Sämtliche Stolpersteine in Zeitz herausgerissen - Bürgermeisterin findet klare Worte
Die Tat in Zeitz unweit von Leipzig sorgt für einen Schock: Dort wurden sämtliche Stolpersteine aus dem Pflaster gebrochen und gestohlen. Was jetzt dort passiert.
Zeitz.Sie sind klein, quadratisch und erinnern an Menschen, die in der Nazi-Zeit etwa deportiert, ermordet oder vertrieben wurden: Stolpersteine. Zehn Stück davon gab es in Zeitz (Sachsen-Anhalt) nahe Leipzig. Nun sind sie alle verschwunden.
Wie die 33.000-Einwohner-Stadt auf ihrer Internetseite mitteilt, wurden die kleinen Gedenksteine in der Nacht auf Montag von Unbekannten herausgerissen und sind seitdem verschwunden. Anzeige wurde erstattet, der Staatsschutz ermittelt.
Bürgermeisterin mahnt: „Angriff auf unsere Demokratie“
Bürgermeisterin Kathrin Weber schockiert der Vorfall. „Vor dem Hintergrund zum Jahrestag des Überfalls der Hamas auf Israel und vor dem Hintergrund, dass hier Gedenkorte geschändet wurden, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, kann man dieses nicht einfach als Diebstahl abtun“, wird Weber zitiert.
Am 7. Oktober 2023 hatten Hamas-Terroristen Israel überfallen, 1200 Menschen getötet und 250 Personen in den Gazastreifen entführt. Israel startete anschließend einen bis jetzt andauernden Militäreinsatz. Seit dem Überfall haben antisemitische Vorfälle in Deutschland stark zugenommen. Vor wenigen Tagen teilte das Bundesinnenministerium mit, dass dieses Jahr bislang 3200 judenfeindliche Straftaten registriert wurden – eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Mit Blick auf die Verfolgungen in der NS-Zeit sowie den Hamas-Überfall im vergangenen Jahr könne man „eine solche Tat nicht verstehen und muss diese als politisch motiviert und als Angriff auf unsere Demokratie betrachten“, so Weber.
Spendenkonto für neue Stolperseine eingerichtet
Die Stadtverwaltung hätten Anrufe und Mails der Zeitzer Bürger erreicht, in denen diese fragen, wie sie helfen könnten, damit die gestohlenen Stolpersteine neu angefertigt und an gleicher Stelle wieder eingelassen werden können.
Der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU), habe bereits ein entsprechendes Spendenkonto eingerichtet, und bittet um Spenden. Nicht benötigte Spendengelder kämen demnach dem Simon-Rau-Zentrum in Weißenfels zugute, um die Erinnerungsarbeit an die ehemaligen jüdischen Gemeinden im Burgenlandkreis zu unterstützen.
An diese NS-Opfer erinnerten die Steine
In Zeitz erinnerten die Stolpersteine an diese Einwohner:
- Siegfried Fürst (*1889), ermordet 1942 im KZ Auschwitz
- Bertha-Pess Mendelsohn (*1870), ermordet 1944 im Ghetto Theresienstadt
- Emma Esther Anna Mendelsohn (*1888), starb 1940 in Halle
- Siegfried Mendelsohn (*1892), ermordet 1942 im KZ Majdanek
- Gustav Baruch Flörsheim (*1894), ermordet 1943 im KZ Auschwitz
- Hilda Flörsheim (*1891), ermordet 1941 in Riga
- Ingeborg Flörsheim (*1923), ermordet 1943 im KZ Auschwitz
- Auguste Lewy (*1867), ermordet 1943 im KZ Auschwitz
- Hermann Blumenthal (*1875), 1938 Flucht nach Belgien, dort ermordet 1940
- Lydia Blumenthal (*1868) ermordet 1942 in Auschwitz
Seit den 90er Jahren verlegt der Künstler Gunter Demnig die kleinen Gedenksteine. Im Mai 2023 setzte er in Nürnberg den 100.000. Stolperstein. (phy)