wie Tannenbaumkäufe zu Weihnachten, das muss jedes Jahr sein.

Das andere würde ich mit Differenzierung überschreiben. Urlauber suchen nach Angeboten, die ganz genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Und die Anbieter sind bemüht, passgenau zu liefern. Zum Beispiel nicht mehr nur für Familien allgemein, sondern für Familien mit kleinen Kindern, Familien mit noch kleineren Kindern oder Familien mit Säuglingen. Und auf der anderen Seite gibt es mehr und mehr Adults-only-Hotels nur für Erwachsene.

Wasserspaß mit den Kleinen: Reiseangebote für Familien werden immer maßgeschneiderter.
Wasserspaß mit den Kleinen: Reiseangebote für Familien werden immer maßgeschneiderter. Bild: Benjamin Nolte/dpa-tmn

Was wir noch beobachten, ist etwas, dass wir den multioptionalen Kunden nennen: Der ist irre flexibel in seinem Reiseverhalten und seinen Urlaubszielen. Für die Anbieter bedeutet es, dass sie in ganz ungewohnten Konkurrenzen sind: Dann steht eine Region wie Tirol im Wettbewerb mit der Bretagne oder dänischen Ferienhaus-Regionen, weil das demselben Menschen alles gleichermaßen gut gefallen würde.

Und vielleicht abschließend: Es gibt tatsächlich einen langfristigen Trend in den Einstellungen der Deutschen, dass immer mehr einen ökologisch verträglichen, ressourcenschonenden Urlaub wichtig finden. Aber es sind mit unter 50 Prozent immer noch zu wenige. Hier passiert aus meiner Sicht noch zu wenig bei den Reiseanbietern: Sie müssten nachhaltige Produkte nicht nur an diejenigen verkaufen, die sich dafür interessieren, sondern auch an die, denen das Thema egal ist. Mit Mitteln des Marketings geht so was.

ZUR PERSON: Martin Lohmann ist Professor für Wirtschaftspsychologie und war 30 Jahre lang Leiter des Instituts für Tourismus- und Bäderforschung in Kiel. Seit 2022 ist er im Ruhestand, aber weiterhin lehrend und beratend tätig – etwa für die Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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