Weshalb muss Aue-Trainer Dotchev gehen? Fehlende Antworten auf offene Fragen
Bei der Pressekonferenz am Freitag sprach Pavel Dotchev, der Cheftrainer des FC Erzgebirge Aue, über sein Aus zum Saisonende. Konkrete Trennungsgründe legten ihm die Vereinsverantwortlichen offenbar nicht vor.
Aue.Als Cheftrainer hat Pavel Dotchev den FC Erzgebirge Aue in die 2. Bundesliga geführt. Jahre später hat er den Verein in einer der dunkelsten Stunden erneut übernommen und schließlich vor dem Abstieg in die Bedeutungslosigkeit bewahrt – eine Herzensangelegenheit. Trotz finanzieller Schwierigkeiten und einem geringeren Etat als die meisten anderen Clubs hat er den Verein in der 3. Liga stabilisiert und zu einem Aufstiegskandidaten entwickelt. Die Kurve ging in den vergangenen beiden Jahren stetig nach oben, doch für die Vereinsverantwortlichen offenbar nicht weit genug.
Zum Saisonende muss Pavel Dotchev den FC Erzgebirge verlassen. Es geht auf eine 24 Spieltage lange Abschiedstournee, die der 59 Jahre alte Trainer nutzen möchte, um noch einmal mit den Lila-Weißen erfolgreich zu sein. Sein eigenes Wohlbefinden stellt er dafür in den Hintergrund. „Ich muss die Entscheidung akzeptieren. Es spielt keine Rolle, ob ich enttäuscht darüber bin oder wie ich mich emotional fühle. Das ist uninteressant“, sagte Dotchev am Freitag bei der Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel gegen die Bundesligareserve von Borussia Dortmund. „Es geht nicht darum, persönliche Interessen in den Vordergrund zu stellen. Es geht um die Mannschaft, um den Verein – das ist es, was wichtig ist. Eines kann ich sagen: Solange ich hier bin, werde ich mein Bestes geben!“
„Nicht viel“: Dotchevs Frage nach den Trennungsgründen
Am Mittwochabend, am Buß- und Bettag, verbreitete sich die Nachricht in Windeseile. Medienberichten zufolge komme die Dotchev-Ära im Sommer zu einem jähen Ende. Erst Stunden später, am Tag danach, folgte die offizielle Bestätigung seitens des Vereins – eine Entscheidung zur Unzeit. Denn die Dotchev-Elf steht nach einem Drittel der laufenden Saison lediglich drei Punkte hinter dem Tabellenführer, steckt damit mittendrin im Rennen um den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Dass die Mannschaft imstande ist, oben mitzuspielen und jeden Gegner schlagen zu können, dass hat sie in den letzten Spielzeiten unter Pavel Dotchev bereits bewiesen.
Über die Trennungsgründe zum Ende der Saison lässt sich deshalb nur spekulieren. Denn wie die Pressekonferenz am Freitag zeigte, sucht Dotchev offenbar selbst noch nach Antworten. „Bei dem persönlichen Gespräch [mit den Vereinsverantwortlichen] habe ich gefragt, was ich mir vorzuwerfen habe. Die Antwort lautete: ‚Nicht viel.‘“ Ruhe kehrte ein im Mediencenter des Erzgebirgsstadions. Dann wiederholte der Cheftrainer auf Nachfrage. „Man hat mir keine konkreten Gründe genannt.“
Mannschaft offenbar „nicht ganz glücklich“ mit der Entscheidung
Momente wie diese zeigten, dass Dotchev zwar versucht, professionell zu bleiben, seine Tätigkeit in den Vordergrund zu rücken und sich bei Fragen zu seiner Person nichts anmerken zu lassen. Nichtsdestotrotz schien es, als sei der Fußballlehrer alles andere als einverstanden mit der Entscheidung des Vereins. Und damit ist er offenbar nicht allein: „Ich habe mit der Mannschaft darüber gesprochen und hatte den Eindruck, dass sie nicht ganz glücklich damit war“, erklärte der Trainer auf Nachfrage der „Freien Presse“, wie seine Spieler die Neuigkeiten aufgefasst haben.
Doch Dotchev ist optimistisch, dass sein Team sich davon nicht verunsichern und deshalb auch nicht nachlassen wird. „Das sind Profis, das gehört zum Beruf – und sie müssen mit so einer Situation umgehen können. Ich weiß, dass sie sich nicht hängenlassen werden. Das sind Profis, die ehrgeizig sind und erfolgreich sein wollen. Das ist es, was letztendlich zählt“, so der erfahrenste Coach der 3. Liga. Ob sich daraus aber eine „Jetzt-erst-recht-Mentalität“ entwickelt und der FC Erzgebirge in der Meisterschaft in einen gewissen Rausch spielt, steht allerdings in den Sternen. Zu eng und zu hoch sei die Leistungsdichte in der dritthöchsten deutschen Spielklasse, betonte Dotchev.
Eine Entscheidung, zahlreiche Baustellen
Fakt ist: Dotchev will es noch einmal wissen, will noch einmal sein Bestes geben. Alles andere liegt nicht mehr in seiner Hand. Das betrifft auch die Kaderplanung. Neuzugänge im Winter, auslaufende Verträge – Gespräche, die ungleich schwerer zu führen sind, wenn die Trainerfrage ungeklärt ist. „Das wird natürlich nicht einfacher“, bestätigte Pavel Dotchev. „Aber das ist nicht meine Baustelle.“ Es ist eine weitere, die sich der Verein dieser Tage selbst geschaffen hat.