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1960: Schweres Grubenunglück in Zwickau

Bei dem Grubenunglück in Zwickau kamen 123 Bergleute ums Leben. Der Auslöser der Katastrophe ist bis heute nicht geklärt.

22. Februar 1960: Am Rosenmontag um sechs Uhr fuhren 174 Bergleute in den Schacht des "Karl-Marx"-Werks in Zwickau ein. Gegen 8.20 Uhr kam es in der ersten Steigerabteilung zu einer verheerenden Schlagwetter- und Kohlenstaubexplosion. Sofort nach Beginn der Katastrophe startet eine beispiellose Rettungsaktion, die mehrere Tage andauert. Aus allen Bergbaurevieren der DDR und aus der benachbarten Tschechoslowakei reisen Grubenwehren an. Rund 500 Rettungskräfte versuchen rund um die Uhr, Bergmann um Bergmann zu retten. Am Ende schaffen es 51, der brennenden Hölle unter Tage zu entfliehen. 123 Bergleute finden 900 Meter unter dem Eckersbacher Friedhof den Tod. Als sich nach sechs Tagen ein neuer Brandherd im Schacht bildet, beschließt die Einsatzleitung, den betroffenen Abschnitt unter Tage zuzumauern.

Auch Bergleute und Grubenwehren aus dem Ruhrpott boten damals ihre Hilfe bei der Rettungsaktion an. Doch der Kalte Krieg zwischen Ost und West verhinderte das. Zwar ordnete die Bundesregierung in Bonn Staatstrauer an, doch die DDR-Führung lehnte jede Hilfe ab und wies sie als "Heuchelei" zurück.

Schnell bildete die DDR-Führung eine hochkarätig besetzte Expertenkommission, die die Ursache der Katastrophe ermitteln sollte. Gleichzeitig unternahm allerdings die Staatssicherheit geheime Ermittlungen. Sie zog Bergleute, Gerichtsmediziner und Wissenschaftler zurate, um den den Auslöser des Infernos zu identifizieren. Heute steht fest: Mit letzter Sicherheit wird sich das katastrophale Grubenunglück nie mehr aufklären lassen. Das ist eine der wesentlichen Erkenntnisse, die eine im Februar 2010 vorgelegte Dokumentation über die Grubenkatastrophe vermittelt. Die 152-seitige Publikation des Stadtarchivs und Kulturamts von Zwickau sowie des Steinkohlenbergbauvereins entlastet den sogenannten "Schießhauer X", dessen fahrlässigem oder mutwilligem Verhalten lange Zeit die Verantwortung für die Katastrophe zugeschrieben wurde. Denn von seiner Sprengapparatur war die Katastrophe nicht ausgegangen, sondern von der eines unweit davon tätigen "Schießhauers Y" - des einzigen Todesopfers, das von der Explosion zerfetzt wurde.

Das Problem: So exakt und detailliert die Dokumentation des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) über alles ein Jahr nach der Katastrophe am Unglücksort Aufgefundene ist - gerade in Sachen "Sprengmeister Y" zeigt sie Lücken. So ist bis heute ungeklärt, was auf einem Zettel stand, den der Pathologe in Y's abgerissener rechter Hand fand und den er an die Sicherheitsorgane weiterreichte: Der Papierfetzen ist verschollen. "Das MfS hat vom Beginn des gesamten Untersuchungsverfahrens an alles unter Kontrolle gehabt. Und das Ergebnis, das der Öffentlichkeit präsentiert wurde, stand von vornherein fest", urteilte Kulturamtsleiter Wilfried Stoye während bei der Vorstellung der Dokumentation. (cul)

Rainer Leistner gehört zu denen, die das Grubenunglück von Zwickau überleben. Mit Mut, Glück und Willenskraft entkam er dem Inferno. 2010 berichtete er "Freie Presse" von den dramatischen Stunden unter Tage.

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