80 Millionen Bundestrainer gibt es in Deutschland – wir haben zehn davon und machen sie zu unseren Experten für die EM. Heute geht es um den nicht gegebenen Handelfmeter im Viertelfinale gegen Spanien, um die Güte dieses Turnier und die Günstlinge des Fußballgotts.
Für meine Albaner ist die EM zwar schon längst vorbei, trotzdem bin ich absolut begeistert von diesem Turnier. Ich finde, es ist die beste Europameisterschaft aller Zeiten: perfekt organisiert, in schönen Städten, in tollen Stadien, mit fröhlichen Gästen von überall her, mit hervorragender Stimmung, mit herausragendem Fußball. Das alles ist viel besser als die auf mehrere Länder verteilte EM vor drei Jahren. So ein Turnier sollte immer in einem Land stattfinden, eigentlich immer in Deutschland, denn Deutschland ist der perfekte Gastgeber.
Und Deutschland müsste eigentlich im Halbfinale stehen. Für mich war Cucurellas Handspiel mit weit abgespreiztem Arm zu 100 Prozent ein Elfmeter, viel eher jedenfalls als im Spiel gegen die Dänen, wo es nach einer Flanke, die die Hand streifte, einen Strafstoß gab. Warum der VAR am Freitag nicht eingegriffen, der Schiedsrichter sich die Szene nicht zumindest noch einmal angeschaut hat, verstehe ich nicht. Kleinere Nationen werden für Kleinigkeiten wie eine mit den Fingern geformte Geste mit Sperren bestraft, wenn die Uefa Fehler macht, bestraft das keiner.
Was ich festgestellt habe, ist, dass das Leistungsniveau der Mannschaften noch enger zusammengerückt ist, es gibt keine ganz Kleinen mehr, weil viele Spieler in den großen europäischen Ligen unter Vertrag sind, dort zu konkurrenzfähigen Profis, manche sogar zu herausragenden reifen. So können auch Georgien oder eben Albanien mithalten. Und die Schweiz oder die Türkei, die sich gegen die Holländer nur zehn schlechte Minuten geleistet haben, sind längst auf Augenhöhe mit den Großen. Schade, dass beide ausgeschieden sind.
Mein Tipp für den Titel ist nun England. Wer so viel Dusel hat, den mag der Fußballgott. Vielleicht will er die Engländer dafür entschädigen, dass sie vor drei Jahren, als sie besser gespielt haben als jetzt, im Finale aber an Italien scheiterten. Die Italiener sind mit diesem und auch dem WM-Titel 2006 das beste Beispiel dafür, dass man die Gegner nicht an die Wand spielen muss, um am Ende den Pokal in die Höhe zu stemmen: Fußball ist Können, aber auch Strategie, Zufall und eine Menge Glück.


Unser Autor Skerdilaid Curri ist der Einzige mit Promi-Status in der Riege der EM-Experten. Der 48-Jährige war als Profifußballer unter anderem beim VFC Plauen und dem FC Erzgebirge Aue aktiv. Der 1,66 Meter große Albaner war bei den „Veilchen“, für die er 244 Spiele absolvierte, Publikumsliebling. Nach seiner Karriere wurde Curri Gastronom, er betreibt in Schwarzenberg das Restaurant „Rrush“.