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Digitale Geschäftsentwicklung: "Manchmal knirscht die Maschine"

Maike Riedel, Leiterin der Digitalen Geschäftsentwicklung der CVD-Mediengruppe, über den Reiz des Bodenständigen und den spannenden Umbau eines Medienhauses.

Digitaler Wandel passiert nicht von allein - er muss geplant und dann mit Geschick und Ausdauer umgesetzt werden. Eine wichtige Person für die "Freie Presse" ist dabei Maike Riedel. Über ihre herausfordernde Aufgabe hat Sascha Aurich mit ihr gesprochen.

Sascha Aurich: Maike, wann hast Du das letzte Mal ein Faxgerät benutzt?

Maike Riedel: Oh, da muss ich überlegen. Vor 15 Jahren als Studentin in einem Nebenjob. Da haben wir manchmal Bestellungen per Fax versendet, um die Sendebestätigung zu haben. Ich habe auch noch nie einen Drucker besessen. Es ging am Ende auch immer irgendwie ohne.

Das Fax, das immer noch nicht ausgestorben ist, steht für die Schwierigkeiten unseres Landes bei der Digitalisierung. In Unternehmen, Schulen, Ämtern und Behörden. Wie sieht es mit dem digitalen Wandel bei der "Freien Presse" aus?

Ich finde es gut, dass Du es Wandel nennst, denn genau das ist es eben auch. Oft wird die Digitalisierung leider mit dem Einkauf von teurer Software oder der Entwicklung von neuen digitalen Produkten gleichgesetzt. Das ist aber nur ein Bruchteil. Viel wichtiger ist es, die Kultur, die Prozesse und die Denkmuster im Unternehmen zu verändern. Das fällt gerade großen, stark strukturorientierten, hierarchischen Unternehmen schwer. Jahrzehntelang wurden sie auf Effizienz und langfristige und teilweise hochkomplexe Prozesse optimiert. Von außen wirkt das oft bürokratisch, langsam und starr, von innen sieht man aber, dass hier eine filigrane Maschine läuft, die klare Standards befolgt, aber auch erst einmal wenig flexibel ist. Und Veränderung tut auch immer ein bisschen weh. Es ist unbequem, die Komfortzone zu verlassen und Bestehendes zu hinterfragen.

Warum ist es so schwierig, etwas zum offensichtlich Besseren zu verändern?

Wenn von den Mitarbeitern plötzlich Ermächtigung, Verantwortung und werteorientiertes Handeln verlangt wird, dann ist das teilweise ein Widerspruch. Dynamische Systeme und Netzwerke können in starren Strukturen nur schwer entstehen, und so eine gut geölte Maschine kann dann unter den neuen, flexiblen Arbeitsweisen manchmal anfangen zu knirschen. Unsere größte Herausforderung ist es deshalb, neue Möglichkeiten zu schaffen, ohne gut funktionierende, alte Prozesse zu gefährden. Unser Kerngeschäft, also die gedruckte Zeitung, ist nach wie vor das Fundament auf dem wir stehen. Wir nennen das deshalb "beidhändige Organisation" - wir schaffen Platz für flexible, zukunftsorientierte, innovationsgetriebene Teams und Projekte, ohne aber unser Kerngeschäft damit wesentlich zu verändern. Hier ist jahrzehntelang sehr gute Arbeit gemacht worden, und ich habe selten zuvor so ein komplexes, perfekt optimiertes System gesehen. Da greifen viele Zahnräder ineinander, von der Redaktion über den Druck bis zur Logistik, Zustellung und Buchhaltung. Das hat mich sehr beeindruckt.

Klingt herausfordernd, das alles unter einen Hut zu bekommen.

Ja, weil ein unvermeidbarer, logischer Nachteil der sogenannten beidhändigen Organisation ist, dass immer mal Widersprüche entstehen. Hier treffen bei Kultur, Werten und Themen wie der Führung von Mitarbeitern an manchen Stellen sehr unterschiedliche Welten aufeinander. Das ist für mich die größte Herausforderung: Keine Verwirrung entstehen zu lassen. Wir sind deshalb sehr damit beschäftigt, auch das "Warum" der Veränderung intern zu kommunizieren.

Wenn sie "Freie Presse" hören, denken viele Menschen in unserer Region immer noch zuerst an die gedruckte Zeitung. Nervt Dich das manchmal?

Nein, gar nicht. Unser Kernprodukt bleibt auch für die nächsten Jahre die gedruckte Zeitung und das finde ich sehr wichtig und gut so. Die Zeitung hat gerade bei unseren älteren Lesern einen wichtigen Platz in ihrem Alltag. Und darauf bin ich auch stolz.

Du hast vor Deiner Zeit bei der "Freien Presse" bei einer Werbeagentur gearbeitet, warst schon als selbstständige Social-Media-Beraterin unterwegs. Was reizt Dich daran, beim digitalen Fortkommen eines großen Medienhauses mitzumachen?

Puh, das sind zwei sehr verschiedene Welten. Als Coach oder Agenturmitarbeiter ist alles viel bunter, kreativer, schneller und intensiver. Allerdings eben auch viel oberflächlicher und insgesamt weniger nachhaltig. Das Agenturleben sind viele 100-Meter-Sprints, der Veränderungsprozess in einem großen Medienhaus ist eher mit einem Fichtelbergmarsch vergleichbar. Da musst du viel Ausdauer zeigen und dir noch ausreichend Kraft für den Anstieg aufheben. Mich fasziniert das Bodenständige hier sehr. Als bekannt wurde, dass ich hier anfange, habe ich viele erstaunte und teilweise sogar negative Reaktionen von außen erfahren. Das wundert mich bis heute sehr.

Welches Verhältnis hast Du zum Journalismus?

Mich motiviert es, Teil der sogenannten Vierten Gewalt zu sein. Gerade als digitalaffiner Mensch und langjährige Social-Media-Beraterin weiß ich, wie groß die Gefahren durch Fake-News und Filterblasen sind. Ich finde es auch gesellschaftlich wertvoll, mich für unabhängigen Journalismus einzusetzen. Damit er auch jüngere Generationen erreicht, brauchen wir aber neue Methoden und Produkte. (sas)

Dynamisches Duo

Maike Riedel hat nach dem Germanistik- und Psychologiestudium viele Jahre im Onlinemarketing gearbeitet und ist seit Juli 2019 als Leiterin der Digitalen Geschäftsentwicklung für den Verlag tätig. In ihrer Freizeit fotografiert und wandert die 38-Jährige gern.

Mira Pauline Debus hat in Berlin und Dresden BWL studiert. Sie lebt seit 2016 in Chemnitz, ist Hundebesitzerin, werdende Mama und genießt nach der Arbeit Zeit in der Natur. Sie unterstützt die digitale Geschäftsentwicklung seit Anfang 2020 tatkräftig als Projektmanagerin Digital. (fp)

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