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Alltag als Alleinerziehende: „Man lernt zu improvisieren“

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Das Kind betreuen, Termine hin- und her jonglieren und irgendwann noch das Bad putzen: Alleinerziehende müssen alles gleichzeitig im Blick haben. Was heißt das für sie im Alltag?

Chemnitz.

Ute setzt sich auf ihr Sofa. Für andere nichts Besonderes - für sie schon. Als Alleinerziehende kommt sie nicht oft dazu. Die kleine Tochter ist heute beim Vater, deshalb hat Ute Zeit, von ihrem Alltag zu erzählen.

Die 44-Jährige wohnt in Chemnitz, arbeitet in Teilzeit und hat eine dreijährige Tochter. Einmal pro Woche ist die Tochter beim Vater, aller zwei Wochen auch an den Wochenenden. Den Rest der Zeit kümmert sich Ute um sie. Sie geht mit ihr zum Arzt, kauft neue Kleidung, ist für sie da.

Kein Zeit, um Luft zu holen

Manchmal kommt sie dabei an ihre Grenzen. Sie muss immer alles im Kopf haben: Liegt im Kindergarten etwas an? Ist heute Elternrat? Wann ist die Tochter beim Vater? Im Gegensatz zu Paaren hat sie niemanden, mit dem sie das ausführlich besprechen könnte. Oder jemanden, der sie unterstützt, wenn die Tochter einen Wutanfall hat. „Paare können immer sagen: ‚Mach du mal, ich brauch jetzt kurz meinen Rückzugsort, sonst explodiere ich. Ich brauche Zeit zum Luftholen.‘ Aber die habe ich einfach nicht.“

Auch andere Dinge im Haushalt, zum Beispiel Reparaturen, stemmt sie allein. Egal ob Küche aufbauen oder Regale: „Man lernt zu improvisieren. Es muss nicht alles perfekt sein. Hauptsache die Lösung funktioniert“, sagt sie. Zeit zum Ausruhen bleibt selten. Wenn die Tochter abends im Bett liegt, könnte Ute theoretisch noch ein Buch lesen und sich auf die Couch setzen. Doch dazu ist sie meistens zu müde. Auch im Urlaub kann sie sich nur selten entspannen. Denn auch hier muss sie allein einkaufen, kochen und überlegen, was sie zusammen mit der Tochter unternimmt. Die Hausarbeit erledigt sie oft, wenn die Tochter im Bett liegt oder an den Wochenenden – wenn das Kind beim Vater ist.

Großeltern vor Kindergarten-Keimen schützen

Ab und zu holt auch Utes Mutter die Tochter vom Kindergarten ab. Doch die Eltern sind schon älter und der Vater hat eine Vorerkrankung. Ute vermeidet es deshalb, dass die Tochter viel Zeit bei den Großeltern verbringt. Zu groß ist die Gefahr, dass sie aus dem Kindergarten Keime nach Hause bringt. Ab und zu bekommt Ute Unterstützung von den Nachbarn, allzu oft möchte sie das aber nicht in Anspruch nehmen. Wenn sie schnell einen Brief zum Briefkasten schaffen muss, kann sie jedoch zu ihnen sagen: „Könnt ihr kurz ein Auge auf meine Tochter haben?“ Oft spielen die Kinder auch zusammen. Das gibt ihr etwas Freiraum. Dann lässt sie die Balkontür offen und kümmert sich um die Wäsche.

Auch ihren 20-jährigen Sohn hat Ute größtenteils allein aufgezogen. Dadurch ist sie beim zweiten Kind entspannter und lässt sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen. „Ich habe alles schon durchgespielt, kann mich zurücklehnen und sagen: ‚Ich weiß ganz genau, was da noch kommt. Ich weiß auch, was Pubertät bedeutet.‘“

Ihr Tipp: Hilfe annehmen

Nicht immer fällt ihr das leicht. „Es gibt Tage, da geht das besser und es gibt Tage, da geht das weniger gut. Je nachdem wie hoch das eigene Stresslevel ist.“ Sie versucht deshalb, sich Freiräume zu schaffen. „Wenn Alleinerziehende das nicht tun, kommen sie irgendwann an eine Grenze und müssen sagen: ‚Ich bekomme das nicht mehr kompensiert!‘“ Als Ausgleich engagiert sie sich ehrenamtlich im Elternrat und als Schöffin. Was sie anderen Alleinerziehenden rät: sich ein gutes Netzwerk aufbauen. Und Hilfe anzunehmen. (sesa)

Dieser Text ist Teil einer Beitragsreihe. Die Volontäre der „Freien Presse“ haben in einem Projektmonat rund um das Thema „Arbeitsteilung in jungen Familien“ recherchiert. Die Familienporträts, Experten-Interviews, eine Datenanalyse, ein Quiz und die Sicht der jungen Reporter auf das Thema sind in Kürze auf der Übersichtsseite zu finden. Die Arbeit der Volontäre könnt Ihr auch auf Instagram und Twitter verfolgen.

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