15 Euro schon ab 2026 oder nicht: Die Mindestlohnkommission wird das diesen Freitag bekanntgeben. CDU und SPD sind sich uneins. Sachsens Arbeitgeber haben sich unterdessen schon festgelegt.
Der Mindestlohn soll steigen. 15 Euro pro Stunde stehen ab dem kommenden Jahr im Raum. Zentausende Sachsen hätten dadurch mehr Geld im Portemonnaie: Laut Pestel-Institut würden allein in der Stadt Chemnitz 31.000 Menschen davon profitieren. Allein sie hätten dadurch über rund 17,3 Millionen Euro pro Jahr Kaufkraft.
Ende Juni soll neuer Mindestlohn feststehen
An diesem Freitag will die Mindestlohnkommission nun ein Ergebnis vorlegen, wie aus einer Einladung der Bundespressekonferenz hervorgeht. Wie zu hören ist, sollen Gewerkschaften und Arbeitgeber in dieser Kommission aber noch deutlich auseinander liegen. Ob sie sich auf einvernehmlich auf 15 Euro verständigen, ist daher fraglich.
Sachsens IHK-Präsidenten: Eine kaum verkraftbare Zusatzbelastung
Derzeit liegt der Mindestlohn bei 12,82 Euro pro Stunde. Sachsens Arbeitgeber warnen aber vor einer deutlichen Erhöhung. Die Wirtschaft im Freistaat sei schon seit Jahren in der Krise, viele Unternehmen kämpften mit zu hohen Energiekosten und einem zurückhaltenden Konsum, heißt es dazu in einem Statement der sächsischen Industrie- und Handelskammern (IHK). Eine Mindestlohnerhöhung auf 15 Euro sei eine Steigerung um 17 Prozent. „Das würde insbesondere für ostdeutsche Betriebe eine kaum verkraftbare Zusatzbelastung bedeuten.“ Gesamtmetall-Chef Oliver Zander: 15 Euro wären ein Anstieg in nur zehn Jahren von über 76 Prozent. „Damit können die Tariflöhne nicht Schritt halten.“
Arbeitgeber: Kostensteigerungen gefährden Zukunftsinvestitionen
Der Chemnitzer IHK-Präsident Max Jankowsky verweist auf den „im europäischen Vergleich“ bereits schon hohen Mindestlohn, insbesondere wenn man die kaufkraftbereinigten Einkommens- und Produktivitätsunterschiede berücksichtigte. Gerade die Industrie in den neuen Bundesländern sei aber von einer dichten Zulieferer-Struktur geprägt, sagt Jankowsky. „Diese Komponentenhersteller könnten steigende Preise meist nicht an ihre Abnehmer weitergeben und verlieren dann Spielräume, um in Zukunftsinnovationen zu investieren.“ Das könne Betriebsexistenzen gefährden.
Mindestlohnerhöhungen hätten Auswirkungen auf die gesamte Lohnstruktur der Betriebe, so die sächsischen IHK. „In Verbindung mit den ohnehin hohen Lohnnebenkosten wird arbeitsintensive Tätigkeit immer weniger wettbewerbsfähig. Die betriebliche Kostenbelastung steigt – und mit ihr steigen langfristig auch die volkswirtschaftlichen Folgekosten.“
Sachsens Handwerk: Mindestlohnerhöhung macht vieles teurer
Auch das sächsische Handwerk ist besorgt. Eigentlich ist die Mindestlohnkommission politisch unabhängig. Doch schon einmal hatte die Politik ausnahmsweise per Gesetz entschieden und 2022 so ein Versprechen der damaligen Kanzlerpartei SPD verwirklicht. Auch 2023 kam es zum Eklat: Da schlug sich die Kommissionsvorsitzende Christiane Schönefeld auf die Seite der Arbeitgeber, verhinderte dadurch einen noch höheren Mindestlohn.
Sachsens Handwerk fürchtet daher, dass sich die Politik dieses Mal erneut einmischen könnte, sollte die Mindestlohnkommission nicht zu einer einvernehmlichen Entscheidung kommen. Es fordert daher von der Bundesregierung, sich stattdessen darum zu kümmern, „dass die Lohnnebenkosten sinken und somit handwerkliche Produkte und Leistungen für Verbraucher bezahlbar bleiben.“
Sachsens Handwerkstag-Präsident Uwe Nostiz rechnet vor: „Mit jeder Lohnerhöhung kommen nicht nur höhere Lohnnebenkosten auf Arbeitgeber zu, sondern auch Arbeitnehmer müssen wegen überproportional steigender Abzüge mehr Steuern und Abgaben entrichten. Immerhin 42 Prozent einer Mindestlohnerhöhung, so haben Experten errechnet, gehen aktuell für Steuern und Abgaben drauf.“ Zugleich werde oft verschwiegen, dass ein deutlich höherer Mindestlohn auch für Verbraucher vieles teurer mache, – so beim Friseur, beim Bäcker, in der Gastronomie.
CDU und SPD sind sich uneins
Die SPD hatte im zurückliegenden Bundestagswahlkampf eine Orientierung der Lohnuntergrenze an EU-Vorgaben gefordert, nach denen der Mindestlohn mindestens 60 Prozent des mittleren Einkommens erreichen solle. „Dementsprechend muss der Mindestlohn spätestens ab 2026 bei 15 Euro liegen“, heißt es im SPD-Wahlprogramm vom Januar.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte schon vor langem konstatiert, dass aus seiner Sicht 15,27 Euro je Stunde für 2026 „ein angemessener Mindestlohn“ auf Basis der EU-Vorgaben seien. Der Sozialverband Deutschland forderte die Kommission zu einem Mindestlohn von 15,12 Euro auf, wie die Vorsitzende Michaela Engelmeier der Deutschen Presse-Agentur sagte. Sie verlangt von der Koalition, einzugreifen, falls die Kommission die EU-Vorgaben für 60 Prozent des mittleren Lohns nicht berücksichtige.
Kommt es nun zum Krach in der Koalition?
SPD und Union legen ihren gemeinsamen Koalitionsvertrag in Bezug auf die Erhöhung des Mindestlohns anscheinend unterschiedlich aus. Während die SPD den Mindestlohn bereits 2026 auf 15 Euro pro Stunde erhöhen will, sagte CDU-Chef Friedrich Merz kürzlich, dass man möglicherweise erst 2027 auf diesen Betrag komme. In ihrem Wahlprogramm hatten die Unionsparteien klargestellt: „Einen politischen Mindestlohn lehnen wir ab.“
Sollte die Mindestlohnkommission sich nicht einigen, dürfte es in der Union daher nicht viele Fürsprecher für eine deutliche Erhöhung per Gesetz geben. Absehbar ist also, dass es neuen politischen Zündstoff für die Koalition geben wird, wenn die Mindestlohnkommission ihr Ergebnis vorlegt. (juerg/dpa)