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Energieversorgung aus eigener Kraft

Pilotprojekt Karree 49: Häuser am Sonnenberg sollen sich selbst mit Strom, Wärme und Warmwasser beliefern

Chemnitz.

Chemnitz. Mit einem einzigartigen Projekt soll die Energieversorgung eines ganzen Altstadt-Karrees unabhängig von der Außenwelt werden. Die Idee klingt
visionär, und die Umsetzung ist schwieriger als gedacht.

Noch in diesem Jahr sollen die Häuser des so genannten Karrees 49 zwischen Hain-, Peter-, Uhland- und Gießerstraße mit einer unterirdischen Ringleitung verbunden werden. In einem möglichen zweiten Schritt könnte künftig ein Blockheizkraftwerk die Versorgung aller Häuser des Karrees mit Strom, Wärme und Warmwasser übernehmen.

Hintergrund des Vorhabens sind Pläne der Stadt zur schrittweisen Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes in Chemnitz. Nach Rathaus-Angaben erzeugt zurzeit jeder Bewohner ein Kohlendioxidvolumen von 8,2 Tonnen pro Jahr. Zum Vergleich: Der Bundesdurchschnitt ist bei 10 Tonnen pro Einwohner und Jahr - Chemnitz liegt also schon darunter. Dennoch hat sich die Verwaltung ein großes Ziel gesetzt: Bis 2030 soll der Ausstoß noch einem deutlich verringert werden - auf dann 2,5 Tonnen pro Einwohner und Jahr. Kohlendioxid entsteht vor allem bei der Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Gas oder Öl und gilt als ein Verursacher des Treibhauseffekts.

Bei der Solaris-Verwaltungsgesellschaft in Chemnitz ist vor zwei Jahren eine erste Machbarkeitsstudie für das Projekt erstellt worden. Untersucht wurden die denkbaren Alternativen der Energie-Erzeugung in dem Quartier. Möglich seien ein herkömmlicher Gasbrenner mit Unterstützung durch Solaranlagen auf den Dächern, eine Wärmepumpe oder ein Blockheizkraftwerk, erklärt Projektleiter Ingo Voigtländer. Mit einer solchen Anlage, die mit Pflanzenöl betrieben wird, wäre der größte Einsparungseffekt verbunden. "Das Blockheizkraftwerk würde Strom und Wärme erzeugen, die Wärme wird von den Häusern zum Heizen genutzt, den Strom kann man ins Netz einspeisen, was vergütet wird", erklärt er. Ein solches System brächte nicht nur eine Kohlendioxid-Einsparung von mehr als 51Prozent im Vergleich zu heute, sondern würde das Karree auch nahezu unabhängig machen von Energieversorgern und deren Preispolitik.

Preisvorteil bei Nebenkosten

Das brächte den Mietern Vorteile bei der Betriebskostenabrechnung. Die Erzeugung von Strom im Blockheizkraftwerk kostet laut Voigtländer bei den derzeitigen Pflanzenöl-Preisen 5,9 Cent pro Kilowattstunde. Der ins Netz eingespeiste Strom bringt laut Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energien aber 17 bis 19Cent je Kilowattstunde - und das mindestens 20 Jahre lang. "Die Erträge kämen den Hauseigentümern und damit den Mietern zugute."

Allerdings sind noch längst nicht alle Eigentümer in dem Karree von dem Projekt überzeugt. Zwar teilte die Stadtverwaltung auf Anfrage mit, dass ein Großteil der Eigentümer sein grundsätzliches Interesse bekundet habe. Die Tücken liegen aber im Detail: Ist in neu sanierte Häuser kürzlich eine moderne Gasheizung eingebaut worden, haben die Hauseigner wenig Interesse, erneut Geld in den Bau eines Blockheizkraftwerks zu investieren.

Laut Solaris-Ingenieur Voigtländer ist die Eigentümer-Struktur im Karree 49 vielschichtig: Von 17Grundstücken sind 15 mit Mehrfamilienhäusern bebaut; 60 Prozent davon sind saniert, der Rest unsaniert. "Optimal wäre natürlich die Beteiligung aller", heißt es aus der Stadtverwaltung. "Aber auch mit den zum gegenwärtigen Zeitpunkt Interessierten ist eine Umsetzung sinnvoll und auch wirtschaftlich." Wie viele Interessierte es derzeit tatsächlich gibt, teilt die Stadtverwaltung allerdings nicht mit.

Größter Eigentümer in dem Karree ist mit fünf Häusern die städtische Grundstücks- und Gebäudewirtschaftsgesellschaft (GGG); drei der Häuser sind unsaniert. Bei den sanierten Häusern gebe es "aufgrund des Alters der haustechnischen Anlagen erst perspektivisch Bedarf an einer Umrüstung", so ein GGG-Sprecher. Soll wohl heißen: Die GGG hat derzeit kein Interesse.

Fördermittel gibt es nur 2010

Dabei drängt die Zeit - zumindest was den Bau der 800 Meter langen Ringleitung betrifft. Die ist Grundvoraussetzung für das Projekt und soll künftig die Wärmeversorgung aller Häuser miteinander koppeln. Für den Bau der Leitung liegen EU-Fördermittel bereit - insgesamt 125.000 Euro. Problem: Das Geld steht nur noch in diesem Jahr zur Verfügung. Sollten nicht alle Eigentümer des Karrees gewonnen werden, sei auch eine "U-Lösung oder eine L-Lösung" technisch möglich, heißt es im Rathaus.

Die Stadtwerke sind bislang kein Partner. "Bei der Entwicklung des Projekts vor zwei Jahren zeigten Stadtwerke noch kein Interesse", teilte die Stadtverwaltung mit. Bei der Umsetzung müssten ohnehin die Eigentümer der Häuser selbst entscheiden, mit welchem Dienstleister sie zusammenarbeiten wollen. "Einer der Anbieter könnten dann auch die Stadtwerke sein", heißt es vonseiten der Stadt.

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