Womit der FC Erzgebirge Aue nach der Niederlage in Hannover hadert
Die 1:2-Auftaktniederlage zum Drittliga-Restart hat dem neuen Trainer recht gegeben: Härtel und der FC Erzgebirge Aue benötigen Zeit.
Hannover.Wer vor dem Drittliga-Rückrundenauftakt die Worte Jens Härtels verfolgte und zwischen den Zeilen las, dürfte geahnt haben, dass den FC Erzgebirge Aue eine schwere Aufgabe bei der Zweitligareserve von Hannover 96 erwarten würde. Nach einer lediglich zweiwöchigen Vorbereitungszeit wollte der neue Cheftrainer der Veilchen gegenüber Medienvertretern keine Prognose abgeben, wie weit seine Mannschaft bereits imstande sei, seine Spielidee und Vorgaben umzusetzen. „Das ist ein Prozess“, hatte Härtel gesagt und zudem mehrfach betont: „Das geht nicht von heute auf morgen.“
Dass Härtel Recht behalten sollte, stellte das Freitagabendspiel unter Beweis. 25 Minuten war es seiner Mannschaft gelungen, die Intensität auf den Platz zu bringen, die sich der Trainer vorstellt. Daraus resultierte eine starke Anfangsphase, belohnt mit einem frühen Führungstreffer und einigen weiteren Chancen, den Vorsprung auszubauen. Dies aber glückte nicht. Das zehnte Saisontor des Auer Topstürmers Marcel Bär, der eine punktgenaue Hereingabe von Verteidiger Linus Rosenlöcher per Kopf verwandelte (10.), blieb das einzige der Lila-Weißen im extrem nebligen Hannover.


Ärger über Standardgegentore: „All die Dinge, die wir vorher thematisiert haben“
Denn anschließend fehlten dem FC Erzgebirge einige Prozente, die es gebraucht hätte, um den Gegner über die gute Anfangsphase hinaus zu dominieren und den Vorsprung auszubauen. „Wenn wir das bis zur Halbzeit so durchgezogen und diese Intensität auf den Platz gebracht hätten, hätten wir zur Pause höher führen können, wenn nicht sogar müssen“, sagte Torschütze Bär nach Abpfiff. Fortan fehlten im Spiel mit dem Ball die Tiefenlaufwege, zu oft leisteten sich die Veilchen zudem in der Folge Stoppfehler, weshalb die schnellen, quirligen Hannoveraner in die Partie fanden.
Zu allem Überfluss kassierten die Erzgebirger prompt die Quittung – und das ausgerechnet durch einen Standard. Sowohl im Trainingslager als auch in den letzten Einheiten vor der Auswärtsaufgabe in Hannover legte das Trainerteam viel Wert auf Standardsituationen und ließ diese nicht nur ausüben, sondern wertete die Trainingsaktionen mithilfe von Videoanalysen sogar aus. Dennoch kam in der 32. Spielminute Stefano Marino völlig freistehend per Kopf zum Abschluss. Zwar hätte das Tor aufgrund einer Abseitsstellung nicht zählen dürfen, viel mehr aber ärgerte Härtel das Abwehrverhalten: „Das sind all die Dinge, die wir im Vorfeld thematisiert, in dieser Szene aber nicht gut gemacht haben und dafür bestraft werden.“
Ersatzgeschwächt und dann noch in Unterzahl: „Das kann er lassen“
Das Pflichtspieldebüt des neuen Aue-Trainers hätte ohnehin nicht ärgerlicher verlaufen können. Vor Anpfiff bereits musste Härtel seine Matchpläne teils über den Haufen schmeißen, als sich mit Ali Loune, Rechtsverteidiger Pascal Fallmann, dem mit sieben Vorlagen bislang besten Assistgeber der Liga, und Mirnes Pepic, dem in der Hinrunde laufstärksten aller Drittligaprofis, drei wichtige Stammspieler krank abmeldeten. „So etwas habe ich auch noch nicht erlebt, dass am Spieltag drei Leute mit einem Schlag ausfallen und noch einmal herumexperimentiert werden muss“, sagte Härtel, dem noch weitere Akteure fehlten, nach Spielende: „Es war schon ein bisschen auf der letzten Rille.“


Ersatzgeschwächt und mit U19-Nachwuchsspielern auf der Bank, musste Härtels Mannschaft dann noch in Unterzahl spielen. Kilian Jakob hatte binnen zweieinhalb Minuten (57., 59.) zweimal die Gelbe Karte gesehen und war daraufhin vom Platz geflogen. „Die erste Karte war schon extrem dumm. Es war ein Foul, er bekommt dafür keine Gelbe, fängt trotzdem an zu diskutieren und schießt den Ball weg. Das kann er lassen, das ist ärgerlich“, urteilte Härtel. Denn die Veilchen kassierten in Unterzahl den 1:2-Gegentreffer durch Keanu Brandt (71.) und so die erste Pflichtspielniederlage unter dem neuen Trainer. Die Erkenntnis: Die Veilchen und Härtel benötigen noch viel Zeit – und eventuell den einen oder anderen Neuzugang.