„Rath“ von Volker Kutscher: Düsterer Abschluss der Reihe um Gereon Rath
Volker Kutscher erfand den Trend zu Krimis in der Weimarer Republik.
Die Reihe entwickelte sich zum Bestseller. Mehrfach totgesagt, überlebte Rath bis zum 1938 spielenden Abschlussband. War in den ersten Bänden im Berlin der späten 20er-Jahre noch so etwas wie ein Tanz auf dem Vulkan spürbar, ist der letzte Band reichlich düsterer - Kriegsgefahr am Horizont, das Münchner Abkommen, das die Tschechoslowakei preisgibt, die Pogromnacht, die Kutscher in ihrer Brutalität beschreibt.
Zwar hat Kutscher mit seinen Romanen eine treue Leserschaft gefesselt, Fernsehzuschauern ist der Name Gereon Rath hingegen auch durch die ARD-Serie „Babylon Berlin“ bekannt – die allerdings sehr frei mit den Figuren umgeht, etwa seine Charlotte: Im Film eine Proletarierin und Gelegenheitsprostituierte, kennt man sie aus den Büchern als preußische Patriotin und Beamtentochter mit Jurastudium, deren moralischer Kompass auch in dunklen Zeiten funktioniert. Früher und kompromissloser als ihr Ehemann stellt sie sich dem Regime entgegen, arbeitet offiziell als Privatdetektivin und hilft inoffiziell zusammen mit ihrem Chef, einem ehemaligen Polizisten, bedrohten Menschen beim Organisieren falscher Papiere zur Flucht ins Ausland.
Wer die Reihe kennt, weiß: Gereon Rath gilt offiziell als tot, hat sich aber in den USA ein neues Leben mit falscher Identität aufgebaut. Doch als er die Nachricht erhält, dass sein Vater nach einem Schlaganfall im Sterben liegt, reist er zusammen mit seinem Bruder Severin zurück nach Deutschland und verbirgt sich im Haus des ehemaligen Kölner Oberbürgermeisters Adenauer – Kutscher fügt in seinen akribisch recherchierten Romanen gerne historische Figuren ein.
Daneben gibt es ein Wiedersehen mit Figuren, die in den Vorgängerbänden immer wieder eine Rolle spielten – Marion Goldstein etwa, ehemalige Nackttänzerin und Witwe des Gangsters Abraham Goldstein, die den Mörder ihres Mannes sucht: Fritz, der ehemalige Pflegesohn der Raths und in der Hitlerjugend aktiv, gerät unter Mordverdacht. Und SS-Obersturmbannführer Tornow, der langjährige Gegner Raths, ist mächtiger denn je. Angesichts der Zeit, in der dieser historische Krimi spielt, kann der Abschluss der Reihe nur düster ausfallen. Manche offene Rechnung wird in diesem zehnten Band beglichen. Doch Kutscher wäre nicht Kutscher, wenn er nicht auch diesmal zu einem Ende gelangen würde, das der Fantasie der Lesenden noch einige Möglichkeiten offen lässt. (dpa)