Nach umstrittenem Buch und Vergewaltigungs-Aussagen: Shitstorm gegen neuen „TTT“-Moderator Thilo Mischke
Eigentlich sorgt ein Moderatorenwechsel bei einem öffentlich-rechtlichen Kulturmagazin eher nicht für Shitstorms im Netz. Anders ist das bei der neuesten Personalie bei „Titel, Thesen, Temperamente“.
Chemnitz.Bereits seit den 60er-Jahren dreht sich bei „Titel, Thesen, Temperamente“ (TTT) alles um Filme, Kunst und Zeitgeist. Die Moderatoren wechselten, unter anderem führte Caren Miosga durch das Format, seit 2007 begrüßte Max Moor die Zuschauer. Im neuen Jahr soll der Staffelstab erneut übergeben werden. Doch diese Personalie sorgt jetzt für Ärger im Netz.
Denn vorgesehen hatten die Verantwortlichen den Journalisten und TV-Moderator Thilo Mischke. Der gebürtige Ost-Berliner wurde bereits am 19. Dezember auf dem Instagram-Account von ttt präsentiert. Oder vielmehr: Er präsentierte sich dort selbst. „Ich habe jetzt einen neuen Job“, ließ er die User wissen. Den des TTT-Moderators.
Doch die Ankündigung sorgte für alles andere als Begeisterung in den Kommentaren. Unter anderem sein 2010 erschienenes Buch „In 80 Frauen um die Welt“ war den Nutzern ein Dorn im Auge. Inhalt: Mischke, gerade frisch von seiner Freundin getrennt, schließt mit seinen Kumpels eine Wette ab. Er soll eine Weltreise machen und dabei 80 Frauen verführen. Wenn er das schafft, zahlen ihm seine Freunde den Trip um die Welt.
Was im Klappentext als „unglaublich mitreißender, anrührender und aufs höchste amüsanter Reisebericht der anderen Art“ angepriesen wird, ist für viele User vor allem eines: sexistisch. Doch noch mehr als das Buch stoßen Passagen aus einem Podcast von 2019 auf.
Mischke und seine Vergewaltigungs-Aussagen
Dort formulierte er seine Sicht auf die Natur des Mannes so: „Ich glaube das unterstützt so ein bisschen meine These dieses, dass es etwas Urmännliches ist, im Prinzip meine Sexualität – also nicht meine, Thilos, sondern die männliche Sexualität – basiert vielleicht auf Vergewaltigung. Und die Gesellschaft und die Moral, die wir in den letzten 2000 Jahren Christianisierung in Europa verteilt haben, hat uns das so ein bisschen abgewöhnt, dass wir nicht mehr vergewaltigen.“
Wie bitte?! Damit nicht genug: „Der Urmensch ist ausgestorben, weil er nicht reden kann und vielleicht zu zärtlich ist zu den Frauen und sie nicht vergewaltigt und der Homo homo sapiens hat eben überlebt, weil er anfänglich in seiner Gesellschaft vergewaltigt.“
Zudem seien Frauen ausgestorben, die nicht die Fähigkeit hatten, beim Geschlechtsverkehr feucht zu werden, „weil so Sexualität funktioniert hat. Frauen wurden hart wegvergewaltigt in der Urmenschenzeit, und überlebt haben die, die den Gendefekt hatten ‚Meine Vagina wird feucht‘, weil sie eben keine inneren Verletzungen beim Geschlechtsverkehr bekommen haben.“
Shitstorm gegen TTT - Magazin bittet um Zeit
Entsprechend brannte die Hütte unter dem TTT-Video. Und nicht weniger Userinnen schlugen eine Brücke zum Prozess gegen den Ehemann von Gisèle Pelicot wegen zigfacher Vergewaltigung. „Hui, am Tag, wo in Frankreich der Pélicotprozess endet, bekommt Mr. ‚In 80 Frauen um die Welt‘ ne Kultursendung im ÖRR. Traumhaft. Nicht“, war etwa zu lesen.
Eine Nutzerin wollte von den Verantwortlichen der Sendung wissen: „Mich interessiert, wie er an diese Position gekommen ist? Wer ist für eine derartige Auswahl an Moderation verantwortlich? Wer lebt so hinterm Mond?“ Eine andere stellte fest: „Frauenverachtung einfach auch im Jahr 2024 immer noch gut für die Karriere.“
Schließlich sah sich TTT zu einer Stellungnahme genötigt. Man habe nicht nur „Unterstützung, sondern auch kritische Rückmeldungen“ nach Bekanntgabe der Personalie erhalten. Beim Kulturmagazin setze man sich konsequent mit Themen wie Sexismus und toxischer Männlichkeit auseinander: „Feministische Perspektiven prägen unsere Arbeit und werden es auch weiterhin tun. Diese Werte sind nicht verhandelbar.“
Es gebe seit Tagen „intensive Gespräche, um die Vorwürfe zu prüfen“. Die User bat TTT um Zeit. Man wolle das Thema aufarbeiten und versprach mit Blick auf den Shitstorm: „Wir sitzen das nicht aus.“
Bei der Community kam das Vorgehen eher weniger gut an. „Den Worten müssen Taten folgen, sonst ist das Statement weniger als nichts wert“, ließ eine Nutzerin wissen. Ein anderer notierte erbost: „Da gibt es nicht viel zu überlegen. Die Aussagen sind bekannt. Wer solch einen frauenfeindlichen und rassistischen Dreck schreibt, ist untragbar und muss aus dieser Position entlassen werden.“ (phy)