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Dünne Dinger

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Es gab Zeiten, da machten Männer einen auf dicke Hose. Sie trugen den ganzen Stolz ihres Daseins als Bürohengst, Amtsschimmel oder Möchtergern-Mustang unter dem weichgespülten Textil ihrer Bundfaltenjeans spazieren. Der Stoff spannte schon ein wenig über diesem Objekt der Begierde, so dass es leichter erschien, einem nackten Mann in die Tasche zu greifen, als dieses dicke Ding aus einer Tasche heraus ans Tageslicht zu befördern: einen Taschen-Rechner, neudeutsch: Smartphone.

Es verwundert nicht, dass die ersten Geräte als Barren bezeichnet wurden, denn fast genauso schwer und klobig wirkten sie - nur war bei weitem nicht alles Gold, was da glänzte. Inzwischen sind die Hersteller einer gewissen Schwindsucht verfallen. Wer sich heutzutage die Mühe macht, ins Innere eines halbwegs zeitgemäßen Geräts zu schauen, muss sich vorkommen wie ein Dünnbrettbohrer. Noch vor einem Jahr behauptete der koreanische Hersteller LG, mit dem 9,2 Millimeter schmalen Optimus Black das dünnste Smartphone der Welt anzubieten, ehe sich im Herbst Motorola mit dem 7,1 Millimeter schlanken Droid Razr des neuen Rekords rühmte.

Der Jubel hielt nicht lange an. Darf man der US-Prüfbehörde FCC Glauben schenken, so kommt das Mager-Model schlechthin nunmehr aus Japan. Das Fujitsu Arrows F-07D ist gerade mal 6,7 Millimeter dünn, so dass man sich wie bei den Hunger-Haken auf den Laufstegen zwischen Mailand und New York fragt, ob dort bis auf das grazile Äußere überhaupt noch etwas dran ist beziehungsweise drin steckt als ein rekordverdächtiger Wert. Bisweilen ist etwas Neues nicht unbedingt dünn und pfiffig, sondern lediglich dünnpfiffig.

Wie vergeblich diese Art von Rekordjagd ist, zeigt sich bei einem Blick ins kanadische Human Media Lab. Dort arbeiten Forscher bereits am sogenannten Paperphone. Es besteht aus einer mit elektronischer Tinte gefüllten, berührungsempfindlichen Folie und ist kaum dicker als ein schokoladenüberzogenes Minzplättchen. Steuern lässt es sich nicht nur durch Gesten, sondern auch durch Krümmen und Wölben. Angesichts der ekstatischen Begeisterung für Smartphones, die längst dem Tanz ums Goldene Kalb gleicht, ist das eine wirklich gute Nachricht: Endlich mal ein Gerät, das sich für seinen Besitzer verbiegt. Bisher ist es umgekehrt.

Von Ronny Strobel

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