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Die „Chemnitzer Hütte“ ist von Mitte Juni bis Mitte Oktober geöffnet, verfügt über 60 Betten und wird nach wie vor gern von Wanderern angesteuert.
Die „Chemnitzer Hütte“ ist von Mitte Juni bis Mitte Oktober geöffnet, verfügt über 60 Betten und wird nach wie vor gern von Wanderern angesteuert. Bild: Roland Gruber
Sachsen
„Chemnitzer Hütte“ & Co.: Italiener wollen deutsche Hütten-Namen in Südtirol abschaffen

Die Chemnitzer, Zwickauer, Regensburger, Kasseler oder Magdeburger Hütte bieten Wanderern und Bergsteigern seit mehr als 100 Jahren Zuflucht und Schutz in den Bergen: Doch jetzt will der Alpenverein Südtirol einige von ihnen umbenennen. Deren deutscher Name soll verschwinden.

Bozen, Chemnitz.

Im größtenteils deutschsprachigen Südtirol tragen viele Berghütten noch immer deutsche Namen. Das geht auf das 19. Jahrhundert zurück, als Südtirol noch zum österreichischen Tirol gehörte und die Menschen in den deutschen und österreichischen Städten begannen, sich für den Alpinismus zu begeistern.

Viele der Hütten, die heute noch Wanderern und Bergsteigern Schutz bieten, wurden damals von Sektionen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (DuÖAV) erbaut und deshalb auch oft nach deutschen Städten benannt. Die „Chemnitzer Hütte“ zum Beispiel wurde 1880 zwar von der Sektion Taufers des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (DuÖAV) als Nevesjochhütte errichtet, einige Jahre später aber aus finanziellen Gründen an die DuÖAV-Sektion Chemnitz abgetreten. Die Sektion Chemnitz errichtete dann 1895 neben der alten Hütte einen Neubau, der ebenfalls den Namen „Chemnitzer Hütte“ trug. Als Südtirol später Italien zugesprochen wurde, blieben die deutschen Namen erhalten. Nur teilweise wurden sie durch italienische Bezeichnungen ergänzt, aber nicht komplett ersetzt. Das will der Alpenverein Südtirol (AVS) jetzt ändern.

Alpenverein Südtirol: Deutsche Namen nicht mehr zeitgemäß

Die Hütten mit den deutschen Namen sollen nun Namen italienischer Regionen bekommen, wie italienische und deutsche Medien übereinstimmend berichten. Zu den bekanntesten Hütten mit deutschem Namen in Südtirol gehören die Chemnitzer, Regensburger, Magdeburger, Kasseler, Bonner, Coburger, Stettiner, Kölner, Zwickauer, Marburger und Düsseldorfer Hütte.

„Diese Namen sind nicht mehr zeitgemäß“, wird AVS-Vizepräsidentin Ingrid Beikircher vom Südtiroler Nachrichtenportal „stol.it“ zitiert. In der Juni-Ausgabe des AVS-Magazins „Berge erleben“ erklärte sie, dass Namen wie Regensburger Hütte oder Magdeburger Hütte keine Verbindung zum Gebiet hätten. „Schutzhütten sollten nach dem Standort, der Gegend oder der alpinen Lage benannt werden. Das wäre dann auch mit der italienischen Übersetzung stimmig.“ So sei zum Beispiel bereits im Gespräch, etwa die Kasseler Hütte in Anlehnung an den dortigen Berg in Hochgallhütte umzubenennen.

Vom Deutschen Alpenverein bekomme der AVS durchaus Unterstützung, sagte Beikircher dem italienischen Staatssender RAI: „Der Deutsche Alpenverein sieht das sehr positiv, weil dann eine Identität geschaffen wird zwischen dem Ort, wo die Hütten stehen, und dem Land Südtirol, dem sie jetzt gehören.“

Heftige Debatte um Namen

Südtirol ist bei den Deutschen als Urlaubsziel nach wie vor sehr beliebt. Mit 41,1 Prozent sind sie die größte Touristengruppe dort. Einige Südtiroler Politiker laufen wohl auch deshalb Sturm gegen den Vorschlag des Alpenvereins. Otto Mahlknecht von der Partei „Freiheitlichen“, die Juniorpartner in der Südtiroler Landesregierung ist, sagte dem italienischen Staatssender RAI: „Wer heute meint, dass Bezeichnungen wie Chemnitzer Hütte oder Marburger Hütte nicht mehr zeitgemäß seien, ignoriert nicht nur die Geschichte des Alpinismus, sondern betreibt eine fragwürdige Identitätspolitik auf dem Rücken historischer Verdienste.“ Laut Mahlknecht gibt es bis heute einen regen Austausch zwischen den deutschen Sektionen und den Pächtern. Es sei enttäuschend, dass nun auch noch suggestiv unterstellt werde, die deutscher Seite habe kein Interesse mehr an den Hütten.

Auch der Südtiroler Heimatbund (SHB) hat kein Verständnis für die Pläne. „Es ist ein grotesker Widerspruch: Man will geschichtlich nach den Erbauern entstandene Namen löschen, aber gleichzeitig hält man an einem Namen wie ‚Antonio Locatelli‘ fest – einem Fliegeroffizier, der am verbrecherischen Krieg gegen Äthiopien beteiligt war“, wird SHB-Obmann Roland Lang auf der Webseite des Heimatbundes zitiert. Gleichzeitig warnt der SHB davor, die jahrzehntealte geschichtliche Verwurzelung vieler Hüttenbezeichnungen leichtfertig zu kappen. „Namen wie ‚Regensburger Hütte‘ oder ‚Düsseldorfer Hütte‘ sind Ausdruck der alpinen Erschließungsgeschichte und Teil unserer kulturellen Identität“, ist auf der Webseite zu lesen. (juerg)

© Copyright Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG
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