Zwischen Familienleben und Fußball: Aue-Profi Seitz im Kampf zurück zur Topform
Omar Sijaric und Sean Seitz haben keine einfache Zeit hinter sich. In den letzten Monaten aber sind beide wieder im Kommen. Geholfen haben sie sich gegenseitig.
Belek.Über das halbe Feld rennt er frei auf das gegnerische Tor zu, bleibt vor dem herauseilenden Keeper eiskalt und legt den Ball am Schlussmann vorbei ins Netz. Sean Seitz erzielte den frühen Führungstreffer im ersten Testspiel des FC Erzgebirge Aue unter der Leitung von Cheftrainer Jens Härtel – ein für den Schützen extrem wichtiges Tor, mit dem er seine aufsteigende Formkurve bestätigte.
„Da ist eine Last von mir abgefallen, weil ich eine wirklich schwere Zeit hatte“, sagt Sean Seitz, der bereits am 14. Dezember beim 6:4 in Sandhausen ein Tor verbuchen konnte und den Führungstreffer im Test gegen den SSV Ulm verhältnismäßig stark bejubelte. Er rannte in Richtung Eckfahne, rutschte auf den Knien und hielt seinen Finger an den Kopf. Der Jubel sprach Bände. Denn der Außenspieler wirkte monatelang verkopft und verunsichert, schien sich zu viele Gedanken zu machen, woraufhin seine Leistungen auf dem Feld ausblieben. Seit ein paar Monaten aber läuft es wieder beim gebürtigen Karlsruher: „Ich habe einfach meinen Kopf ausgeschaltet und mir gesagt: ‚Okay. Ich geh‘ jetzt ins Training und versuche, wieder der alte Seani zu sein, der ich mal war.‘ Von Training zu Training habe ich mich entwickelt, habe wieder mit den einfachen Grundlagen angefangen und bin so meiner Topform wieder einen Schritt näher gekommen“, sagt Sean Seitz: „Ich fühle mich wieder ganz gut.“
Im Sommer 2023 war er von den Veilchen vom Regionalligisten VfR Aalen ins Erzgebirge gelotst worden und zeigte prompt gute Leistungen, schoss zu Beginn der Spielzeit 2023/24 wichtige Treffer, u. a. beim Heimsieg gegen Sandhausen, als er in den Anfangsminuten den Ball sehenswert aus der Distanz in den Winkel schlenzte. Momente wie diese wurden mit der Zeit allerdings seltener. Seitz verlor zwischendurch seinen Stammplatz, konnte lange nicht überzeugen. Insbesondere zu Beginn der laufenden Spielzeit kam der Fußballer lediglich zu Kurzeinsätzen. Doch was war los bei dem Rechtsfuß, der in der Vorsaison immerhin acht Scorerpunkte sammelte, als er fünf Treffer erzielte und drei weitere vorbereitete?
Auf einmal Jungvater: Mit nur 22 Jahren ist er Vater geworden, das stellte sein Leben offenbar etwas auf den Kopf. „Ich bin jung, so früh Vater zu werden, das ist schon eine große Verantwortung. Es ist eine Komplettumstellung“, sagt Sean Seitz. „Aber ich würde sagen, diese Umstellung ist mir sehr, sehr gut gelungen und es fühlt sich sehr gut an, Vater zu sein.“ Sein kleiner Junge hält ihm und seine Partnerin seitdem ganz schön auf Trab, denn früh ins Bett geschickt zu werden, gefällt ihm offenbar nicht. Erst gegen zehn Uhr abends schlafe der Sohn ein, erzählt Seitz, der mit seiner Freundin schon in wenigen Wochen erneut Familienzuwachs erwartet: „Meine Freundin ist nochmal hochschwanger. Jetzt kommt bald die Tochter.“ Ende Januar sei es so weit, dann ist die Familie komplett. „Es war nicht geplant. Aber ich bin sehr dankbar, ein Mädchen zu bekommen. Es war immer ein Traum, einen Sohn und eine Tochter zu haben.“ Sowohl seine Freundin als auch sein Sohn halfen ihm, aus der schweren sportlichen Zeit herauszukommen.
Aber auch seine Mitspieler, insbesondere Omar Sijaric, waren für ihn da und unterstützten den jungen Spieler. „Jeder weiß, dass Omar und ich echt sehr, sehr gute Freunde sind. Ich bin wirklich dankbar, dass ich jemanden wie ihn kennenlernen durfte“, sagt Seitz. Beide sind nicht nur beste Freunde, sondern auf derselben Position beheimatet und zudem gleichermaßen leidgeplagt. Beide starteten gut in die Vorsaison, kamen dann zur selben Zeit in ein Formtief, in dem sie monatelang stecken blieben, es aber wiederum zum selben Zeitpunkt – vor zwei, drei Monaten – aus diesem herausschafften. „Es ist schon ein bisschen zum Lachen, dass es zum selben Zeitpunkt bei uns wieder begann, gut zu laufen. Aber ich würde sagen, lieber so als gar nicht“, sagt Seitz, der deutlich macht, wie stark die Freundschaft beider ist: „In Sandhausen habe ich fast Tränen in den Augen gehabt, weil ich mich so für Omar gefreut habe. Wir machen so gut wie alles zusammen und haben in der schweren Zeit viel miteinander gesprochen. Jetzt, würde ich sagen, sind wir beide wieder im Kommen.“
Vertrag läuft im Sommer aus: Und beide haben Ziele, nämlich fleißig Scorerpunkte zu sammeln und sich für einen Verbleib im Erzgebirge zu empfehlen. Der Vertrag nämlich läuft zum Saisonende aus. „Ich fühle mich echt sehr wohl in Aue. Am Ende liegt es an der Vereinsführung, ob sie mich weiter hier haben will oder nicht. Ich lasse alles auf mich zukommen“, erzählt „Seani“, wie er von seinen Teamkollegen genannt wird. Der 22-Jährige hat sich für die Rückrunde unter dem neuen Trainer viel vorgenommen: „Ich will mich weiterentwickeln, noch mehr Spielzeit bekommen, mehr Scorerpunkte als in der Vorsaison erarbeiten und der Mannschaft weiterhelfen“ Seine Freundin, sein Sohn und seine bald geborene Tochter werden ihm sicherlich die nötige Kraft geben, weitere Treffer folgen zu lassen.