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Digitale Auszeit

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Als vor 42 Jahren auf dem Berliner Alex die Weltzeituhr ihrer Bestimmung übergeben wurde, da galt die 16 Tonnen schwere Metall-Rotunde als Meisterwerk der Moderne. Eingefasst in einem Aluminiumzylinder, auf dem 148 Städte vermerkt waren, begann sich seinerzeit ein kolorierter Ring mit messingfarbenen Ziffern zu drehen, der dem Betrachter fortan anzeigte, wo auf der Welt gerade welche Stunde geschlagen hat. Zeitzonen-Romantik pur.

Der Frage, in welcher Zeit wir eigentlich leben, widmen sich Künstler inzwischen auf ganze andere Weise. Weil die Welt zu einem globalen Dorf mutiert ist, besteht die Antwort nicht mehr darin, sich auf eine bestimmte Zeitzone festzulegen, sondern sich klarzumachen, ob sie digital geprägt ist oder nicht. Darf man der Bundesdrogenbeauftragten Glauben schenken, dann sind allein in Deutschland mittlerweile eine halbe Million Menschen internetsüchtig, da sie mehr als vier Stunden täglich im Web verbringen - davon zumeist in sozialen Netzwerken.

Der Londoner Designer Héctor Serrano versucht, diese Abhängigkeit mit einer besonderen Uhr zu verdeutlichen: Die "Digital Downtime Watch" zeigt nicht nur die Uhrzeit an, sondern auch die digitale Auszeit, also diejenige Zeit, die websüchtige Zeitgenossen ohne Netz auskommen. Dazu misst die Uhr über eine Funkverbindung zu einem Computer, wie viel Zeit dessen Eigentümer bei Facebook, Twitter und Mail-Diensten verbringt und macht dies recht einfach anschaulich. Das kreisrunde Ziffernblatt der "Digital Downtime Watch" dient als Tortendiagramm, in dem säuberlich in Farb-Segmente aufgeteilt der tägliche Zeitaufwand für jedes der genannten Angebote abgebildet wird. Der weiße Teil des Diagramms entspricht der digitalen Auszeit.

Mit seiner Erfindung will Designer Serrano hinterfragen, ob digitales Kommunizieren zu sozialer Isolation und zum Verlust realer Kontakte führt. Eine Idee, die digitalen Eingeborenen wohl schnell auf den Zeiger gehen dürfte. Zumal die Vorstellung, dass die "Digital Downtime Watch" etwas daran zu ändern vermag, reichlich naiv erscheint. Doch diese Form von U(h)r-Vertrauen kennt man auch in der deutschen Hauptstadt. Bei den Berlinern hält sich angeblich der Mythos, dass ein Liebespaar, das 24 Uhr an der Weltzeituhr Händchen hält, für immer zusammenbleibt ...

 » www.hectorserrano.com

 

Von Ronny Strobel

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