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Jens Weißflog, Olympiasieger - 1984 in Sarajevo im Parallelstil (links) und 1994 in Lillehammer im V-Stil (rechts).
Jens Weißflog, Olympiasieger - 1984 in Sarajevo im Parallelstil (links) und 1994 in Lillehammer im V-Stil (rechts). Bild: Imago
Wintersport

Weißflog, Aschenbach, Recknagel – warum sich Skisprunglegenden am Fichtelberg treffen und sich Jubilar Kerst Rölz besonders darüber freut

Sie sind nur drei von einigen Schanzen-Idolen, die ihrerzeit Geschichte geschrieben haben und sich am Samstag im Erzgebirge wiedersehen. Was hat es damit auf sich?

Oberwiesenthal.

Wenn nur wenige aus den vielen Glückwünschen zu seinem 60. Geburtstag in der Whatsapp-Gruppe der Skisprunglegenden in Erfüllung gehen, dann wird Kerst Rölz noch ein schönes und erfülltes Leben haben. Für den Jubilar aus der bekannten Wildenthaler Skisprungfamilie, deren Oberhaupt Chris einst mit Skisprunggrößen wie Helmut Recknagel auf Weitenjagd ging, ist die 6 vor der 0 aber nur eine Zahl. Entsprechend begeht der Erzgebirger, der in Leipzig lebt, am Donnerstag seinen Ehrentag eher ruhig. „Ich werde mit meinem Sohn essen gehen. Umso mehr freue ich mich auf den Samstag, wenn ich viele ehemalige Skispringer wiedertreffen werde und wir einen schönen Tag an der Fichtelberghütte von Gastwirt Jochen Nöske verbringen wollen“, sagt Kerst Rölz.

Das Ganze nennt sich Skisprunglegenden-Treffen. Und Rölz hat großen Anteil daran, dass sich diese Veranstaltung inzwischen etabliert hat, rund 100 Teilnehmer in Oberwiesenthal erwartet werden. Zur großen Familie gehören auch verdienstvolle Trainer wie Joachim Winterlich, ehemalige Alpin-Asse oder Fußballgrößen aus Aue, Skihersteller oder Skitechniker. Ab 11 Uhr werden die Gäste kulinarisch verwöhnt, die Siemik-Sportsgroup ist mit einem Textilsonderverkauf vor Ort. Um 15.30 Uhr gibt es eine Autogrammstunde für die Fans, danach eine geschlossene Gesellschaft. Angekündigt hat sich jede Menge Schanzenprominenz früherer Tage – Olympiasieger, Weltmeister, Skiflug-Weltmeister, Vierschanzentourneesieger, Skiflugweltrekordler, Holmenkollensieger geben sich die Ehre: Helmut Recknagel, Hans-Georg Aschenbach, Matthias Buse oder Falko Weißpflog sind nur einige klangvolle Namen aus der Szene.

Nicht zum ersten Mal gibt es das Treffen, das im November 2019 in Wildenthal Premiere feierte, später in Schönheide und in Harrachov stattfand. Hinter jedem Event verbirgt sich auch ein Anlass. So stand im Vorjahr im tschechischen Riesengebirge Klaus Ostwald, der 1983 am Teufelsberg Skiflugweltmeister geworden war und dort 40 Jahre später den damals zweitplatzierten Pavel Ploc wiedertraf, im Mittelpunkt.

Diesmal geht es um ein anderes Jubiläum. Denn vor gut 30 Jahren schrieb Jens Weißflog Geschichte, als er in Lillehammer Olympiasieger auf der Großschanze wurde – im V-Stil wohlgemerkt. Das Kunststück war ihm bereits zehn Jahre zuvor, damals allerdings im Parallelstil auf der Normalschanze, in Sarajevo gelungen. „Das wird nach ihm auch keiner mehr schaffen, es sei denn, der Helmut fängt nochmal an“, sagt Rölz scherzhaft. Gemeint ist Helmut Recknagel, der seinerzeit mit den Armen nach vorn gestreckt durch die Lüfte segelte. Das wird wohl nicht mehr passieren. Beim Thüringer Idol zwackt es mittlerweile auch mal im Rücken. „Ich bin froh, dass er beim Treffen dabei ist“, sagt Kerst Rölz über den 87-Jährigen, der wegen seiner Bescheidenheit und seiner flotten Sprüche so beliebt ist. Mit dem Olympiasieger von 1960 in Squaw Valley, mit Hans-Georg Aschenbach und Jens Weißflog waren bereits in Wildenthal die weltbesten Schanzenadler ihrer jeweiligen Generation anwesend.

Dem „Floh vom Fichtelberg“ selbst ist die geballte Aufmerksamkeit nach seinem 60. Geburtstag im Juli fast schon etwas peinlich. Er gibt die Anerkennung lieber auf Jubilar Kerst Rölz als Ideengeber des Treffens weiter. Beide saßen sie im Februar 2019, kurz nachdem Weißflog-Konkurrent Matti Nykänen verstorben war, im Hotel des Erzgebirgers zusammen. „Organisier‘ doch mal was, wo wir uns alle wiedersehen können“, gab Weißflog seinem ehemaligen Trainingspartner mit auf den Heimweg. Den Wunsch konnte ihm Kerst Rölz nicht abschlagen.

Die Hochachtung für den einstigen Teamgefährten speist sich vor allem daraus, dass der „Floh“ jeweils einen Winter vor seinen Olympiasiegen noch am Boden lag, um dann umso stärker zurückzukommen. „1993 war ein schlechter Winter für ihn. Und 1983 hat er auf der Flugschanze in Harrachov so einen Salto gedreht, dass er auch hätte tot sein können“, erinnert sich Kerst Rölz, der damals beim Horrorsturz des Freundes im Schanzenauslauf stand: „Für mich ist und bleibt der ,Floh‘ der größte Skispringer aller Zeiten.“ (tp)

Kerst Rölz hat nach seiner Laufbahn als Skispringer für einige Nationen, u. a. Schweden, Kasachstan, Russland und Bulgarien, als Betreuer gearbeitet.
Kerst Rölz hat nach seiner Laufbahn als Skispringer für einige Nationen, u. a. Schweden, Kasachstan, Russland und Bulgarien, als Betreuer gearbeitet. Bild: Harald Sulski/Archiv
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