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Sex-Zensur

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Es gibt Leute, die halten die Innovationsschmiede Apple für den Rückzugsort eines engstirnigen, sektiererischen Grüppchens, das sein Wohl und Wehe ganz dem Leben und Werk von Heilsbringer Steve Jobs verschrieben hat. Das ist leider so nicht ganz richtig. Denn bei Apple ist man nicht nur engstirnig und sektiererisch, sondern auch prüde. In den vergangenen Wochen hatte der Konzern nichts Besseres zu tun, als sich zum Sex-Zensor aufzuschwingen. Man nahm kurzerhand all jene Anwendungen (Apps) aus seiner Verkaufsplattform im Web, die allzu viel nackte Haut zeigten. Und davon gab es Tausende.
 
Nun lässt sich durchaus darüber streiten, ob es nicht gaga ist, auf einem iPhone-Touchscreen eine Spur auf einer virtuellen Glasscheibe zu zeichnen, um sie hernach von einer knapp bekleideten Schönheit wegwischen zu lassen. Das war zum Beispiel bis vor kurzem mit der nunmehr gelöschten Applikation Dirty Fingers möglich. Und man muss auch nicht gut finden, was Deutschlands größtes Boulevard-Blatt mit seiner "Bild-Girl"-Applikation zuletzt offerierte: dass sich das Mädel entblätterte, sobald man das iPhone ordentlich durchschüttelte. Anstoß aber muss erregen, dass ein Gerätehersteller plötzlich darüber bestimmt, welche Inhalte auf iPhone und Co. erlaubt sind. Denn betroffen sind ja nicht mal eben Anwendungen, die gegen das Grundgesetz verstoßen, sondern gegen den Sittenkodex eines Unterhaltungskonzerns. Steht der jetzt schon über der Verfassung?
 
Geht es nach dem Reinheitsgebot von Apple, dann sind nicht allein anrüchige Programme verboten, sondern auch schon solche, die ein wenig nackte Haut zeigen oder gar nur Silhouetten eines nackten Körpers. So wird Apple vom Sittenwächter zum - Entschuldigung! - Tittenwächter und setzt den App-Anbietern die Pistole geradezu auf die Brust. Letztere muss entweder gepixelt sein oder die ganze Anwendung wird gelöscht. Da ist nichts von spätrömischer Dekadenz.
 
Wie sehr bei alldem jedoch mit zweierlei Maß gemessen wird, zeigt der Umstand, dass man Anfang des Jahres via iPhone eine Anwendung beziehen konnte, die 120 Reden von Benito Mussolini enthielt. Die Software verschwand zwar zunächst recht schnell vom Markt. Aber nicht, weil Apple sie als problematisch einstufte, sondern weil sich die App-Programmierer Urheberrechtsklagen ausgesetzt sahen. Die waren aber offenbar schnell geklärt. Kürzlich feierte der Duce seine virtuelle Wiederauferstehung - und Apple machte erneut Negativschlagzeilen. Kein Wunder! Wer faschistische Reden für ungefährlicher hält als digitale Sexbomben, bei dem muss was faul sein. Und woran erkennt man Fäule bei Apple? Wie in der Natur: an den braunen Stellen.

Von Ronny Strobel

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