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Der Traum vom Familienauto

Einerts aus Freiberg erwarten zum 24. Dezember Nachwuchs. Als sechsköpfige Familie benötigen sie dringend ein Auto, in dem Platz für einen Kinderwagen sowie für Therapiefahrrad und Rollstuhl der körperbehinderten Tochter ist - "Freie Presse" setzt auf die heute startende Aktion "Leser helfen".

Freiberg.

Die Freude am Plätzchen backen ist Anna-Marleen Einert deutlich anzusehen. Stolz zeigt sie ihre mit Mehl bestäubten Hände, rollt den Teig mit dem Nudelholz aus und sucht sich Ausstechförmchen. "Sterne und Herzen", sagt die Neunjährige. Sorgfältig sticht sie die Plätzchen aus und lässt diese mit einer flinken Handbewegung auf ein Blech fallen.

Was für viele selbstverständlich ist, erfordert bei Anna-Marleen hohe Konzentration und Unterstützung. Die Neunjährige hat eine Entwicklungsverzögerung unklarer Ursache und geht in der Körperbehindertenschule Chemnitz im Geistigbehinderten-Bereich in die dritte Klasse. Zur Weihnachtsfeier hat sie mit ihren Mitschülern Heidesand- und Haferplätzchen gebacken. Die Eltern sind den kleinen Plätzchenbäckern zur Hand gegangen. "Als Eltern haben wir die Feier angestoßen, weil die Gemeinschaft sehr schön ist", sagt Stan Einert. Seine Frau Daniele ergänzt: "Die Kinder verstehen sich sehr gut, und Anna-Marleen erzählt zu Hause immer von allen."

Erzählen heißt für Anna-Marleen, dass sie sich über ihren Sprachcomputer mitteilt. Mit dem sogenannten Talker, der eine Kommunikationshilfe für Menschen mit eingeschränkter Lautsprache ist, verständigt sich die Neunjährige fehlerfrei. "Anna-Marleen kennt sich sehr gut mit dem Talker aus, das ist ihre Stärke, darüber zu kommunizieren", betont Klassenlehrerin Therese Heinig. Die Neunjährige gebe die Anfangsbuchstaben in den Computer ein und suche sich via Worterkennung die Wörter aus, die sie braucht. "Sie kann auch Wörter aus zwei Silben bilden und Laute aus Wörtern heraushören", sagt Therese Heinig. In Deutsch sei Anna-Marleen sehr stark, und im Mathematikunterricht kann sie Zahlen bis zehn addieren. "Malen bereitet ihr besonders Freude. Das macht sie ausdauernd gerne, auch in den Pausenzeiten", erzählt die Klassenlehrerin. "Und das Künstlerische liegt ihr."

Neben speziellen Deutsch- und Mathematikkursen besucht Anna-Marleen den Werken- und Textilkurs. Zudem wird sie einmal wöchentlich in einer gesonderten Talker-Stunde unter anderem in der Wortschatzerweiterung gefördert.

Per Talker berichtet das Mädchen ihrer Familie abends den Tagesverlauf. Stets erwähnt sie das Aufstehen, die Autofahrt mit dem Fahrdienst von der Freiberger Wohnung nach Chemnitz in die Schule, die Mahlzeiten und die sogenannte Taxifahrt nach Hause. "Freitags erhalten wir von der Schule einen Wochenplan und können so gezielt nachfragen, was sie gelernt und erlebt hat, das ist sehr schön", sagt Daniele Einert. Wenn die ganze Familie am Tisch sitzt, lässt Anna-Marleen den Talker alle Namen aufzählen und strahlt, sobald sie die Ansage hört: "Mama, Papa, Josia, Nathanael, Anna-Marleen, Baby - alle da."

Ihr Bruder Nathanael (17) ist meistens zu Hause, da er die zehnte Klasse der Clara-Zetkin-Schule in Freiberg absolviert. Der ältere Bruder Josia (18) hat dieses Jahr eine Ausbildung zum Produktionsmechaniker in Hilbersdorf begonnen und wohnt während der Berufsschulwoche in Plauen. An diesen Tagen sagt der Talker: "Josia fehlt." Der Zusammenhalt ist es, was die Familie auszeichnet.

Am 24. Dezember erwarten Einerts Familiennachwuchs. Vor allem für Mutter Daniele sind die letzten Wochen eine Herausforderung. Die 36-Jährige bräuchte mehr Ruhe, um eine Frühgeburt zu vermeiden, was durch das viele Heben von Anna-Marleen, die über 40 Kilogramm wiegt, schwierig ist. Das Mädchen hat Pflegestufe II und einen Behindertengrad von 100 Prozent. Die Neunjährige sitzt im Rollstuhl, kann nicht ohne Hilfe aufstehen und nicht selbstständig laufen. Für alle Alltagsbelange wie das Anziehen, Körperpflege und das Einnehmen der Mahlzeiten, benötigt sie Unterstützung, was vorrangig durch Mutter Daniele geleistet wird.

Die gelernte Bürokauffrau ist seit der Geburt von Anna-Marleen nicht berufstätig, wodurch die Familie von einem Gehalt lebt. Finanziell seien sie "an der Grenze", sagt Daniele Einert. Als sechsköpfige Familie benötigen sie dringend ein Auto, in dem ausreichend Platz für einen Kinderwagen sowie für das Therapiefahrrad und den Rollstuhl von Anna-Marleen ist. Seit Jahren fährt die Familie einen alten VW-Bus (1992er-Baujahr), der an mehreren Stellen durchgerostet ist. Kfz-Mechaniker Stan Einert hat ihn bisher immer wieder aufgerüstet und repariert. Gern würde die Familie einen VW-Bus mit langem Radstand besitzen. "Das wäre ein Traum für uns", sagt Daniele Einert.

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