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Von Vollmacht bis Erinnerungskoffer: Was für Menschen am Lebensende wichtig ist

Wenn der Tod bevorsteht, haben Betroffene und ihre Angehörigen viele Fragen. Wo sie Hilfe bekommen, und warum auch ein Sekt am Sterbebett mal okay ist, darüber hat die "Freie Presse" mit zwei Mitarbeiterinnen des Hospizes in Oederan gesprochen.

Seit zehn Jahren begleitet das Hospiz "Ellen Gorlow" in Oederan Schwerstkranke und ihre Angehörigen. Dazu gehört auch der ambulante Hospizdienst "Begleitende Hände". Zum Jubiläum hat das gesamte Hospizteam eine Ausstellung gestaltet. Sie symbolisiert das Netzwerk aus Helfern und eigenen Ressourcen, von dem der Betroffene getragen wird. Das Netz ist zwischen elf Stühle gespannt - auf jedem Stuhl ist ein Aspekt der Hospizarbeit dargestellt. Hier eine virtuelle Ausstellung in Kurzform.


Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV)

Das Palliativnetz Freiberg leistet im Umkreis der Kreisstadt Hilfe für Schwerstkranke. "Das Ziel ist, dass der Betroffene möglichst lang zu Hause bei der Familie leben und eine symptomarme Zeit erleben kann", erklärt Sozialarbeiterin Kerstin Pönisch. Pflegedienstleiterin Angela Kräher erlebt allerdings immer wieder, dass Menschen diese Möglichkeit gar nicht kennen. Die SAPV-Teams bestehen aus Fachärzten für Palliativmedizin und spezialisierten Pflegekräften. Ihre Leistung wird vom Hausarzt oder im Krankenhaus verordnet. www.palliativnetz-freiberg.de


Freizeit und Hobbies

Sozialarbeiterin Kerstin Pönisch erzählt: "Im Hospiz besinnen sich die Menschen oft auf ihre Fähigkeiten und Interessen. Manche fangen zum Beispiel wieder an zu stricken." Einmal habe jemand ein Keyboard mitgebracht, um zu musizieren. "Hobbies können viel Kraft geben."


Spiritualität

Das Hospiz in Oederan ist nicht an eine christliche Konfession gebunden. Wenn ein Bewohner mit einem Geistlichen sprechen will, wird in der Regel jemand gerufen. Viele Menschen denken am Lebensende darüber nach, was der Glaube für sie bedeutet. Kerstin Pönisch: "Spiritualität kann eine große Kraftquelle sein." 


Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

Einen Satz hört Pflegedienstleiterin Angela Kräher immer wieder: "Man müsste mal". Die meisten Menschen haben schon davon gehört, dass eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht empfohlen werden. Das Hospiz bietet dazu Beratung an. Die Patientenverfügung regelt vor allem, welche medizinische Behandlung man in bestimmten Situationen möchte - vor allem am Lebensende. Angela Kräher: "Es ist wichtig, gut zu überlegen, was man in welcher Situation will, und es am besten regelmäßig mit dem Hausarzt zu besprechen." Für die Angehörigen sei es eine große Entlastung, zu wissen, was der Wille des Kranken ist."

Sonst bleiben sie mit Zweifeln zurück und fragen sich, ob sie es richtig entschieden haben", so Kräher. Eine Vorsorgevollmacht sei wichtig, damit ein naher Angehöriger Entscheidungen für den Kranken treffen kann. Damit könne auch eine gesetzliche, vom Gericht bestellte Betreuung vermieden werden, falls der Betroffene seine Entscheidungen nicht mehr selbst treffen und kommunizieren kann. Besonders wichtig sei es für unverheiratete Paare, dass alles schriftlich geregelt sei.


Trauerbegleitung

Mitarbeiterinnen im stationären Hospiz und im ambulanten Hospizdienst unterstützen Ehepartner oder auch Kinder in ihrer Trauer. In der Ausstellung sind einige Buchempfehlungen zu sehen. Kindern hilft es auch, etwas selbst zu gestalten, etwa einen bunt bemalten Stein. Wichtig zu wissen: Kinder trauern anders als Erwachsene, sagt Angela Kräher. Sie springen in die Trauer hinein und wieder heraus, als wäre es eine Regenpfütze. So können sie im einen Moment scheinbar sorglos spielen und im anderen tief in ihrer Trauer versunken sein.


Ambulante Hospizdienste

Ehrenamtliche Mitarbeiter besuchen und begleiten schwerstkranke Menschen und deren Angehörige zu Hause, im Pflegeheim, im Krankenhaus und im Hospiz. Sie hören zu, lesen vor, gehen mit spazieren, singen im Hospizchor. Eine Voraussetzung ist ein Befähigungskurs. Kontakt stationäres Hospiz: Katja Meusel und Kerstin Pönisch, 037292/ 658413. Ambulanter Hospizdienst: Betina Reinsch und Anja Pfeiffer, 037292/654888.


Pflege und Sanitätshäuser

Auch das gehört manchmal zum Alltag eines schwerkranken Menschen: Hilfsmittel wie eine Bettpfanne werden gebraucht, wenn man nicht mehr auf Toilette gehen kann. Für Sterbende, die nicht mehr ausreichend trinken können, ist auch eine gute Mundpflege wichtig. Befeuchtete Stäbchen oder Eis werden dafür benutzt- und gegebenenfalls darf auch ein Tröpfchen Sekt auf das Wattestäbchen. "Eine gute Patientenbeobachtung ist wichtig", sagt Sozialarbeiterin Pönisch. Im Mittelpunkt steht der Betroffene und das, was ihm gut tut.


Bestattungen

Für Angehörige ist es hilfreich, zu wissen, welche Art von Beerdigung man sich wünscht. Die Mitarbeiter des Hospizes haben sogar schon erlebt, dass jemand seine eigene Traueranzeige geschrieben hat. Viele verdrängen das Thema aber auch, sagt die Sozialarbeiterin. Oder sie seien von der Krankheit so überrumpelt, dass keine Zeit bleibt.


Familie und Zugehörige

Die engsten Freunde und Verwandten geben Kraft und sind ein wichtiger Teil des Netzes, das in der Ausstellung im Hospiz symbolisch dargestellt wird.


Erinnerung

Die Tasse mit dem Sprung, der abgenutzte Schreibtisch - solche vertrauten Gegenstände bringen Menschen manchmal mit, wenn sie für die letzten Tage oder Wochen ihres Lebens ins Hospiz ziehen. Und immer häufiger auch ein Smartphone, um Fotos anzuschauen. Kerstin Pönisch: "Es hilft, sich in schöne Erinnerungen zu flüchten."


Stationäre Hospize

Auch in Leisnig, Chemnitz und Dresden gibt es stationäre Hospizangebote für schwerstkranke Menschen.

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