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Bei Harald Schmidt: Karl-Theodor zu Guttenberg spricht über seine Depression

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Seine politische Karriere war am besten mit den Worten „kometenhafter Aufstieg“ zu bezeichnen. Dann kam für Karl-Theodor zu Guttenberg das Aus. Nicht nur politisch. Er kümmerte sich um seine seelische Gesundheit.

Hamburg/Leipzig.

Er war DER politische Shooting-Star Deutschlands, stieg schon in jungen Jahren zum Bundesverteidigungsminister auf – doch 2011 war für Karl-Theodor zu Guttenberg (52) alles auf einen Schlag vorbei: Plagiatsvorwürfe. Rücktritt. Nun war er bei TV-Legende Harald Schmidt (66) zu Gast und sprach über seine Depression.

Mit seiner Erkrankung ist der 52-Jährige nicht allein. Im Laufe ihres Lebens erkranken in Deutschland jede vierte Frau und jeder achte Mann an einer Depression. Dabei handelt es sich um „eine ernste Erkrankung, die das Denken, Fühlen und Handeln der Betroffenen tiefgehend beeinflusst, mit Störungen von Hirn- und anderen Körperfunktionen einhergeht und erhebliches Leiden verursacht“, wie die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention auf ihrer Homepage informiert. Ziel der Stiftung: die Versorgung depressiv erkrankter Menschen soll verbessert, über die Erkrankung aufgeklärt und über sie geforscht werden.

Depressionshilfe warnt vor Verharmlosung

Wer erkrankt, für den gebe es „gute und effektive Möglichkeiten der medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung“.

Die Deutsche Depressionshilfe warnt vor einer Verharmlosung der Erkrankung: „Wenn ein an Depression erkrankter Mensch oder die Angehörigen annehmen, Freudlosigkeit, gedrückte Stimmung und Hoffnungslosigkeit seien nachvollziehbare Reaktionen auf bestehende Lebensprobleme und nicht Ausdruck einer eigenständigen, behandelbaren Erkrankung, so ist das Risiko groß, dass keine professionelle Hilfe (eines Arztes oder Psychotherapeuten) gesucht wird.“

Harald Schmidt spricht mit Promis über Depression

Schirmherr der Stiftung ist Late-Show-Legende und Kult-Moderator Harald Schmidt. Der Entertainer, den viele wohl eher mit durchaus zynischem Humor und weniger mit dem Thema Depression verbinden dürften, moderiert seit Sommer 2021 gemeinsam mit dem Stiftungsvorsitzenden Prof. Ulrich Hegerl den Podcast „Raus aus der Depression“.

Der Ablauf der Episoden ist immer gleich: Schmidt interviewt einen (prominenten) Gast, Psychiater Hegerl ordnet aus Expertensicht ein. In inzwischen 25 Folgen sprachen u.a. Hazel Brugger, Howard Carpendale, Torsten Sträter oder Cathy Hummels über ihre Depression. Nun war Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zu Gast.

Guttenberg über Polit-Job: Den Anforderungen nicht gewachsen

Der 52-Jährige der seit Jahren aus dem Polit-Betrieb raus ist, machte gleich zu Beginn klar, dass er „gottfroh“ ist, „nicht mehr im politischen Zirkus herumturnen zu müssen“. Grund: Er durfte „irgendwann feststellen, dass ich diesen Anforderungen einfach nicht gewachsen bin“. Dies habe sich bereits zu seiner Zeit als Verteidigungsminister abgezeichnet. Gegenüber Schmidt stellt er nüchtern fest: „Ich glaube, es sind andere für das harte, bissige, nicht immer nur liebevolle aber trotzdem sehr benötigte politische Geschäft gemacht als ich.“

Dass er für das Ganze nicht gemacht sei, habe er gemerkt, als er „sehr schnell und doch viel zu schnell“ in hohe Ämter aufstieg. Guttenberg war Generalsekretär der CSU (2008-09), Bundeswirtschaftsminister (2009) und schließlich deutscher Verteidigungsminister (2009-11). Durch den kometenhaften Aufstieg sei er an die Grenzen seiner Belastbarkeit gestoßen. „Das sind Grenzen, die sind physischer Natur, aber ich habe eben auch festgestellt, wie zunehmend mein Geist Schaden nimmt dabei“, berichtet Guttenberg.

Rücktritt als Minister: „Größter Segen, der mir passieren konnte“

Seinen Rücktritt im Jahr 2011 mögen manche als Lebensniederlage empfunden haben, für den 52-Jährigen war dieser jedoch „der größte Segen, der mir passieren konnte“.

Angedeutet habe sich alles bereits frühzeitig, schon zu seiner Zeit als Generalsekretär: „Da haben Fliehkräfte auf mich gewirkt, die mich innerlich verändert beziehungsweise Dinge hervorgekehrt haben, die wahrscheinlich schon lange in mir schlummerten.“ Das habe er jedoch „mit mehr oder weniger großer Eleganz“ verdrängt und verdeckt.

Diagnose: Posttraumatische Belastungsstörung und Depression

Nach seinem Polit-Aus hatte er sich erstmal mit sich selbst, seinen Belastungen – und wie dann auch festgestellt wurde – mit seiner seelischen Erkrankung zu beschäftigen. Schmidt hakt nach, will wissen, was genau diagnostiziert wurde. Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), antwortet Guttenberg. Danach habe er sich zunächst „ganz furchtbar idiotisch gefühlt“. In seinen Augen eine Schwäche, die er sich als Allerletzter zugestehen durfte.

Immerhin hatte er es als Verteidigungsminister jahrelang mit Menschen zu tun, die „höchstgradig“ diese Erkrankung hatten: „Soldaten, die aus den Einsätzen kamen. Die das Schlimmste des Schlimmen erleben mussten.“

Im Vergleich zu dem, was die Soldaten erlebt hatten, war er der Meinung: „Ich bin wirklich der Letzte, der sich jetzt dieser Schwäche stellen sollte.“ Also habe er es verdrängt. Besser wurde es dadurch jedoch nicht.

Guttenberg berichtet von zunehmenden Panikattacken und Angst vor Menschen. An dem Punkt suchte er sich Hilfe. Neben der PTBS wurde auch eine Depression bei ihm diagnostiziert. Er betont, dass diese jedoch nichts mit seinem Rücktritt zu tun hatte, spricht von einer schon sehr frühen Veranlagung.

Guttenbergs Vater: „Zutiefst depressiver Mensch“

In seiner Familie sei er nicht der Einzige gewesen, der mit seelischen Problemen zu kämpfen hatte. Zum Beispiel Guttenbergs Vater, der Dirigent Enoch Freiherr von und zu Guttenberg: „Ein zutiefst depressiver Mensch“, der sich erst sehr spät habe behandeln lassen. Seine Sorge: Die Behandlung könnte ihm einen Teil seiner künstlerischen Kreativität rauben.

Karl-Theodor zu Guttenberg selbst hätten das politische Geschäft, die Härte der Angriffe und auch die Nachtreterei anschließend arg zugesetzt. „Irgendwann ging’s einfach nicht mehr.“

Schließlich ließ er sich erfolgreich mit Therapie und Medikamenten behandeln. Oder wie er sagt: „Es hat mir nicht nur geholfen, sondern mich auch wieder vollkommen auf die Spur gesetzt.“ (phy)

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