Nach zurückgezogener Berufung: FC Erzgebirge Aue gewinnt Rechtsstreit gegen Ex-Geschäftsführer Voigt
Michael Voigt wurde im Dezember 2022 von seinen Aufgaben beim Fußball-Drittligisten FC Erzgebirge Aue entbunden. Dagegen klagte er – und verlor. Doch damit nicht genug.
Chemnitz.Michael Voigt war als kaufmännischer Geschäftsführer elf Jahre lang für die Finanzen des FC Erzgebirge Aue zuständig. Nachdem Vereinspräsident Helge Leonhardt, mit dem er gemeinsam eine Ära des Vereins prägte, den Rücktritt erklärt hatte, trat er im September 2022 aus dem Vorstand aus. Geschäftsführer blieb er. Doch Voigt fehlte daraufhin krankheitsbedingt monatelang. Am 13. Dezember 2022 entband der FCE den heute 52-Jährigen mit sofortiger Wirkung. Voigt reichte gegen seine Kündigung Klage ein.
Nachdem eine Güteverhandlung scheiterte, kam es am 14. Juni 2023 zu einem Kammertermin am Chemnitzer Arbeitsgericht – wegen des Vorwurfs einer außerordentlichen Kündigung. Die Klägerseite forderte eine Abfindung in Höhe von 250.000 Euro sowie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, der Verein hingegen lehnte ab. Voigt habe die Pflichten als Finanzvorstand und kaufmännischer Geschäftsführer verletzt, nannte zudem konkrete Vorwürfe. Die Konsequenz: das Chemnitzer Arbeitsgericht wies die Klage zurück. Voigt legte Berufung ein, weshalb es zur Verhandlung am Landesarbeitsgericht kam. Nun das Ergebnis: Am 10. September 2024 – vor einer Woche – zog Voigt seine Berufung zurück. Der FC Erzgebirge Aue hat den Rechtsstreit gewonnen. Das Landesarbeitsgericht bestätigte dies der „Freien Presse“ bereits am Montagabend auf Anfrage. Doch wie kam es dazu?
Verein lehnt Vergleich ab
Dr. Peggy Atanassov, Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht und Pressesprecherin, teilte mit, dass beteiligte Parteien im Rahmen einer mündlichen Verhandlung am 22. August einen widerruflichen Vergleich geschlossen hätten – also einen Vergleich, der innerhalb kurzer Zeit widerrufen werden darf. Genau das tat der FCE. Voigt zog seine Berufung daraufhin zurück, womit das Urteil aus erster Instanz bestätigt wurde. Die Entscheidung: „Der beklagte Verein ist nicht verpflichtet, den Kläger weiter als kaufmännischen Geschäftsführer zu beschäftigen, auch nicht bis zum Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist.“
„Freie Presse“-Informationen zufolge lehnte der FC Erzgebirge Aue die Vergleiche immer wieder ab, da die finanzielle Schieflage des Clubs im Jahr 2022 im Wesentlichen auf das Handeln des kaufmännischen Geschäftsführers zurückzuführen sei. Noch heute besitze der Verein keinerlei Handlungsspielraum für Vergleiche, weshalb auch letzterer im August widerrufen wurde.
Voigt erhielt 223.000 Euro durch Sondervereinbarungen
Bereits bei dem Kammertermin im Juni des vergangenen Jahres in Chemnitz wurde deutlich, welcher Schaden am Verein entstanden war. Durch Sondervereinbarungen habe Voigt unter den Vereinspräsidenten Bernd Keller (2009–2014) und Helge Leonhardt (2014–2022) im Laufe der Jahre insgesamt 223.000 Euro erhalten, letztmals eine Überweisung von 48.000 Euro unmittelbar vor Leonhardts Rücktritt. „Freie Presse“-Informationen zufolge geschah dies fast zeitgleich, während der Verein ein Darlehen in Höhe von 500.000 Euro aufnehmen musste, um die Zahlungsfähigkeit zu sichern. Der Vorsitzende Richter sagte damals: Es sei nicht Voigt, der hier kritisiert werden müsse, sondern damalige Präsidenten, die die Vereinbarungen getroffen hatten. Nichtsdestotrotz: Aufgrund weiterer Verfehlungen wurde Voigt gekündigt – und das rechtens.
Droht ein weiteres Verfahren?
Das Verfahren ist beendet. Voigt muss als Kläger die Kosten tragen. Die Höhe bestimmt sich nach dem Gerichtsgebührenstreitwert, ist aber nach Auskunft des Gerichts noch nicht festgesetzt. Die Gebühren des erstinstanzlichen Verfahrens liegen nach Anfrage beim Arbeitsgericht bei 1126 Euro. Damit ist auch der Rechtsstreit beendet, oder nicht?
Wohl nicht. Denn „Freie Presse“-Informationen zufolge klagt Voigt, in seiner gesamten Amtszeit keinen Urlaub genommen zu haben. Dieser Anspruch belaufe sich auf 143.000 Euro. Ein Vergleichsangebot liege bei 34.000 Euro. Der Verein wollte sich nicht zu den Verfahren äußern.