Chemnitz. Dr. Maximilian von Feilitzsch behandelt seit mehr als 20 Jahren Menschen mit krankhaftem Übergewicht. Am Mittwochabend erklärte er in Chemnitz beim „Freie Presse“-Leserforum, was von Abnehmspritzen zu halten ist. Was müssen Betroffene wissen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Jeder vierte Erwachsene in Sachsen ist zu dick und schafft es nicht, abzunehmen. Sind Abnehmspritzen eine gute Alternative, Gewicht zu reduzieren?
Die bekanntesten Medikamente Ozempic und Wegovy wurden ursprünglich für die Behandlung von Diabetes Typ 2 entwickelt. Die Gewichtsreduktion ist ein positiver Nebeneffekt, der nun gezielt herbeigeführt wird. "Es ist aber ein Irrglaube zu denken: Gut, nun spritze ich mich einmal in der Woche und ansonsten lebe ich einfach weiter wie bisher. So wird niemand auf Dauer Gewicht verlieren", sagte Dr. Maximilian von Feilitzsch am Mittwochabend beim Leserforum der "Freien Presse" in Chemnitz. Auch mit den Medikamenten müsse man bereit sein, den eigenen Lebensstil zu ändern, um Adipositas, also krankhaftes Übergewicht, zu behandeln - hin zu gesünderem, bewusstem Essen und mehr Bewegung. "Adipositas ist eine chronische Erkrankung. Will man längerfristig Erfolge erzielen, müssen Symptome sowie Ursachen behandelt werden", so der Mediziner.


Was sind die Gründe dafür, dass Menschen eine Adipositas entwickeln?
Als eine der wichtigsten Ursachen sieht Maximilian von Feilitzsch die allgemeine Entwicklung hin zu einem adipogenen Lebensstil - mit unregelmäßigen Arbeitszeiten, Stress und zunehmender Belastung in Job und Familie. "Oder setzen Sie sich jeden Tag dreimal in Ruhe zusammen an den Tisch und essen?" Früher hätten viele Menschen einen Garten bewirtschaftet und die eigene Ernte verarbeitet. "Heute im Überangebot der Supermärkte fällt es oft schwer, gesunde von ungesunden Lebensmitteln zu unterscheiden", so der Arzt. Wenn dann noch genetische Faktoren oder Vorerkrankungen dazukommen, könne sich schnell eine Adipositas entwickeln. "Dahinter steckt der sogenannte Set-Point-Mechanismus. Jeder Körper strebt ein bestimmtes Gewicht an, bei dem er funktioniert und sich wohlfühlt", sagte er. Bei einer Adipositas komme es zu einer Verschiebung des Set-Points in einen zu hohen Bereich, gleichzeitig verringere sich die Toleranz von Gewichtsveränderungen. "Das führt dazu, dass bei einer fortgeschrittenen Adipositas eine dauerhafte Abnahme faktisch nicht mehr möglich ist, da der Organismus dagegen steuert. Der Körper arbeitet quasi gegen sich selbst", erklärte von Feilitzsch. Daher falle es vielen Menschen extrem schwer, abzunehmen.
Welche Abnehmspritzen gibt es und wie wirken diese?
Ozempic und Wegovy sind die bekanntesten Medikamente. Sie enthalten den Wirkstoff Semaglutid. Die Wirkung kann man sich ungefähr so vorstellen: Das Esszentrum benötigt vom Körper stets eine Rückmeldung, wie viel Energie reinkommt und wie viel herausgeht. Das läuft über Nervenleitungen und Hormone. Die Spritzen enthalten künstlich hergestellte Hormone, die in diesen Prozess eingreifen. "Kurz gesagt wird dem Gehirn signalisiert, dass man satt ist. Außerdem wird die Magenleerung verlangsamt und es wird mehr Insulin ausgeschüttet. Der Blutzuckerspiegel normalisiert sich, sodass Diabetiker teilweise auf Insulin verzichten können", sagt Feilitzsch. Daneben gibt es die Spritze Mounjaro mit dem Wirkstoff Tirzepatid. Auch hier wird das Hungergefühl reduziert und die Verdauung verlangsamt.


Kann jeder die Abnehmspritzen bekommen?
Nein. Sowohl Ozempic als auch Wegovy und Mounjaro sind in Deutschland für die Behandlung von schwer einstellbarem Diabetes Typ 2 zugelassen. Die Krankenkassen übernehmen in dem Fall die Kosten. Wegovy und Mounjaro sind inzwischen aber auch für die Behandlung von Adipositas zugelassen. Die gebräuchlichste Formel zur Bewertung des Körpergewichts ist der Body Mass Index (BMI). Er ergibt sich aus dem Verhältnis des Gewichts in Kilogramm und der Körpergröße in Metern zum Quadrat. Ab einem BMI von 30 gelten Patienten als adipös. Dann können die Medikamente zum Einsatz kommen. Oder ab einem BMI von 27, wenn Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck vorliegen. "Die Krankenkassen werten den reinen Einsatz zur Gewichtsabnahme jedoch als "Lifestyle Medikament", Patienten müssen die Kosten in dem Fall selbst tragen", sagt Feilitzsch.
Wie viel Gewicht kann ich durch Abnehmspritzen verlieren?
Nach bisherigen Erkenntnissen können Patienten mit Ozempic und Wegovy bis zu zehn Prozent ihres Gewichts verlieren. "Immer vorausgesetzt, sie sind zusätzlich bereit, ihren Lebensstil zu ändern, insbesondere das Ess- und Bewegungsverhalten", sagte Feilitzsch. Den größten Erfolg verspricht bislang das Medikament Mounjaro. Hier liegt der durchschnittliche Gewichtsverlust bei 16 bis 20 Prozent. "Wichtig zu wissen ist: Sobald das Medikament abgesetzt wird, lässt die Wirkung nach. Das heißt, viele Adipöse müssten es dauerhaft einnehmen, um ihr Gewicht zu halten."
Was sind die Gründe dafür, dass Menschen eine Adipositas entwickeln?
Als eine der wichtigsten Ursachen sieht Maximilian von Feilitzsch die allgemeine Entwicklung hin zu einem adipogenen Lebensstil - mit unregelmäßigen Arbeitszeiten, Stress und zunehmender Belastung in Job und Familie. "Oder setzen Sie sich jeden Tag dreimal in Ruhe zusammen an den Tisch und essen?" Früher hätten viele Menschen einen Garten bewirtschaftet und die eigene Ernte verarbeitet. "Heute im Überangebot der Supermärkte fällt es oft schwer, gesunde von ungesunden Lebensmitteln zu unterscheiden", so der Arzt. Wenn dann noch genetische Faktoren oder Vorerkrankungen dazu kommen, könne sich schnell eine Adipositas entwickeln. "Dahinter steckt der sogenannte Set-Point-Mechanismus. Jeder Körper strebt ein bestimmtes Gewicht an, bei dem er funktioniert und sich wohlfühlt", sagte er. Bei einer Adipositas komme es zu einer Verschiebung des Set-Points in einen zu hohen Bereich, gleichzeitig verringere sich die Toleranz von Gewichtsveränderungen. "Das führt dazu, dass bei einer fortgeschrittenen Adipositas eine dauerhafte Abnahme faktisch nicht mehr möglich ist, da der Organismus dagegen steuert. Der Körper arbeitet quasi gegen sich selbst", erklärte von Feilitzsch. Daher falle es vielen Menschen extrem schwer, abzunehmen.


Was kosten die Spritzen und wer zahlt das?
In der Regel werden die Medikamente nur dann von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt, wenn sie medizinisch notwendig sind - etwa zur Behandlung von Diabetes. Als Regelversorgung bei Adipositas werden sie nicht übernommen, sondern müssen von den Patienten selbst bezahlt werden. Und das ist nicht ganz billig. Ozempic und Wegovy werden einmal pro Woche gespritzt - je nach Dosierung liegen die Kosten pro Dosis für Ozempic bei rund 40 Euro, bei Wegovy bei rund 70 Euro. Bei der Monatsdosis von Mounjaro muss man mit bis zu 470 Euro rechnen.
Welche Nebenwirkungen gibt es?
"Vor allem zu Beginn der Einnahme und wenn im Laufe der Therapie die Dosis erhöht wird, kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Magenkrämpfen und Problemen mit dem Magen-Darm-Trakt kommen. Auch eine deutliche Vermehrung von Gallensteinen wird beobachtet", sagte von Feilitzsch. Da die Medikamente erst seit etwa drei Jahren gezielt für die Gewichtsreduzierung eingesetzt werden, fehlt es zudem an verlässlichen Langzeitstudien. "Wir wissen noch nicht, welche Folgen es für Patienten haben kann, wenn sie ihr Leben lang diese Medikamente spritzen", so der Mediziner.


Wirken die Spritzen bei jedem Übergewichtigen?
Nein, bei einigen Patienten bringen die Abnehmspritzen nicht die gewünschten Erfolge. In den medizinischen Leitlinien zur Behandlung von Adipositas heißt es dazu: Die medikamentöse Therapie sollte nur fortgesetzt werden, wenn ein Patient innerhalb von zwölf Wochen mehr als fünf Prozent seines Gewichts verloren hat.
Welche Behandlungsmöglichkeit für Adipositas gibt es?
"Ich empfehle jedem Patienten, sich in einem Adipositas-Zentrum beraten zu lassen", sagte Maximilian von Feilitzsch. Er selbst leitet das Adipositas-Zentrum am Heinrich-Braun-Klinikum (HBK) in Zwickau. Daneben gibt es sechs weitere in Sachsen - jeweils zwei in Leipzig und Dresden, in Freital und in Chemnitz. "Wir arbeiten multimodal. Das heißt, wir kombinieren verschiedene Behandlungsansätze. Neben einer Therapie mit umfassender Lebensstilveränderung gehören die Vorbereitung und Durchführung eines chirurgischen Eingriffs dazu sowie eine umfassende Nachsorge der Patienten. Besonders wichtig ist auch die psychologische Begleitung", erklärte Feilitzsch.
Der Mediziner ist seit 2017 Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Minimalinvasive Chirurgie am Heinrich-Braun-Klinikum (HBK) in Zwickau.
Der 50-Jährige leitet am HBK seit 2021 das Kompetenzzentrum für Adipositas und Metabolische Chirurgie, das er mitaufgebaut hat.
Von Feilitzsch beschäftigt sich seit 2004 mit Fragen rund um Adipositas. Vor seiner Zeit in Zwickau hat er das Adipositas-Zentrum an der Universitätsklinik Tübingen geleitet.