„Grenze der Integrationsfähigkeit erreicht“: Kretschmer fordert Obergrenze von 30.000 Flüchtlingen pro Jahr
Am zweiten Tag der Ministerpräsidentenkonferenz in Leipzig war Michael Kretschmer im ARD-Morgenmagazin zugeschaltet - und äußerte sich zum Thema Migration.
Leipzig.Seit Mittwoch läuft die Ministerpräsidentenkonferenz in Leipzig. Gastgeber ist Sachsens Staatschef Michael Kretschmer (CDU). Hauptthema des Treffens ist die ungelöste Migrationskrise. Im ARD-Morgenmagazin (MOMA) forderte Kretschmer, die Obergrenze für Migranten in Deutschland nochmals deutlich zu reduzieren.
„Wir brauchen endlich einen Asylfrieden“, hatte Kretschmer vor dem Treffen in Leipzig angemahnt. Gegenüber MOMA-Moderator Till Nassif konkretisiert er am Donnerstagmorgen: „Wir haben in den vergangenen zehn Jahren so viele Menschen aufgenommen, Schutz gegeben. Aus der Ukraine, aber auch aus vielen anderen Ländern.“ Man habe die Grenze der Integrationsfähigkeit mehr als erreicht – oder überschritten.
„Und das sage nicht ich“, so Kretschmer, „sondern das sagen diejenigen, die vor Ort die Arbeit leisten, die sich um Integrationskurse kümmern, die Kinder in Kindergärten und Schulen aufnehmen sollen, und es sagt letzten Endes auch die Bundesinnenministerin, die im Hinblick auf die Kriminalität, die wir haben, sagt, wir können derzeit unsere Regeln so nicht mehr durchsetzen, wir brauchen eine Reduzierung der Migration.“
Obergrenze: Erst 200.000, dann 60.000 - nun 30.000
Kretschmer will die Obergrenze für Migranten deutlich reduziert sehen. Im vergangenen Jahr sprach er von 200.000 Menschen pro Jahr, im März von 60.000. Nun fordert er eine Obergrenze von 30.000. „Wie glaubwürdig sind solche Forderungen von Ihnen, wenn sie die Zahl praktisch immer beliebig nach unten korrigieren?“, will Moderator Nassif wissen.
Sachsens Ministerpräsident verweist auf die Realität im Land: „In der Zeit der unmittelbaren Flüchtlingskrise, 2014, 2015, 2016, da haben wir tatsächlich über 200.000 Menschen pro Jahr gesprochen, aber wir haben eben eine Million Menschen aufgenommen in dieser Zeit. Wir haben über 1,2 Millionen Menschen aus der Ukraine aufgenommen und auch das vergangene Jahr war wieder die größte Zahl seit 2016.“ Auch in diesem Jahr würden es wieder 200.000 sein. „Und deswegen müssen wir uns miteinander klar werden: Was können wir leisten?“
Es gehe darum, eine niedrige zweistellige Zahl in den Zehntausendern zu erreichen. „Deutschland wird immer Menschen Schutz geben. Deutschland wird immer ein Recht auf Asyl haben. Aber wir müssen diejenigen sein, die entscheiden, wer zu uns kommt.“ Die Zahl müsse auch abbilden, was Deutschland noch in der Lage sei, zu leisten: „In der aktuellen Situation müssen es wenige Zehntausende sein. Das muss unser Ziel sein, das müssen wir erreichen.“
Wird das Recht auf Asyl ausgehebelt?
Einwurf Nassif: Damit würde das individuelle Recht auf Asyl ausgehebelt. Dafür müsse Deutschland nicht nur das Grundgesetz ändern, sondern aus vielen internationalen Verträgen aussteigen, etwa aus der Genfer Flüchtlingskonvention - im schlimmsten Fall sogar aus den EU-Verträgen. Der ARD-Mann will wissen: „Wären Sie denn bereit, diesen Weg zu gehen, damit man die Flüchtlingszahlen in Deutschland reduziert?“
Kretschmer kontert: „Die Frage ist, was uns am wichtigsten ist. Und für mich ist der gesellschaftliche Zusammenhalt in der Bundesrepublik Deutschland ein ganz zentraler Punkt.“ Der 49-Jährige verweist auf Länder wie Polen, Dänemark und Österreich. „Andere Länder, die auch große Demokratien sind in der Europäischen Union, haben längst erkannt, dass es so nicht weitergeht. Und ich glaube, dass es Deutschland ist und dass wir als Demokraten es sein müssen, die Vorschläge machen, die machbar sind.“
Das hieße nicht, dass wenn man hierzulande die Zahl der Schutzsuchenden reduziere, man sich nicht weiter vernünftig um Menschen kümmere, die in Not sind oder sich in den Herkunftsländern engagiere. „Nein, wir müssen Schutz organisieren und Unterstützung geben in den Herkunftsländern, das ist die sinnvollere Aufgabe, als Menschen hier nach Deutschland zu holen, wo wir die Möglichkeiten der Integration derzeit so in dem Umfang nicht haben“, so Kretschmer. (phy)