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Gender-Care-Gap im Osten: In diesen Bereichen packen Väter stärker an als Mütter

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Ostdeutsche Frauen verbringen mehr Zeit bei Putzen und Kindererziehung als ihre Männer, aber der Unterschied fällt geringer aus als im Rest der Republik. Wo werden sie von den Männern entlastet?

Wiesbaden.

Wie verbringen die Deutschen eigentlich ihren Tag? Darüber hatte Ende Februar eine Auswertung des Statistischen Bundesamts Aufschluss gegeben. Sie belebte eine alte Debatte um die Arbeitsteilung in den Haushalten der Republik, denn noch immer machen Frauen einen größeren Teil der Hausarbeit: Sie kümmern sich länger um die Kinder und kochen und putzen mehr als Männer. Aber es gibt auch Bereiche, in denen Männer mehr übernehmen, auch wenn sie im Osten weniger im Haushalt helfen als im Bundesschnitt. Die „Freie Presse“ wertet im Folgenden exklusiv die Forschungsergebnisse zu ostdeutschen Familien aus.

Care Arbeit: Putzen, Kümmern und Drandenken

Die sogenannte Care-Arbeit, also das Kümmern und Sorgen für die Familie, wird zu einem größeren Teil von den Müttern erledigt. Mit täglich mehr als fünf Stunden verbringen sie deutlich mehr Zeit beim Kochen, Backen, Tischdecken und Abräumen, Putzen oder Wäsche waschen. Väter packen in den ostdeutschen Bundesländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen mit 3:39 Stunden etwas kräftiger mit an als ihre Pendants im Rest der Republik. Der Gender-Care-Gap beträgt in den Bundesländern der ehemaligen DDR 1:33 Stunden. Damit ist er deutlich kleiner als im Bundeschnitt (2:09), aber trotzdem beachtlich.

Arbeitsteilung im Osten Deutschlands

Es gibt aber einzelne Teilbereiche, in denen die Väter mehr Zeit aufwenden als ihre Frauen. 25 Minuten sind sie täglich mit Gartenarbeiten zugange und damit 5 Minuten länger als ihre Partnerin. Auch handwerkliche Arbeiten, der Hausbau und Renovieren fallen stärker in den Zuständigkeitsbereich der Herren. Im Durchschnitt verbringen sie damit 18 Minuten am Tag, während Frauen nur vier Minuten durchschnittlich damit beschäftigt sind.

Sowohl bei der Erwerbsarbeit als auch bei ehrenamtlicher Arbeit haben die Männer die Nase vorn. Im Durchschnitt verbringen ostdeutsche Väter jeden Tag fast fünf Stunden auf Arbeit, ostdeutsche Mütter gut 90 Minuten weniger. In den „Durchschnittstag“ fließen dabei auch arbeitslose Personen und Wochenenden ein. Das drückt die durchschnittlichen Stunden. Berücksichtigt man nur die Personen die arbeiten auch nur an den Tagen, an denen sie wirklich arbeiten, kommt man auf 7:53 Stunden für Männer und 7:22 Stunden für Frauen. Darin zeigt sich auch, dass Frauen mehr in Teilzeit arbeiten als Männer: Nach einer anderen Studie des Statistischen Bundesamts trifft das für 33 Prozent der Ost-Frauen und 12 der Männer im Osten zu. Auch der Arbeitsweg ist für Väter mit 25 Minuten etwas länger als für Frauen, die nur 17 Minuten täglich für ihren Arbeitsweg benötigen.

Geringer fallen die Unterschiede bei der ehrenamtlichen Arbeit aus. Durchschnittlich engagieren sich Väter und Mütter an einem von elf Tagen, Väter für knapp zwei Stunden und Mütter eine Viertelstunde kürzer. Auf einen Tag gerechnet ergibt das: 11 Minuten Ehrenamt bei den Vätern und 10 Minuten bei den Müttern.

So viel Arbeit verursachen Kinder

Die Arbeitsteilung spielt bei Paaren mit Kindern eine größere Rolle als ohne Kinder. Es mag eine Binse sein, aber: Kinder machen Arbeit. Die Studie des Statistischen Bundesamtes zeigt auf, wie viel Arbeit es genau ist – und wie kinderlose Paare die freie Zeit verwenden. Knapp anderthalb Stunden entfallen in Familien täglich allein auf die direkte Betreuung von Kindern. Dazu gehört neben dem Beaufsichtigen auch die Hausaufgabenbetreuung oder – je nach Alter der Kinder – das Füttern, Anziehen und Waschen. Aber auch die alltägliche Haushaltsführung wird mit Kindern aufwendiger, immerhin muss für mehr Menschen gekocht und gewaschen werden. Ostdeutsche Familienhaushalte verbringen mit dem Wäschewaschen, Aufräumen und Saubermachen 53 Minuten mehr am Tag.

Die Zeit, die kinderlose Paare in diesem Vergleich „einsparen“, fließt zu einem großen Teil in die Mediennutzung. Sie sehen eine Stunde länger fern oder nutzen Streamingdienste, lesen aber auch 22 Minuten mehr pro Tag. Da sie nicht am Morgen durch ihre Kinder geweckt werden, schlafen sie 21 Minuten länger und verbringen mehr Zeit im Ehrenamt (17 Minuten mehr), bei der Gartenarbeit (10 Minuten mehr) und in der Küche beim Kochen (11 Minuten mehr).

Kinder und Jugendliche helfen weniger im Haushalt als früher

Nach wie vor arbeiten Frauen im Haushalt in Deutschland durchschnittlich deutlich länger als Männer. Der Unterschied ist in den vergangenen 10 Jahren aber etwas kleiner geworden. Im Vergleich zur letzten Erhebung, die 2012 und 2013 stattfand, bringen sich Männer pro Tag neun Minuten länger in den Haushalt ein, Frauen eine Minute weniger. Während der Gender-Care-Gap langsam zu schrumpfen scheint, lehnen sich aber andere Haushaltsmitglieder immer öfter zurück: Kinder helfen deutlich weniger im Haushalt mit als noch vor zehn Jahren. Die 10- bis 13-Jährigen unterstützten 2012/2013 noch täglich 1:03 Stunden beim Abwasch, Putzen oder Müllrausbringen. 2022 waren es nur noch 53 Minuten – ein Rückgang um rund 16 Prozent. Das Engagement der 14- bis 17-Jährigen ließ um drei Prozent nach und fiel auf nun 1:03 Stunden.

Gute Nachrichten gibt es aber bei der Betrachtung der regionalen Unterschiede für Eltern im Osten. Mädchen und Jungen im Alter von 10 bis 17 Jahren sind hier die fleißigsten der ganzen Republik. Einzige Ausnahme: 10- bis 13-jährige Jungs helfen in Süddeutschland (Bayern und Baden-Württemberg) noch fünf Minuten länger im Haushalt, als ihre Altersgenossen in den Ländern der ehemaligen DDR. (eran)


Die Zeitverwendungserhebung

Fast 60.000 Deutsche haben für eine Studie 2022 über ihren Alltag Buch geführt. Gut 30.000 Frauen und 27.000 Männer notierten in Tagebüchern auf die Minute genau, wie lang sie schlafen, essen, trinken, Wäsche waschen oder in sozialen Netzwerken unterwegs sind. Die Ergebnisse der „Erhebung zur Zeitverwendung privater Haushalte“ (ZVE) wurden Ende Februar vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden veröffentlicht. Mithilfe der Daten kann man den durchschnittlichen Tagesablauf der Deutschen nachzeichnen. (eran)

Dieser Text ist Teil einer Beitragsreihe. Die Volontäre der „Freien Presse“ haben in einem Projektmonat rund um das Thema „Arbeitsteilung in jungen Familien“ recherchiert. Die Familienporträts, Experten-Interviews, eine Datenanalyse, ein Quiz und die Sicht der jungen Reporter auf das Thema sind in Kürze auf der Übersichtsseite zu finden. Die Arbeit der Volontäre könnt Ihr auch auf Instagram und Twitter verfolgen.

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