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Nur wenige Ärzte in Sachsen bieten Online-Termine an – Warum?

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Wer beim Arzt anruft, hört oft nur ein Besetztzeichen. Dabei gibt es moderne digitale Kalender. Sie haben viele Vorteile – für Patienten und Ärzte.

Dresden.

Als Dr. Johanna Janschek vor knapp fünf Jahren die Frauenarztpraxis in Dresden übernahm, war für sie klar: Ihre Praxis soll gut erreichbar sein – auch außerhalb der Öffnungszeiten. Patienten sollen Termine nicht mehr nur per Telefon oder persönlich vereinbaren können, sondern auch online. Denn wer bei Ärzten anruft, hört oft nur ein Besetztzeichen oder landet in einer Warteschleife.

Laut einer Bitkom-Umfrage im vergangenen Herbst hat in Deutschland bereits jeder Dritte schon einmal einen Arzttermin online gebucht. Ein weiteres Drittel der 1.138 Befragten kann sich das zumindest künftig vorstellen. Doch das scheitert oft an mangelnden Angeboten der Ärzte.

Online-Termine für viele Patienten entscheidend

Zahlen, wie viele Mediziner mit Online-Kalendern arbeiten, gibt es nicht. Den Praxisinhabern ist es selbst überlassen, in welcher Form sie ihre Terminvergabe gestalten, erklärt die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS). Sie sehe viele Vorteile in der Online-Terminvergabe. Und die Nachfrage wächst. Laut Bitkom sucht sich ein Viertel der Patienten inzwischen sogar eine Praxis gezielt danach aus, ob Termine online buchbar sind.

Das funktioniert auf zwei Wegen. Einige Praxen bieten Untersuchungstermine über Online-Formulare auf ihrer Website an. Andere nutzen kommerzielle Plattformen wie Doctolib, Jameda, Clickdoc oder Termed. Doch vielleicht ist es gerade die Vielzahl an Möglichkeiten, die es Ärzten schwer macht, sich zu entscheiden.

Online-Kalender bieten verschiedene Funktionen

Dr. Johanna Janschek investierte zum Praxis-Neustart in eine moderne Software und das integrierte Kalendertool von arzt-direkt.de. Wer auf ihrer Website auf „Termin online vereinbaren“ klickt, wird zum Dienstleister weitergeleitet. Nach eigenen Angaben sind in Sachsen 350 Ärzte bei arzt-direkt erreichbar. Bundesweit sind es knapp 3.200 in 40 Fachrichtungen.

Welche Termine für welche Untersuchungen freigeschalten werden, kann der Praxisinhaber entscheiden. Ist beispielsweise nur eine Vorsorgeuntersuchung pro Jahr vorgesehen, lässt sich das im Kalender hinterlegen. Patienten können per E-Mail an ihren Termin erinnert werden. Und sie können über das Portal Termine selbst absagen oder verschieben. Haben sie sich auf eine Warteliste setzen lassen, können sie nachrutschen und schneller behandelt werden. „Das erspart meinen Mitarbeiterinnen viel Zeit am Telefon“, sagt Janschek.

Große Entlastung für die Arzthelferinnen

Etwa 34 Euro im Monat zahlt die Frauenärztin für diese Anwendung extra. „Ein überschaubarer Betrag. Doch um die Vorteile zu nutzen, musste ich mich vorher genau damit beschäftigen“, sagt die 41-Jährige. „Einiges haben wir auch angepasst.“ So habe es anfangs eine lange Testphase gegeben. „Wir haben dabei gemerkt, dass viele Neupatientinnen ihre Termine nicht eingehalten haben. Vermutlich hatten sie sich bei mehreren Praxen angemeldet und dann die gewählt, bei der sie früher drankamen“, sagt Janschek.

Inzwischen können ausschließlich bereits bekannte Patientinnen bei ihr Termine für die jährliche Krebsvorsorge online buchen – und zwar für drei Monate im Voraus. Termine für nötige Folgeuntersuchungen würden dann in der Praxis vereinbart. Online freigeschaltet hat Dr. Janschek auch Abholtermine für Rezepte und Überweisungen. „Das hat anfangs zu Missverständnissen geführt. Denn diese Tresentermine sind nicht für einen direkten Arztbesuch gedacht“, so die Ärztin.

Jetzt hätten sich die Abläufe gut eingespielt. Und die Hoffnung, sich Aufwand zu sparen und ihre Schwestern zu entlasten, habe sich erfüllt. „Und auch die Patienten, die die Online-Terminvergabe nutzen, möchten das nicht mehr missen“, so Janschek.

Termine gibt es weiter auch am Telefon

Auch der Urologe Dr. Stefan Tietze hat seit etwa fünf Jahren eine eigene Praxis in Dresden. Er hat sich für das Portal Doctolib.de entschieden – dort können Patienten ihn leichter finden und direkt einen Termin buchen. Der Link dahin ist auch auf seiner Website zu finden.

„Als zwei neue Ärzte in der Praxis mit eingestiegen sind, war die Terminorganisation mit dem wenigen Personal kaum mehr zu stemmen“, sagt Tietze. Da seine Software die notwendige Schnittstelle für Doctolib bot, konnte der Dienstleister den Terminkalender der Praxis übernehmen. Die Hoheit darüber liegt weiter bei den Ärzten. Die Kriterien, welche Termine für welche Behandlungen sie freigeben, bestimmen sie selbst. Und wie bei Frauenärztin Janschek können Patienten nach wie vor auch anrufen oder vorbeikommen.

Sagen Patienten ab, rutschen andere nach

„Ich glaube, dass die große Sorge vieler Kollegen ist, dass sie ihr Terminmanagement aus der Hand geben. Aber so ist es nicht“, sagt Stefan Tietze. 137 Euro im Monat lässt er sich den Service von Doctolib kosten. Zusammen mit seinen zwei Kollegen kommt er auf über 400 Euro. „Es lohnt sich. Die Entlastung der Mitarbeiter am Telefon ist groß“, sagt Tietze.

Er ist sich sicher: Der Kalender seiner Praxis wäre nicht so voll und gut strukturiert, wenn die Termine auf klassischem Wege vergeben worden wären. Und auch Patienten haben etwas davon. „Oft sind bei uns Akuttermine innerhalb von drei Tagen buchbar“, sagt Tietze. In der Regel, wenn Patienten Termine absagen oder verschieben.

Bundesweit sind etwa 30.000 Ärzte bei Doctolib registriert. 19 Millionen Patienten haben bereits Termine über das Portal vereinbart. In Sachsen nutzen es allerdings erst etwa 500 von insgesamt 7.500 niedergelassenen Ärzten. In Nordrhein-Westfalen dagegen arbeiten über 7.000 der 38.000 niedergelassenen Ärzte mit dem Dienstleister.

Weniger Online-Termine in ländlichen Regionen

„Wie in anderen Bundesländern auch beobachten wir in Sachsen ein Stadt-Land-Gefälle. In Dresden und Leipzig sind wir weiter verbreitet als in ländlichen Regionen“, sagt Dominik Kratzenberg von Doctolib. In Sachsen hätten 14 Prozent der Patienten, die bei dem Anbieter auf der Suche waren, innerhalb von 24 Stunden einen Termin bei einem Arzt vereinbaren können. Im deutschlandweiten Vergleich sei das das sehr gut, sagt Kratzenberg.

Warum nutzen trotz der Vorteile so wenige Ärzte digitale Terminkalender? „Es ist sicher eine Generationenfrage. Viele jüngere Mediziner stehen der Digitalisierung aufgeschlossener gegenüber“, sagt Johanna Janschek. Nach Ansicht von Stefan Tietze hindern technische Tücken viele Kollegen daran. „Die Systeme einiger Anbieter vertragen sich nicht mit jeder Praxissoftware“, sagt der Urologe.

Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen sieht das ähnlich. „Mangelnde Kompatibilität mit der Praxissoftware sowie Datenschutzvorkehrungen könnten die reibungslose Nutzung erschweren“, so eine Sprecherin.

„Erreiche vor allem jüngere Patienten“

Von Nachteil sei laut KVS, dass sich Patienten für die Online-Terminvereinbarung erst registrieren oder eine App installiert müssten. „ Teilweise werden hier persönliche Daten abgefragt und gespeichert, die der Patient nicht an die Plattform weitergeben möchte“, sagt die Sprecherin.

Befürchtungen, dass Patienten bei Online-Buchungen Termine häufiger verfallen lassen, können die Ärzte nicht bestätigen. Aus Sicht von Gastroenterologe Dr. Johannes Janschek aus Dresden gibt es noch einen weiteren Vorteil: „Ich erreiche damit vor allem jüngere Patienten“, sagt er.

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