Aktion „Leser helfen“ im Vogtland: Emi aus Plauen und ihr Wunsch, die Welt zu erkunden
Eine Geburt mit vielen Komplikationen lenkte Emis Leben und das ihrer ganzen Familie in eine völlig andere Richtung. Heute wäre Andrea Lehmann mit ihrer Tochter gern mobiler. Dafür braucht es dringend ein geeignetes Fahrzeug.
Vogtland.Emis Zimmer ist ordentlich. Das Bett mit glattgestrichener Tagesdecke. Ein Schreibtisch. Im Regal daneben stehen Familienbilder, Aktenordner, kleine Basteleien. Ein typisches Jugendzimmer - und mitten drin Emi am Laptop. Auf Youtube läuft das Lied „Rise“ der amerikanischen Sängerin Katy Perry.
Amerika. Das steht ganz oben auf Emis Wunschliste. Dort würde sie gern leben. In einer eigenen Wohnung. Den Zahn kann Andrea Lehmann ihrer Tochter nicht ziehen, sagt sie. „Zur Zeit redet sich von nichts anderem.“ Zwar ist der Wunsch für eine 20-Jährige nicht völlig aus der Luft gegriffen, aber allein zu wohnen? Das wird Emi nicht möglich sein - auch nicht in Amerika. Andrea Lehmann wird ihre Tochter so lang bei sich haben und versorgen, „bis ich es nicht mehr kann.“ Die Plauenerin sagt das mit einem Lächeln und viel Entschlossenheit. Wie ein Ruck. So ist das, so machen wir das. Sentimentalität? Fehlanzeige. Die muss man sich leisten können, wenn man ein behindertes Kind versorgt.
„Jeden Tag sind wir wieder nach Chemnitz gefahren“
Emis Geburt war kompliziert. Bis zur 24. Schwangerschaftswoche durchlief Andrea Lehmann jede Untersuchung mit Bestnoten. Alles war in Ordnung. Dann platzte die Fruchtblase. Für die werdende Mutter bedeutete das Klinikaufenthalt bis zum Geburtstermin. „Und dann sagte man mir, es sei zu Blutungen in Emis linker Hirnhälfte gekommen. Sie musste sofort geholt werden.“ Lehmann erzählt ihre Geschichte, als wäre sie gestern erst passiert. Sie wurde nach Chemnitz ins Klinikum gebracht. Nach der Entbindung lag ihr kleines Töchterchen dort auf der Intensivstation. Lehmann selbst wurde entlassen. „Jeden Tag sind wir wieder nach Chemnitz gefahren“, erinnert sie sich. Bis zu dem einem Anruf. „Emi kämpfte um ihr Leben.“ Eine Meningokokken-Infektion. Den Kampf hat Emi gewonnen, doch die Narben bleiben ein Leben lang. Ihr Behinderungsgrad liegt bei 100 Prozent.
Was folgte, war ein Sprint zwischen Therapien und Frühförderstellen. Nebenbei jonglierte Andrea Lehmann auch noch das Familienleben mit einem sechsjährigen Kind, Emis großer Schwester. Aufgeben liegt der 62-Jährigen nicht. Bis heute kümmert sie sich um die besten Fördermöglichkeiten. Mit der Einschulung brachte sie ihre jüngste Tochter in einer Förderschule in Greiz unter. „Ob das ging, wusste ich nicht. Ich habe es einfach versucht.“ Wie so vieles, das sie für ihre Tochter möglich macht.
Wie Leser helfen können
Einen Rückschlag erlebte die Familie 2016. „Auf einem Ausflug klagte Emi über Schmerzen.“ Das Mädchen, das schon Fahrrad fahren konnte, musste sich einer Hüft-Operation unterziehen. Ihre dünnen, porösen Knochen erschwerten den Heilungsprozess. „Jetzt ist alles wieder auf Null.“ Dass ihre Tochter einmal selbständig laufen können wird, der Hoffnung gibt sich Andrea Lehmann nicht mehr hin. Die Behinderung belastet auch das Familienleben. 2017 zerbricht auch Lehmanns Beziehung.
Den Alltag mit ihrer Tochter stemmt die 62-Jährige heute allein. Ausflüge, die Emi gern unternimmt, kosten vor allem körperliche Kraft: Rollstuhl samt Emi treppauf, treppab. Rein ins Auto, raus aus dem Auto. Emi hat in diesem Jahr die Schule abgeschlossen, seit August macht die junge Frau eine Ausbildung in einer Werkstatt der Lebenshilfe Plauen in Preißelpöhl. An den Nachmittagen fährt Andrea Lehmann ihre Tochter zu verschiedenen Therapien. Der elektrische Rollstuhl bleibt dafür daheim. Er passt nicht in den Fiat Doblò von Andrea Lehmann. Ihre Tochter hebt sie mehrmals täglich auf und vom Beifahrersitz zurück in den Rollstuhl. Emi wird zunehmend schwerer. Und Andrea Lehmann nicht jünger. „Letztens fragte mich auf dem Parkplatz jemand, ob er mir helfen könne. Aber das nützt mir nichts. Ich muss es doch sonst auch immer machen.“ Ein Fahrzeug, ob gebraucht oder umgebaut, in das sich der elektrische Rollstuhl fahren ließe, wäre für die Lehmanns eine große Erleichterung. Doch das kostet Geld, dass die Taxifahrerin allein nicht aufbringen kann. „Freie Presse“-Leser können helfen und mit Spenden dazu beitragen, dass Emi die Welt zumindest mit dem Auto erkunden kann. (cbo)
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