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Uwe Steimle in Crimmitschau: Ein schwieriger Fall

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Der Kabarettist bietet im ausverkauften Theater Crimmitschau einfache Lösungen für eine komplizierte Welt.

Crimmitschau.

Hochbetrieb am Donnerstagabend vor dem Theater in Crimmitschau. Das schöne Haus ist ausverkauft. Manche Gäste diskutieren noch das Ergebnis der Abstimmung im Bundestag über die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine, die dort mit ähnlich großer Mehrheit abgelehnt wurde, wie sich die Bevölkerung in Umfragen gegen die Lieferung dieser weitreichenden Waffen ausspricht. Dann beginnt das Programm mit Uwe Steimle unter dem Motto „Mit Geduld und Spucke“.

Eingeleitet wird das Programm mit einer Improvisation des Pianisten Matthias Hessel zu dem Lied „Die Gedanken sind frei“ und dem Karat-Hit „Über sieben Brücken musst du geh’n“, den der international hochgelobte Jörg Wachsmuth auf dem „Instrument des Jahres“, der Tuba, spielt. Viele im Publikum singen den Refrain mit, fühlen sich verstanden als Bürgerinnen und Bürger des Ostens, die sich bei Uwe Steimle nicht für ihre Geschichte rechtfertigen müssen. Es ist nicht zuletzt dieses Verständnis, das einen Großteil der Popularität des Kabarettisten im Osten ausmacht. Und doch ist Uwe Steimle ein schwieriger Fall - weil er es sich zu einfach macht. Einem gründlichen Ermittler wie dem einst von Steimle überzeugend verkörperten Hauptkommissar Jens Hinrichs könnte das auch selbst auffallen.

Über Krieg und Frieden

Wortwitzig arbeitet sich Steimle am populären Grünen-Bashing und am Frieden ab. Im T-Shirt mit der Aufschrift „Friedenshetzer“ betont er, er sei „kein Putin-Versteher oder Putin-Freund“ und mit seinem Eintreten für einen wie auch immer gearteten Frieden in der Ukraine steht er nicht allein, doch zur ganzen Wahrheit gehört auch, dass Putin ein Aggressor und es mit der Freiheit der Gedanken in seinem Reich nicht weit her ist. Und entspricht es der von Uwe Steimle selbst erklärten Maxime „mit allen zu reden“, wenn er seinem Lieblingsfeind, „der Obrigkeit“, denen, die anders über Frieden und Krieg denken, empfiehlt, sie sollten „an die Ostfront“ geschickt werden, denn sie wüssten nicht, „mit wem sie sich anlegen“? Von anderen Kriegen ist ohnehin nicht Rede. Statt dessen gibt es einige Seitenhiebe gegen Migrationspolitik, ohne auf die Ursachen der Fluchten vor Kriegen, Armut und Klimakatastrophen einzugehen. So etwa im Zusammenhang mit den Corona-Reisebeschränkungen: „Damals ging das.“ Die Corona-Politik ist ein weiteres Lieblingsthema von Uwe Steimle, manche seiner Kritikpunkte werden inzwischen, spät, auch von Fachleuten anerkannt, und Auswüchse wie die von Steimle zitierte Zeitungsüberschrift „Auch Obdachlose sollen jetzt zu Hause bleiben“ kann sich ein Kabarettist gar nicht besser ausdenken.

Überhaupt die Sprache und die Heimat, weitere Lieblingsthemen des Kleinkünstlers. „Veränderungen beginnen mit Sprache“, stellt er fest - Stillstand und Rückschritt auch. Er zitiert ein Erich-Kästner-Gedicht, das der angesichts des nahenden Faschismus geschrieben hatte, vermutet, dass Kästner heute wohl als „gesichert rechtsextrem“ gelten würde, zumal er ja nicht emigriert sei. Wie Uwe Steimle allen in der DDR dankt, die „hiergeblieben sind“. Manche hatten aber gar keine Wahl: Es wird das Lied „Ehrlich will ich bleiben“ der Gruppe Karussell gespielt, die sich als Nachfolgerin der mutigen Klaus Renft Combo verstand. Letztere wurde verboten, von Stasi-IMs bespitzelt, einige Mitglieder in die Bundesrepublik getrieben.

Hinkende Vergleiche

Viele der Vergleiche, die Steimle anstellt, hinken. Wenn er findet, heute heiße es, „kauft nicht beim Russen“, und das erinnere ihn an „kauft nicht beim Juden“, kann man nicht lachen, sondern ihm nur die Sensibilität wünschen, die er für die Ostdeutschen einfordert. Und für sich selbst: „Erst war ich ein linkes Schwein, dann eine rechte Sau“, zitiert er ihm gegenüber geübte Kritik. Beides ist er sicher nicht, aber Uwe Steimles Blick ist oft in die Vergangenheit gerichtet, selten in die Zukunft. Er bietet keine oder einfache Lösungen für eine komplizierte Welt. Aber bringt es die Welt weiter, wenn man weiß, dass ein T-Shirt früher „Nicki“ und der Supermarkt „Kaufhalle“ hieß? (mz)

Anmerkung der Redaktion, (15.3..2024, 17.15 Uhr): In einer früheren Version des Textes hieß es in einer Bildunterschrift, dass Jörg Wachsmuth auf einer Tuba spielte. Das ist falsch. Richtig ist, dass er ein Bassflügelhorn spielte, das auch Tenortuba genannt wird.

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