Der Macher im Hintergrund: Ferenc Csák und die Kulturhauptstadt
In der Bewerbungsphase war der Leiter des Kulturbetriebes das Gesicht der Kulturhauptstadt. In den letzten Monaten war er kaum bei offiziellen Anlässen zu sehen. Wie steht Ferenc Csák heute zum Projekt?
Chemnitz.Sein Lieblingsbild von Fritz Keller musste er für die Retrospektive des Künstlers in der Neuen Sächsischen Galerie abgeben. Doch mit der jetzt an der Stelle hängenden abstrakt wirkenden Malerei ist er auch zufrieden und erklärt, wie Keller mit bescheidenen materiellen Mitteln improvisierte.
Vor zehn Jahren übernahm Ferenc Csák die Leitung des Chemnitzer Kulturbetriebes. In seiner Heimat Ungarn hatte er wichtige staatliche Funktionen, wollte aber unter der damals neugewählten Regierung von Orban nicht weiterarbeiten. Seine Erfahrungen als Regierungsbeauftragter mit der Organisation der Kulturhauptstadt Europas Pécs 2010 kamen ihm zugute, als ein Jahr nach seinem Amtsantritt hier in Chemnitz die Idee keimte, sich für diesen Titel zu bewerben. Die Entscheidung 2020 für Chemnitz war ein Höhepunkt seiner Arbeit. Im vergangenen Jahr war er aber bei wichtigen Ereignissen, die Kulturhauptstadt betreffend, kaum zu sehen.
Verändertes Aufgabenprofil
„Es gibt unterschiedliche Phasen und unterschiedliche Beteiligte“, erklärt Csák. „Man muss ein tragfähiges Gerüst für das Kulturhauptstadtprogramm aufbauen.“ Es sei ungewöhnlich, eine Gesellschaft zur Leitung des Projektes von Null zu gründen im Sinne ohne die Mitarbeiter, die federführend in dem Bewerbungsprozess mit am Erfolg gearbeitet haben. In anderen Städten wäre es so gewesen, dass aus Mitarbeitern der Bewerbungsphase ein Team zusammengestellt wurde. Die Kompetenzen und Erfahrungen neuer Kräfte bringen Vorteile, aber auch Reibungen mit sich.
In der Aufbauphase der GmbH war es sein Job, Kontakte zu staatlichen Stellen, zu den Kommunen der Kulturhauptstadtregion, zu Stiftungen und anderen Unterstützern zu knüpfen, außerdem Großveranstaltungen abzusichern. Als Vorsitzender des neu eingerichteten Koordinierungsstabes in der Stadtverwaltung kam für ihn die Steuerung dieser Schaltstelle zwischen Stadtrat, Kulturhauptstadtregion, Ministerien des Freistaates Sachsen und der Bundesregierung sowie der Kulturhauptstadt-Gesellschaft hinzu. Dafür hat er ein Team von rund 60 Mitarbeitern der Stadtverwaltung, quer durch alle Dezernate, gebildet.
Wie geht es aber, dass dem Leiter eines eher kleinen Amtes Mitarbeiter anderer Struktureinheiten unterstehen? „Die Verwaltung lernt, aus Silos herauszukommen“, sagt er. Die Leitung dieses Teams vergleicht Ferenc Csák mit der Interministeriellen Arbeitsgruppe zur Kulturhauptstadt in der sächsischen Regierung unter Thomas Popp. „Ich bin nicht weisungsbefugt, aber durchsetzungsbefugt.“


Kontinuität als Hauptaufgabe
Csák betont, dass es auch zu seinen Aufgaben gehört, die Autonomie der Kulturhauptstadt gGmbH abzusichern, externe Einflussnahmen auf die Programmgestaltung fernzuhalten. Dazu gehört aber auch, dass er sich selbst nicht einmischt. Die Abstinenz bei öffentlichen Auftritten der Organisatoren ist kein Zufall.
Schon lange ist sein Lieblingswort „Legacy“. Es bedeutet Vermächtnis. Konkret geht es darum, die Aufbauarbeit der Kulturhauptstadt in dauerhafte Strukturen zu überführen. Das ist ein der Aufgaben des Koordinierungsstabes, das Konzept für die nächsten zehn Jahre ist in der Erarbeitung.


Das Dilemma der fehlenden Haushalte
Vor Weihnachten musste Csák seine Unterschrift unter Briefe an die institutionell geförderten Träger der Freien Kultur mit drastischen Sparvorschlägen setzen. Neue Formate wie Kosmos oder Friedensfahrt sollen erhalten werden, während Gewachsenes den Bach runtergeht? „Aufgrund der instabilen Situation in den letzten zweieinhalb Monaten wurde vieles kaputt gemacht, was an Sicherheit über Jahre aufgebaut wurde.“ Chemnitz hat so wie Sachsen und der Bund wegen politischer Verwerfungen kein bestätigtes Budget für das laufende Jahr. Die vorläufige Haushaltsführung zwingt ihn zu diesen Maßnahmen. Für mehrere Monate ist eine Weiterführung des Haushalts auf dem Niveau von 2024 möglich, vermutlich bis zur Mitte des Jahres. Eine Notlösung – für das große Fest Kulturhauptstadt wie auch der Erhalt der vorhandenen Substanz. Sie stellt den Leiter des Kulturbetriebes vor große Herausforderungen. (kas)