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Englisch-Test: Ist Chemnitz bereit für die Kulturhauptstadt und Touristen aus dem Ausland?

Die Stadt will für das Kulturhauptstadtjahr 2025 auch für internationale Touristen attraktiv sein. Doch wie gut kommt ein Reisender zum Beispiel aus England ohne Deutsch in Chemnitz zurecht? Das hat Leon Manz für die „Freie Presse“ exemplarisch getestet.

Chemnitz.

Ein Selbstversuch, wie gut englischsprachige Touristen in Chemnitz weiterkommen, verwandelt mich in einen Studenten von der Universität in Manchester. Natürlich verstehe ich jetzt allerhöchstens ja und nein auf Deutsch, Mobiles Internet auf dem Smartphone habe ich dank des Brexits hier in Deutschland auch nicht einfach so. Aber die Kulturhauptstadt besuchen – das will ich trotzdem.

Also steige ich in den imaginären Flieger von London nach Dresden, dann in den Zug nach Chemnitz. Erst mal ein bisschen Kultur, ab zum DB-Service-Schalter. Wie komme ich zum Museum Gunzenhauser? Die Dame am Schalter ist zwar nicht besonders glücklich, mit mir Englisch sprechen zu müssen. Dennoch druckt sie mir meine Verbindung auf Englisch aus und erklärt den Weg zur Bahn.

Weiter geht es zum Ticket-Schalter: Lieber ein Tagesticket oder gleich für drei Tage? Das Englisch der Person auf der anderen Seite ist schlecht, das merke ich schnell, aber sie versucht ihr Bestes. Mit dem Google-Übersetzer, den sie zugleich zückt, wird abgeklärt, ob sie mich richtig verstanden hat. Den Preis tippt sie in den Taschenrechner ein, sodass auch definitiv kein Zahlendreher drin ist. Der Ticketkauf klappt auch für die, die am Automaten scheitern.

Not the yellow from the egg

In der Bahn angekommen rufe ich Gunzenhauser an, vielleicht haben sie ja eine Führung auf Englisch. Nachdem mich die erste Person am Telefon wegen mangelnder Englischkenntnisse weiterleitet, nimmt eine Person ab, die sich mit durch meine Fragen arbeitet. Gibt es öffentliche Führungen auf Englisch? Was kostet mein Eintritt als internationaler Student und wie lange brauche ich? Alle Fragen beantwortet die Frau auf der anderen Seite des Hörers souverän. Führungen auf Englisch gibt es aber leider nicht. In den vier anderen getesteten Museen läuft es ähnlich ab. Immer bekomme ich meine Infos.

Danach ab in die Innenstadt, es ist Nachmittag und ich will was Süßes. Ich habe in fünf Bäckereien versucht, etwas aus der Region zu bestellen. In zwei der Bäckereien kam es gar nicht erst zur Beratung, da bereits auf die Frage „Sprechen sie Englisch?“ ein klares Nein ertönte. In einer Bäckerei sogar mit einer gewissen Gleichgültigkeit. In der zweiten jedoch mit einer äußerst unfreundlichen Abfuhr. Auch eine Kollegin, die meinte ein bisschen Englisch zu sprechen, half nicht aus.

Help! I need somebody

In zwei weiteren hätte der Einkauf nicht ohne externe Hilfe geklappt. In einem Fall sprang die Fleischerei-Verkäuferin gegenüber ein, im anderen Fall eine Kundin. In beiden Fällen waren die Verkäuferinnen äußerst bemüht, mir zu helfen. In einer Bäckerei gab es dann als regionale Spezialität Pfannkuchen. Die andere wollte mir, weil sie nichts Regionales hatten, auch nichts Falsches andrehen. In einer fünften Bäckerei sprach eine von drei Verkäuferinnen so viel Englisch, dass wir den Verkauf gut abgewickelten. Als Backwerk aus der Region gab es Freiberger und Dresdner Eierschecke.

Wenn ich schon in der Stadt bin, darf ein Abstecher in die Tourist-Info nicht fehlen. Die Frau am Schalter gibt mir zwar nur spärlich Tipps, aber dafür ein sehr ansprechendes Magazin auf Englisch. Bei der Frage nach den Veranstaltungen an den nächsten Abenden wird an die älteren Kollegen verwiesen. Die tun sich zwar mit dem Englisch schwerer, geben aber ihr Bestes bei der Beratung.

Gute Chancen für Touristen

Jetzt noch einen Tisch fürs Abendessen reservieren. Das hat in vier von sechs getesteten Restaurants mit deutscher Küche geklappt. Hier konnte mir mein Gegenüber am Telefon auch die Frage nach glutenfreien Speisen beantworten. In zwei Gaststätten war dies nicht möglich, eine davon legte unvermittelt auf.

Das Fazit meines Tests: Touristen, die Englisch sprechen, werden in der Stadt zurechtkommen. Die meisten, mit denen ich gesprochen habe, sprachen zwar nur mittelmäßiges Englisch, haben sich aber größte Mühe gegeben. Im Zweifel klappt es mit Google-Übersetzer oder Hilfe von anderen. Ausrutscher gibt es immer. Diese zeigten sich aber im Test auch als Ausnahmen – ein gutes Zeichen für Touristen. (lmanz)


Was andere dazu sagen

Silvio Sabrowski, Referent für Tourismus und Gastgewerbe der IHK Chemnitz, hat Verständnis für die Englischkenntnisse der Gastronomen. In der Region seien die englischsprachigen Touristen unterrepräsentiert. Lediglich jeder achte Übernachtungsgast käme aus dem Ausland, da käme das Schulenglisch, wenn überhaupt gelernt, nicht häufig zum Einsatz. „Es ist natürlich, dass die Englischkenntnisse da einrosten“, so Sabrowski. Grundsätzliche Bestellungen seien aber zumeist kein Problem, obwohl einige verständlicherweise Angst hätten, Fehler zu machen. Gerade junge Menschen hätten jedoch weniger Schwierigkeiten, da sie leichteren Zugang zur englischen Sprache haben.

Die Interims-Geschäftsführerin der CWE Katja Loße antwortet auf die Fragen zum Englisch der Mitarbeiter der Tourist-Information: „Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tourist-Information verfügen über entsprechende Englischkenntnisse.“ Sie könnten damit alle Anfragen zur Zufriedenheit der Kunden beantworten. (lmanz)

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