Nach Heimdebakel gegen Verl: FC Erzgebirge Aue setzt Cheftrainer Dotchev vor die Tür
Der Abschied zum Saisonende war bereits beschlossene Sache. Nun hat der Fußball-Drittligist die Trennung vorgezogen. Ausschlaggebend war die 2:5-Heimpleite gegen den SC Verl.
Aue.Der desolate und mitunter peinliche Auftritt des FC Erzgebirge Aue bei der 2:5-Heimniederlage gegen den SC Verl am Samstagnachmittag hat Konsequenzen nach sich gezogen. Wie der Fußball-Drittligist am Sonntagvormittag mitteilte, trennt sich der Verein aufgrund der „bedenklichen sportlichen Entwicklung in den zurückliegenden drei Monaten mit nur elf Punkten aus zwölf Spielen“ mit sofortiger Wirkung von Cheftrainer Pavel Dotchev.
Das Aus zum Saisonende war bereits beschlossene Sache, aufgrund der letzten Ergebnisse aber sah sich die Vereinsführung nun gezwungen, die Trennung vorzuziehen. „Wir haben auch nach vier Niederlagen in Folge an Team und Trainerstab geglaubt. Die jüngsten Leistungen und Ergebnisse sprechen allerdings eine deutliche Sprache. Aus den vergangenen sieben Heimspielen wurden nur sieben Zähler geholt, im Vorjahr waren wir noch beste Heimmannschaft. Uns fehlt aktuell die Überzeugung, in dieser Konstellation die Trendwende zu schaffen, dauerhaft in die Erfolgsspur zurückzukehren und unsere ambitionierten Ziele zu erreichen“, wird Sportgeschäftsführer Matthias Heidrich in einer Vereinsmitteilung zitiert.
Sinneswandel über Nacht
Wenngleich es nach dem blamablen Heimauftritt absehbar war, dass die Vereinsführung Konsequenzen ziehen könnte, äußerte der Sportchef am Samstagabend zunächst noch andere Worte gegenüber den Pressevertretern. „Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass wir mit Pavel in die beiden kommenden Auswärtsspiele gehen”, sagte Heidrich, der über die Darbietung der Veilchen verärgert war und von einem „Scheißtag” sprach: „Von der ersten bis zur 94. Minute waren wir einfach schlecht. Wir haben in der Höhe und in der Art und Weise absolut verdient verloren.”
Pavel Dotchev selbst, der in drei verschiedenen Amtszeiten 171-mal als Cheftrainer der Veilchen an der Seitenlinie stand, den FC Erzgebirge einst in die 2. Bundesliga führte (2015/2016), den Verein schließlich vor dem Abstieg in die Bedeutungslosigkeit rettete (2023), in der 3. Liga stabilisierte und trotz geringer finanzieller Mittel zu einem Aufstiegsaspiranten entwickelte, erklärte noch am Samstag, stets die Energie zu verspüren, die Trendwende einleiten zu können. „Solange ich auf dem Platz stehe bin ich voller Energie und mit Spaß bei der Arbeit. Ich weiß, dass die Spieler voll hinter mir stehen und wir in der Lage sind, aus dieser Situation herauszukommen.“
Trainersuche läuft, Emmerich und Susac übernehmen interimsmäßig
Die Vereinsverantwortlichen sahen das nun anders. Solange die Sportliche Leitung nach einem Nachfolger sucht, übernehmen die beiden Co-Trainer Jörg Emmerich und Adam Susac das Zepter im Lößnitztal. Bereits am Sonntagvormittag verabschiedete sich Pavel Dotchev von der Mannschaft, wie es in einer Vereinsmitteilung heißt. Der Fußballlehrer selbst erklärt: „Es war mir eine Ehre, für den Kumpelverein tätig zu sein. Nicht zufällig war ich dreimal hier und blicke in meiner bisherigen Trainerlaufbahn auf die meisten Spiele für Aue zurück. Ich habe sehr viele tolle Menschen kennen- und schätzengelernt. Mein Dank gilt den Fans, den Mitarbeitern, dem Staff und natürlich der Mannschaft für erfolgreiche und emotionale Jahre.“
Vereinspräsident Roland Frötschner verabschiedete sich mit folgenden Worten von dem langjährigen Coach: „Wir rechnen Pavel Dotchev sehr hoch an, dass er in einer sehr schwierigen Phase 2022 die Verantwortung übernommen hat. In drei Amtszeiten als Trainer und Sportdirektor hat er den Fußball im Erzgebirge zweifellos maßgeblich geprägt und sich als Ehrenmann auch um das Ansehen unseres Clubs verdient gemacht. Schon deshalb hätten wir alle uns ein anderes Ende der Zusammenarbeit gewünscht.“ Beiden wurde nicht das beste Verhältnis zueinander nachgesagt.
Fans zwiegespalten
Die Anhänger des FC Erzgebirge sind geteilter Meinung hinsichtlich der Personalie Pavel Dotchev. Einige kritisieren die Vereinsführung und hadern damit, sich eine unnötige Baustelle aufgemacht und die Werte des Kumpelvereins verletzt zu haben. Andere wiederum hatten schon seit Wochen und Monaten das Ende der Dotchev-Ära gefordert und den Cheftrainer für die sportliche Ergebniskrise ausgemacht, begrüßen deshalb die Entscheidung der Clubriege.
Am Samstag zeigte sich ein ähnliches Bild. Unter der mit 5713 Zuschauern verhältnismäßig kleinen Kulisse im Erzgebirgsstadion gab es Anhänger, die die Nase schon zehn Minuten vor Spielende gestrichen voll hatten, ihr Sitzkissen unter den Arm klemmten und aus dem Stadion dampften. Andere wiederum blieben bis zum Schluss, um ihren Unmut mit Pfiffen und verbalen Ausbrüchen gegenüber der Mannschaft und dem Trainer kundzutun. Die aktive Fanszene versuchte indes, die Kritiker zu übertönen, sang lautstark weiter und signalisierte Zusammenhalt und Unterstützung – auch in schlechten Zeiten.