Rückzug von Ryanair aus Sachsen: Werden Flüge jetzt noch teurer?
Ryanair will Sachsen nicht mehr anfliegen. Auch andere Airlines kappen Tausende Verbindungen zu deutschen Flughäfen. Warum viele Fluglinien inzwischen einen Bogen um Deutschland machen - und womit die Passagiere jetzt rechnen müssen.
Dresden/Leipzig.Schlechte Nachrichten für Urlauber oder Geschäftsreisende in Sachsen: Der Billigflieger Ryanair hat angekündigt, dass er sich von den Flughäfen in Dresden und Leipzig/Halle zurückziehen will. Insgesamt streicht die Airline 22 Verbindungen ab Deutschland, darunter ab dem kommenden Sommer die von Leipzig/Halle nach London. Die Strecke von Dresden nach Mallorca wollen die Iren schon ab dem 1. November 2024 nicht mehr bedienen. Den Flughafen Dortmund will Ryanair ebenfalls nicht mehr anfliegen. In Hamburg und Berlin-Brandenburg wird die Airline zudem ihr Angebot ziemlich ausdünnen.
Eurowings und Condor haben bereits nachgezogen. Auch diese beiden Airlines werden ab dem Sommer 2025 mehr als 1000 Flüge von und nach Hamburg aus dem Programm nehmen. Die Lufthansa-Tochter Eurowings wird zudem Köln-Bonn nicht mehr ansteuern.
Das sagt Sachsens Flughafen-Chef zum Streichkonzert
„Mit der Ankündigung von Ryanair setzen sich die ernüchternden Nachrichten über die Lage des Luftverkehrs in Deutschland fort“, sagt Götz Ahmelmann, Chef der beiden sächsischen Airports. „Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die Flughäfen und die Regionen Leipzig, Halle und Dresden.“ Das sächsische Wirtschaftsministerium spricht vor allem mit Blick auf den Wegfall der direkten Anbindung der Messestadt Leipzig an die Metropole London von einem „bedauerlicher Verlust für den Wirtschafts- und Tourismusstandort Sachsen“.
So hoch sind die Steuern und Gebühren in Deutschland
Alle drei Airlines begründen die Ausdünnung ihres Angebots in Deutschland mit den im Vergleich zu anderen europäischen Ländern übermäßig hohen Steuern und Gebühren. Der Flughafenverband ADV hat nachgerechnet: Demnach sind in Deutschland für einen Kurz- oder Mittelstreckenflug mit einem Airbus 320-20 an Luftverkehrsteuer, Luftsicherheitsgebühren und Flugsicherungsgebühren für An- und Abflug durchschnittlich 3545 Euro fällig. In den europäischen Nachbarländern kostet das die Unternehmen im Schnitt nur 1298 Euro, also fast dreimal weniger. Ähnlich groß ist der Kostenunterschied auch bei Langstreckenflügen mit einer Boeing 787-9. In Deutschland summieren sich da die Kosten laut ADV im Schnitt auf 17.991 Euro, während es bei den Nachbarn nur 4392 Euro sind.
Staat treibt die Kosten in die Höhe
Die Fluggesellschaften schauen ganz genau auf den Anteil der staatlich verursachten Kosten am Ticket-Preis, den sie erzielen können. Deutschland liegt da europaweit an der Spitze. Die staatlichen Steuern und Gebühren für den Luftverkehr haben sich nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) in Deutschland seit 2020 annähernd verdoppelt. Nach BDL-Berechnungen summieren sie sich dort für einen typischen Mittelstreckenflug innerhalb Europas inzwischen auf durchschnittlich rund 30 Euro pro Ticket und Passagier. In Paris sind es demnach etwa 22,50 Euro, in Rom 14,50 Euro, in Madrid 4,50 Euro und in Dublin nur 1,60 Euro. Da ist es für die Fluglinien lukrativer, Starts und Landungen ins benachbarte Ausland zu verlagern, weil sie dort zu etwa gleich hohen Ticketpreisen wie in Deutschland deutlich höhere Renditen erzielen.
Dabei soll die Luftsicherheitsgebühr, die bei den Durchsuchungen von Passagieren und deren Gepäck anfällt, sogar noch angehoben werden. Deren maximale Höhe soll 2025 von zehn auf 15 Euro steigen. Die Luftverkehrssteuer ist in Deutschland hingegen schon im vergangenen Mai erhöht worden. Je nach Ziel der Reise liegt sie zwischen 15,53 und 70,83 Euro pro Ticket. Diese Kosten geben die Anbieter in der Regel an die Passagiere weiter.
Ryanair-Chef: Deutsche Politik ist irrational
Ryanair hatte im August bereits gedroht, das Angebot in Deutschland zu kürzen, sollte die Regierung nicht die erhöhte Luftverkehrssteuer zurücknehmen. Ryanair-Chef Eddie Wilson bezeichnete die Politik der Bundesregierung als „irrational“. Die Regierung nehme an, der Markt für Luftverkehr in Deutschland könne wachsen, obwohl dieser immer weniger konkurrenzfähig sei. BDL-Zahlen belegen das. Deutschland fliegt hinterher. Das Sitzplatzangebot lag im ersten Halbjahr 2024 nur bei 83 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau des Jahres 2019. In den anderen EU-Staaten waren es hingehen 110 Prozent. ADV-Chef Ralph Beisel warnt: „Wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig. Irgendwann ist das Fass einfach voll. Das Ergebnis sehen wir jetzt und die Spirale wird sich weiterdrehen.“
Neue Umweltauflagen werden Kerosin teurer machen
Für deutsche Urlauber und Geschäftsreisende bedeutet das nichts Gutes. Denn verringert sich das Flugangebot, steigen die Ticketpreise. Viele Strecken werden inzwischen ohnehin nur noch von einer Fluggesellschaft angeflogen. Das heizt die Ticketpreise weiter an. Zudem sollen ab 2025 neue Umweltauflagen der Europäischen Union greifen. Sie verlangt dann neben dem bereits bestehenden Emissionshandel eine steigende Beimischung nachhaltig produzierten Kerosins (SAF), beginnend mit einem Anteil von zwei Prozent. Biogenes SAF wird unter anderem aus Speiseölresten hergestellt und ist rund viermal so teuer wie herkömmliches Kerosin. Das wird Fliegen noch einmal teurer machen.
Bundesverkehrsminister will Kosten drücken
Sachsens Airport-Chef, die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, die Verbände ADV und BDL fordern daher von der Ampelregierung eine Absenkung der hohen staatlichen Steuern und Gebühren. Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will jetzt die Kosten drücken. „Wir müssen jetzt ein deutliches Signal an die Branche senden, den Luftverkehr in Deutschland zu stärken“, zitiert ihn die „Bild“. „Dazu arbeitet mein Haus an einer Lösung, um den Anstieg der Flugsicherungsgebühren in den kommenden Jahren zu begrenzen. Und wir werden uns auch in anderen Bereichen die Standortkosten genau anschauen.“ (juerg)