Abo
Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen

Zscherben erwacht

Schon gehört?
Sie können sich Ihre Nachrichten jetzt auch vorlesen lassen. Klicken Sie dazu einfach auf das Play-Symbol in einem beliebigen Artikel oder fügen Sie den Beitrag über das Plus-Symbol Ihrer persönlichen Wiedergabeliste hinzu und hören Sie ihn später an.
Artikel anhören:

Das sachsen-anhaltische Zscherben war bislang kaum als Ort berühmt, in dem der Bär steppt. Es scheint, als läge dort nicht einmal der Hund begraben. Im 18. Jahrhundert hat es einmal zwei Brände gegeben, die Zscherben fast vollständig zerstörten. Doch dann dauerte es 200 Jahre, ehe wieder etwas passierte, sprich: etwas brannte - nämlich die Ortschronik. Die ließ der damalige Bürgermeister in Flammen aufgehen, bevor die Amis das Dorf der Roten Armee übergaben.

Seither scheint Zscherben vor sich hin zu schlummern. Wer auf der Webseite des Orts nach Veranstaltungen bis zum Jahresende sucht, der findet ... nichts! Immerhin lädt ein Speiselokal mit dem romantischen Namen "Zu den drei Herzen" zu einem Aufenthalt ein, wo Gästen vermutlich Einheimisches serviert wird - ein Zscherbengericht.

Dass die 1600-Seelen-Gemeinde dieser Tage trotz aller Verschlafenheit Schlagzeilen macht, liegt am Mobilfunkanbieter O2. Nach Telekom und Vodafone hat es sich nun auch die Tochter des Telefonica-Konzerns zur Aufgabe gemacht, kleine Orte an die große weite Welt des schnellen Internets anzuschließen. Was den Breitband-Zugang zum WWW angeht, so war das Dorf bislang ein weißer Fleck auf der Landkarte.

Das ändert sich ab Juli. Dann gehört Zscherben zu den Orten in Deutschland, in denen der neue Mobilfunkstandard LTE eingeführt wird. LTE steht für Long Term Evolution, was eher wie der Titel eines Aufsatzes aus dem Wissenschaftsmagazin "Nature" klingt, tatsächlich aber die neue Generation des Mobilfunks bezeichnet. Nachdem vor einem Jahr die Frequenzen des UMTS-Nachfolgers für rund 4,4 Milliarden Euro versteigert worden sind, bauen die Mobilfunkkonzerne nun ihr Netz aus. Im Fall von Zscherben bedeutet das, künftig mit 7 Megabit pro Sekunde durchs Web zu surfen, endlich ruckelfrei Videos sehen und Online-Spiele genießen zu können.

Derlei Tempo bedarf auf dem Lande grundlegender Verhaltensänderung. Denn so schnell ist der Kaffee gar nicht gebrüht, wie sich künftig vor den Toren von Halle die Webseiten aufbauen. Wenn die Dorfoberen klug sind, starten sie deshalb zügig eine Werbekampagne, um das Ende des digitalen Dornröschenschlafs gewinnbringend für sich zu nutzen. Mögliche Slogans wären schnell gefunden: "Zscherben - jetzt auch mit LTE"; "Zscherben bringt Glück" oder "Venedig sehen - und Zscherben".

Von Ronny Strobel

Weitere Blog-Einträge

Icon zum AppStore
Sie lesen gerade auf die zweitbeste Art!
  • Mehr Lesekomfort auch für unterwegs
  • E-Paper und News in einer App
  • Push-Nachrichten über den Tag hinweg
Nein Danke. Weiter in dieser Ansicht.