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    gelöschter Nutzer
    10.03.2015

    Am 04. März wünschte ich allen Motorradfreunden einen guten Start in die neue Saison und eine unfallfreie Fahrt. Wenn ich davon ausgehe, dass die meisten Biker keine Ganzjahresfahrer sind und viele sogar erst ab April oder gar Mai in die Saison starten, so waren die Biker, die am ersten schönen Wochenende (am 07. und 08.März) unterwegs waren auch die wenigen und ersten der neuen Saison. Und dennoch (ich habe förmlich darauf gewartet) stehen schon am Montag darauf die ersten Unfälle in der Zeitung. In meiner Heimatstadt Chemnitz war der erste schwerverletzte Motorradfahrer des Jahres 2015 wieder mal und wie so oft das Opfer des Vorfahrtsfehlers eines Autofahrers (Helbersdorfer Straße). Bei Motorradunfällen mit Beteiligung anderer Verkehrsteilnehmer (also keinen reinen Alleinunfälle) liegt die Schuld erwiesenermaßen außerhalb geschlossener Ortschaften zu 50 % beim Autofahrer und Innerorts sogar zu fast 70%. Entgegenkommende Autos, die links abbiegen wollen, sollten bei jedem Biker die Alarmbereitschaft in die Höhe schnellen lassen. Sofern sie überhaupt anzeigen, dass sie abbiegen wollen. Diese Situation zählt zu den Hauptunfallursachen zwischen Auto- und Motorradfahrer! In den Unfallberichten steht meistens lapidar, „Der Biker wurde übersehen!“
    Neulich sah ich einen Kleintransporter, der an der Frontscheibe zwei Navi-Halterungen (nebst aufgesteckten Navi´s) sowie eine Smartphone-Halterung (nebst aufgestecktem Smartphone) angebracht hatte. Am Innenspiegel baumelte irgendwelcher Schnickschnack und auf dem Armaturenbrett saßen an der Frontscheibe noch zwei oder drei Plüschtiere. „Der Biker wurde übersehen“ bekommt hier eine völlig neue Relation. Er konnte gar nicht gesehen werden. Also liebe Autofahrer: MACHT DIE AUGEN AUF!! Motorradfahrer sind – genau wie Autofahrer – zu jeder Tages- und Nachtzeit unterwegs, auch im zeitigen Frühjahr oder im Herbst und auch bei schlechtem Wetter. Ein Motorradfahrer ist auch keine Seltenheit im Straßenverkehr. Biker sind auch nicht ausschließlich mit zu hoher Geschwindigkeit unterwegs, wie das viele glauben. Natürlich kommen mit dem schönen Wetter auch die ´Idioten auf zwei Rädern´ wieder mit ans Licht. Ich bestreite nicht, dass es die nicht gibt. Leider. Wer schon am ersten Tag der neuen Saison so fährt, als hätte er die Fähigkeiten und die Routine des letzten Herbstes noch, als er sein ´Mopped´ zum Winterschlaf abstellte, der ist genauso riskant unterwegs wie der Autofahrer, der die Glotzen nicht aufmacht. Aber erstens gibt es diese ´Ìdioten` nicht nur auf Motorrädern, sondern auch auf Fahrrädern und im Auto; und zweitens sind die hier nicht Gegenstand meiner Appelle.
    Sicher sind die Motorräder kleiner als Autos, aber sie fahren immer mit Licht. Man kann sie sehen und hören! Passt bitte auf!” Ich appelliere an die Autofahrer und speziell die gestressten Kleintransporterfahrer: Macht die Augen auf! Vergesst das Blinken nicht; und zwar rechtzeitig. Haltet Eure Sicht frei, und zwar so rundum wie möglich – und stellt Euch wieder auf die Motorradfahrer ein. Liebe Autofahrer, weißt nicht gleich alle Schuld von Euch (die Statistik spricht eine andere Sprache) und schert nicht gleich wieder alle Motorradfahrer über einen Kamm.
    An die Motorradfahrer appelliere ich: startet behutsam in die neue Saison! Behaltet auch übers Jahr eine defensive und vorausschauende Fahrweise bei. Ihr müsst nicht jeden Gang in höchste Drehzahlen ausfahren. Ihr seid nicht auf der Rennstrecke. Im öffentlichen Straßenverkehr gilt das Motto „Laut ist out!“ Für viele Mitmenschen ist nämlich Laut = schnell = Raser; auch wenn sich das letztlich schlimmer anhört als es wirklich ist. Aber so funktioniert Wahrnehmung. An die Medien hätte ich eine Bitte: Trefft bitte schon in der Überschrift den Kern der Sache! „Biker schwer verletzt“ oder „Motorradfahrer auf B 0815 gestorben“ sind wenig hilfreich. Wer die Zeitung anhand von Überschriften und der zugehörigen Bilder konsumiert, der hat seine Meinung unverrückbar gebildet: Vorurteil = Biker war schuld = weil: er ist gerast! Da hilft es wenig, wenn der Text im Artikel dann relativiert und ´richtig´stellt.
    Liebe Biker, vermeidet riskante Überholvorgänge, speziell in nicht eindeutigen Situationen. ´Tastet´ Euch in heikle Verkehrssituationen hinein. Vorsichtig fahren muss ja nicht zwangsläufig heißen, ängstlich unterwegs zu sein. Lernt es, Euch ein Gespür für Gefahr anzutrainieren (der sogenannte sechste Sinn, das Bauchgefühl, die ungute Vorahnung). Gewöhnt Euch an, die Fahrbahn zu lesen und lernt richtig bremsen, lenken und ausweichen. Ein guter Motorradfahrer ist einer, der am Ende seiner Bikerkarriere noch lebt!!
    Und wie ich an die Autofahrer appelliere, sich wieder auf die Biker einzustellen, so appelliere ich an die Biker, sich auf DIE Autofahrer einzustellen die noch NICHT verinnerlicht haben, dass die Motorradsaison begonnen hat. Die Straße ist für alle da, da helfen uns gegenseitige Schuldzuweisungen und das ständige Beteuern der eigenen Unschuld nicht weiter. Wir Motorradfahrer sind in den meisten Fällen auch Autofahrer und können uns in beide Fraktionen hinein versetzen. Die meisten Autofahrer sind aber keine Biker und können das demzufolge nicht. Also sollten wir Motorradfahrer unserer eigenen Sicherheit zu liebe diesen Wissensvorsprung nutzen, um manche heikle Situation zu retten oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Wenn dann montags wieder die Unfälle in der Zeitung stehen, wäre es hilfreicher, wenn man erst einmal sich in sich geht und sich still und heimlich an die eigene Nase fasst anstatt gleich wieder gegenseitig auf Raser und Bürgerkäfigfahrer zu schimpfen.
    Das heißt natürlich nicht, dass man in manchen Situationen machtlos ist; so wie der oben erwähnte, verunglückte Motorradfahrer in Chemnitz am 08.März 2015. Da hat man keine Chance.