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Wissenschaft
Entfernung des Horns reduziert Nashorn-Wilderei

Nashörner sind häufig Ziel von Wilderern, weil sich ihr Horn in Asien teuer verkaufen lässt. Bringt es für den Schutz der Tiere etwas, das Horn vorsorglich zu entfernen?

Kapstadt.

Die Entfernung der Hörner bei Nashörnern kann einer Analyse zufolge zu einem drastischen Rückgang der Wilderei bei den gefährdeten Tieren führen. Zugleich handle es sich um eine vergleichsweise günstige Maßnahme, erläutert ein Forschungsteam im Fachjournal "Science". Zu den Nachteilen zählt demnach, dass das Horn nachwächst und dann wieder attraktiv für Wilderer wird. Zudem wichen Wilderer womöglich in Gebiete aus, in denen die Hörner nicht vorsorglich abgesägt werden.

Die Wilderei wegen ihres Horns stellt eine große Bedrohung für die fünf Nashornarten in Afrika und Asien dar. Beim Enthornen zu Schutzzwecken werden die Tiere sediert, anschließend wird das Horn mit einer Kettensäge entfernt. Die Prozedur muss regelmäßig wiederholt werden, da die Hörner nachwachsen: Sie bestehen wie Haare und Fingernägel aus Keratin und wachsen mehrere Zentimeter jährlich.

Die Wissenschaftler um Tim Kuiper von der Nelson-Mandela-Universität in George hatten Daten aus elf Reservaten in der Region des berühmten Krüger-Nationalparks analysiert, die zwischen 2017 und 2023 gesammelt wurden. In dem Gebiet leben viele der geschätzt rund 24.000 afrikanischen Nashörner. Verglichen wurden Standorte mit und ohne Enthornung. 

Wilderer töteten merklich weniger Tiere

Insgesamt wurden demnach 1.985 Spitzmaulnashörner (Diceros bicornis) und Breitmaulnashörner (Ceratotherium simum) getötet, jährlich knapp sieben Prozent der Nashorn-Population im berücksichtigten Gebiet, wie es in der Studie heißt. Im Durchschnitt reduzierte das Absägen der Hörner bei allen in einem Reservat vorkommenden Nashörner die Wilderei um etwa drei Viertel gegenüber dem Niveau vor der Entfernung. "Anhand von Daten aus allen Reservaten und Jahren schätzten wir das Wilderei-Risiko für ein einzelnes Nashorn mit Horn in einem bestimmten Jahr auf 13 Prozent, verglichen mit einem Wilderei-Risiko für ein enthorntes Nashorn von 0,6 Prozent." 

Für das Entfernen der Hörner bei 2.284 Tieren seien dabei nur 1,2 Prozent des Gesamtbudgets aufgewendet worden. Insgesamt hätten die elf Reservate in fünf Jahren 74 Millionen Dollar (65 Millionen Euro, 2017–2021) zur Bekämpfung der Wilderei ausgegeben - vor allem für Wildhüter, Spürhunde, Hubschrauber, Zugangskontrollen und Kameras. "Dies entspricht geschätzten 3.120 US-Dollar Ausgaben pro ansässigem Nashorn und Jahr."

Wilderer nehmen auch mit Hornstümpfen Vorlieb

Neuere Erkenntnisse nach Abschluss der Studie wiesen allerdings darauf hin, dass die Wilderei wegen der - medizinisch notwendigen - verbleibenden Hornstümpfe und des nachwachsenden Horns weiterhin anhalte, schränken die Forschenden das Ergebnis ein. Zudem könne sich der Fokus der Wilderer auf gehörnte Populationen anderswo verlagern. Auch seien die Auswirkungen der Horn-Entfernung auf die Biologie der Nashörner noch nicht ausreichend geklärt.

"Die Tatsache, dass die Wilderei enthornter Nashörner im Krüger-Nationalpark weiterhin in relativ hohem Maße erfolgt, lässt darauf schließen, dass Hornstümpfe und nachwachsende Hörner für Verbrechersyndikate weiterhin attraktiv sind", erläutert das Team. Mehr als 700 Wilderer seien in der berücksichtigten Zeit verhaftet worden. 

Die Statistik weise nicht darauf hin, dass diese Verhaftungen zu einem merklichen Rückgang der Wilderei führten. Einen Grund sieht das Team unter anderem darin, dass ineffektive Strafjustizsysteme dazu führen, dass Täter einer Strafe häufig entgehen. "Obwohl die Erkennung und Festnahme von Wilderern unerlässlich ist, könnten Strategien, die sich auf die Reduzierung von Möglichkeiten und Erträgen aus Wilderei konzentrieren, effektiver sein", nehmen die Forschenden an.

Schmuggel nach Asien blüht nach wie vor

Die Nashörner Afrikas sind durch illegale Wilderei stark gefährdet. Allein in Südafrika wurden im vergangenen Jahr Regierungsangaben zufolge 420 Breitmaul- und Spitzmaulnashörner illegal getötet. Obwohl der internationale Handel mit Nashorn-Hörnern verboten ist, findet der Schmuggel nach Asien, vor allem nach Vietnam und China, weiter statt. 

Das Horn wird in Südostasien aus kulturellen und vermeintlichen medizinischen Gründen nachgefragt, der Wert kann zehntausende US-Dollar pro Kilogramm betragen. Um zu verhindern, dass Nashörner wegen ihrer Hörner getötet werden, wurde in vielen südafrikanischen Wildreservaten damit begonnen, die Hörner vorsorglich zu stutzen.

Seit Jahren herrscht unter Tierschützern eine rege Debatte darüber. Zu den Gegenargumenten gehören Befürchtungen, dass die Nashörner ein verändertes Revierverhalten zeigen, mit langfristigen Auswirkungen auf ihre Fortpflanzung als Folge. Zudem wird befürchtet, dass die Lager für die abgesägten Hörner Kriminelle anziehen. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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