Seltene Mordfliegen in Sachsen aufgespürt
Sie galten in Sachsen über 100 Jahre lang als ausgestorben: Nun haben Insektenkundler dort aber mehrere Raubfliegen-Arten wiederentdeckt.
Bad Schandau.Raub-, Mord- oder Wolfsfliegen - das klingt nicht nur gefährlich. Sie sind es auch. Denn sie sehen zwar oft wie harmlose Stubenfliegen aus. Manche Raubfliegen-Art kann aber im Flug sogar Wespen überwältigen. Die ausgewachsenen Tiere lauen dabei meist an leicht erhöhten Stellen ihrer Beute auf, können mit ihrem Rüssel selbst harte Panzer durchstechen, injizieren ihren Opfern dann einen Cocktail aus Nervengift und Verdauungsenzymen und saugen die erjagten Insekten anschließend wie eine Spinne aus. Die Larven leben hingegen räuberisch in Totholz und ernähren sich überwiegend von Käferlarven.
Nach den Raubfliegen wird in Sachsen schon lange gesucht
Schon seit langem fahnden Insektenkundler und Forscher nach diesen Raubfliegen auch in Sachsen. Nun haben sie Im Elbsandsteingebirge einige Arten aufgespürt, die dort seit mehr als 100 Jahren als ausgestorben gelten.
Ausgestorben geglaubte Arten wiederentdeckt
„Seit knapp zehn Jahren führen Insektenkundler ehrenamtlich Erfassungen zu den Raubfliegen im Nationalpark Sächsische Schweiz durch“, teilten Sachsenforst und die Nationalpark- und Forstverwaltung am Mittwoch mit. Schon 2017 habe Tommy Kästner dabei die Rotbeinige Mordfliege (Choerades rufipes) in Sachsen nachweisen können.
2023 habe Ralf Britz dann die Große Mordfliege (Laphria gibbosa) im Elbsandsteingebirge aufgespürt, die vorher dort seit 50 Jahre nicht mehr gesichtet worden sei - und schließlich hätten Ronny Gutzeit und Jörg Lorenz im selben Jahr auch noch die Zinnober-Mordfliege (Choerades ignea) und Tommy Kästner und Ronny Gutzeit die Karminrote Mordfliege (Choerades gilva) wiederentdeckt, nachdem diese beiden Arten im Elbsandsteingebirge fast 100 Jahre nicht mehr aufgefunden werden konnten.
Weitere Mordfliegen-Arten in der Sächsischen Schweiz in diesem Sommer nachgewiesen
Jetzt aber haben Raubfliegenkundler aus ganz Deutschland, die in diesem Sommer nach diesen Insekten im Nationalpark Ausschau gehalten haben, drei weitere verschollene Arten neu entdeckt - und zwar die Fransen-Mordfliege (Choerades fimbriota), die Kleine Mordfliege (Choerades femorata) und eine Schlankfliegenart (Leptogaster guttiventris).
Elbsandsteingebirge für Erhalt der Raubfliegen sehr wichtig
„Viele der im Nationalpark gefundenen Arten kommen in Sachsen nur noch an wenigen anderen Stellen vor“, sagt Experte Tommy Kästner. „Die Rotbeinige Mordfliege lebt in Sachsen nur im Nationalpark, die Große Makelfliege scheint im Nationalpark sogar ihr deutschlandweit letztes Vorkommen zu haben.“ Für den Insektenkundler ist das ein Beleg dafür, dass der naturbelassene Nationalpark Sächsische Schweiz für Insektenarten, die auf Totholz angewiesen sind, überlebenssichernd ist.
Allerdings mache der Klimawandel auch vor dem Elbsandsteingebirge nicht halt. So hätten Raubfliegenarten, die ein kälteres Gebirgsklima bevorzugen, dort nicht nachgewiesen werden können. Von ihnen fehle dort weiterhin jede Spur. Diese Arten werden auch in der Anfang 2025 erscheinenden neuen Roten Liste der Raubfliegen als deutschlandweit „vom Aussterben bedroht“ oder „stark gefährdet“ eingestuft bleiben. (juerg)