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Manipulierte Wahlzettel sind in Dresden aufgetaucht. Die Polizei ermittelt.
Manipulierte Wahlzettel sind in Dresden aufgetaucht. Die Polizei ermittelt. Bild: obert Michael/dpa
Sachsen
03.09.2024

Stimmen zugunsten der rechtsextremen „Freien Sachsen“ gefälscht: Betrug weitet sich aus

Unbekannten Tätern ist es in Dresden gelungen, bei der Landtagswahl Stimmabgaben zugunsten der „Freien Sachsen“ zu fälschen. Nun sind in weiteren Wahlbezirken Manipulationen entdeckt worden.

Dresden.

Nach der Landtagswahl in Sachsen hat die Polizei Ermittlungen eingeleitet. Bei der Briefwahlauszählung seien in mehreren Dresdner Wahlkreisen manipulierte Stimmzettel festgestellt worden, teilte Polizeisprecher Thomas Geithner am Dienstagnachmittag mit. „Unbekannte hatten das von Briefwählern gesetzte Kreuz auf dem Stimmzettel überklebt und durch ein Kreuz bei der Partei ,Freie Sachsen‘ ersetzt.“

Die Fälschungen betreffen bislang ausschließlich Briefwahl-Stimmzettel und wurden nach bisherigen Ermittlungen offenbar von einem Täter oder einer Tätergruppe begangen. „Die Tatbegehungsweise ist bei allen Stimmzetteln gleich“, so Geithner. Bislang wurden 130 gefälschte Stimmzettel gefunden.

Alle Dresdner Briefwahlstimmen sind am Sonntag in zwei zentralen Wahllokalen ausgezählt worden. In einem davon, dem Beruflichen Schulzentrum (BSZ), entdeckten Wahlhelfer merkwürdig aussehende Zettel und meldeten diese, wie die „Sächsische Zeitung“ zuerst berichtete.

Die Dresdner Wahlbehörde bestätigte der „Freien Presse“ am Dienstag, dass zwei Wahlbezirke im Dresdner Norden, zu denen der Stadtteil Langebrück gehört, betroffen sind. Der Verdacht der Wahlmanipulation betreffe die Wahlbezirke 36011 und 36012.

Rechtsextremisten schnitten in dem Wahlbezirk auffallend gut ab

Im Wahlbezirk 36012 schnitten die „Freien Sachsen“ auffallend gut ab. Dort erreichten sie mit 59 Direktstimmen und 60 Listenstimmen jeweils 10,2 Prozent. Insgesamt kam die Kleinstpartei bei der Landtagswahl auf 2,2 Prozent.

Wegen der Manipulationen sei am Montag Strafanzeige erstattet worden. Wegen der Ermittlungen will sich der Dresdner Wahlleiter Markus Blocher derzeit nicht zu den Vorfällen äußern, so ein Stadtsprecher. Unabhängig von der Strafanzeige laufe die vorbereitende Wahlprüfung, schreibt die Wahlbehörde. Über das Ergebnis der Prüfung und die Anzahl ungültiger Stimmzettel entscheide am Donnerstag der Kreiswahlausschuss in öffentlicher Sitzung.

Nach ersten Ermittlungen der Dresdner Polizei übernimmt nun das Landeskriminalamt - Abteilung Staatsschutz - den Fall. Inzwischen sind weitere 14 Fälschungen außerhalb Dresdens in Radeberg sowie einzelne Manipulationen, verteilt über die Landeshauptstadt, aufgetaucht.

„Freie Sachsen“ bestreiten Beteiligung, AfD-Politiker sieht „große Wahlfälschung“ zulasten seiner Partei

Die „Freien Sachsen“ bestreiten, etwas damit zu tun zu haben und mutmaßen im Messengerdienst Telegram über eine linke Sabotage-Aktion oder einen „völlig verunglückten“ Unterstützungsversuch. „Weit über 50.000 Sachsen haben ihr Kreuz bei uns gesetzt.“ Der AfD-Landtagsabgeordnete André Wendt spricht hingegen von einer „großen Wahlfälschung“ zum Nachteil der AfD. Alle Stimmen in Sachsen sollen demnach überprüft oder neu ausgezählt werden, forderte Wendt.

Der Landeswahlleiter prüft die Vorgänge nun „hinsichtlich der wahlrechtlichen Auswirkungen“. Und die könnten weitreichend sein, etwa, wenn die ursprünglich legitim abgegebenen und durch die Fälscher manipulierten Stimmen im Ergebnis für ungültig erklärt werden. Sollte sich der Verdacht bestätigen, könne das passieren, heißt es aus dem Dresdner Rathaus.

Über Konsequenzen entscheide der Landeswahlausschuss Ende nächster Woche, so das Büro des Landeswahlleiters. Über „Bedenken gegen die ordnungsgemäße Durchführung des Wahlgeschäfts“ und angezeigte Entscheidungen befänden zuvor die Kreiswahlausschüsse.

Fälschungen könnten entlang des Postwegs erfolgt sein

Aus Ermittlerkreisen heißt es, dass die Manipulation theoretisch entlang des gesamten Wegs vom Einwurfbriefkasten über das Postverteilzentrum bis zur Wahlurne erfolgt sein könnte. Das schlösse auch direkt im Rathausbriefkasten eingeworfene Stimmen ein.

Als Tatverdächtige kommen damit unter anderem Kurierfahrer, Postmitarbeiter , Briefträger oder städtische Angestellte in Frage. Einige Stimmzettel stammten aus einem Seniorenheim. Das bedeute aber nicht, dass dort Personal involviert gewesen sein könnte. Dafür ist die Verteilung über das Stadtgebiet inzwischen zu großflächig. „Wenn jetzt noch mehr aufploppt, dann sind wir in einem ganz anderen Film“, so ein Insider. Dann wäre das organisierte Wahlfälschung mit genauen Anleitungen.

Die gefundenen Stimm-Fälschungen seien ausschließlich zugunsten der „Freien Sachsen“ erfolgt. Dafür hatten der oder die Täter Stimmen für den amtierenden Landtagsfraktionschef der CDU, Christian Hartmann, sowie weiterer Kandidaten so professionell überklebt, dass die Manipulation zunächst nicht auffiel. Der „Freie Sachsen“-Kandidat Dietmar Grahl erzielte im Wahlkreis 40 insgesamt 1,3 Prozent der Direktstimmen, ein Ergebnis, das nun mindestens zweifelhaft erscheint. (juerg/two/mit dpa)

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