Aktion „Leser helfen“ im Vogtland: Emi aus Plauen und die Herausforderungen des Alltags
Emi Lehmann ist seit ihren ersten Lebenswochen stark eingeschränkt. Ohne Rollstuhl geht für die junge Frau gar nichts. Warum ein dafür geeignetes Auto für ihre Familie vieles einfacher machen würde.
Vogtland.Vorweihnachtszeit ist Plätzchen-Zeit. Auch bei Familie Lehmann. Andrea Lehmann hat gleich für mehrere junge Kekshungrige in ihrem Umfeld gebacken. „Aber du musst aufpassen wie ein Schießhund“, betont die 62-Jährige. Denn nicht nur Enkeltöchterchen Mia stibitzt gern schon einmal im Vorfeld die süßen Backwaren. Auch Tochter Emi hat ein Herz für Schokolade. „Dabei hat es die noch gar nicht als Verzierung auf die Kekse geschafft“, betont Andrea Lehmann und versucht den Keksräubern Einhalt zu gebieten. Familienhund Eddi saugt da schon die ersten Krümel vom Boden.
Solche gemeinsamen Nachmittage gibt es regelmäßig bei Andrea Lehmann. Manchmal mit zu viel Trubel für Tochter Emi. Wenn es ihr zu laut wird, zieht sie sich in ihr Zimmer zurück. In der barrierefreien Wohnung im Plauener Ortsteil Neundorf ist das kein Problem. Mit ihrem Rollstuhl kann die 20-Jährige hier überall hin - aber ohne den geht es eben nicht.
Der schwere Start ins Leben
Emi hatte eine schwierigen Start ins Leben. Noch vor der Geburt stellten Ärzte in der 25. Schwangerschaftswoche Einblutungen in die linke Hirnhälfte fest. Dann ging es Schlag auf Schlag. Geburt, Intensivstation. Dort kämpfte das kleine Mädchen zu allem Übel auch noch mit einer Meningokokken-Infektion. Heute liegt Behinderungsgrad liegt bei 100 Prozent.
Trubel, Lärm und Veränderungen umschifft Emi gern. Wen sie nicht gut kennt, dem steht die junge Frau zögerlich gegenüber. Sie beobachtet genau, antwortet knapp. Ein „Ja“ für ‚Das ist schon okay, wenn man in die Zeitung kommt‘. Auch am neuen Ausbildungsplatz in einer Werkstatt der Lebenshilfe Plauen in Preißelpöhl muss sich Emi noch immer eingewöhnen. Seit ihrem Schulabschluss im Sommer arbeitet die 20-Jährige dort. „Aber sie braucht eine Weile, bis sie mit den Menschen warm wird“, sagt Andrea Lehmann. Aufgrund eines kurzzeitigen Wechsels unter den Betreuern der Einrichtung holt sie ihrer Tochter zur Zeit täglich früher aus Preißelpöhl ab. Alles andere wäre zu viel Stress für Emi.
Für Andrea Lehmann heißt das allerdings, die Fahrten auch an den Tagen zu übernehmen, an denen ihre Tochter normalerweise von einem Fahrdienst gebracht wird. Zwar ist der Fiat Doblò der Lehmanns so geräumig, dass neben Familienhund Eddi, Enkelin Mia, Emi und Andrea Lehmann auch noch weitere Personen Platz hätten. Ein behindertengerechtes Fahrzeug ist es aber nicht. Der Rollstuhl passt hinein, allerdings nur ohne Emi. Andrea Lehmann hebt ihre erwachsene Tochter deshalb für jede Fahrt aus dem Rollstuhl auf den Beifahrersitz. „Mithelfen kann Emi mir dabei nicht.“ Im Gegenteil, oft verkrampfe ihre Tochter sich dabei. Dann sei es noch schwieriger. Ein Auto, in das Emi samt Rollstuhl, am besten mit dem großen elektrischen, fahren kann, ist dringend notwendig. Denn ohne Andrea Lehmann geht es nicht. „Wenn ich ausfallen würde, dann müsste wohl die Elterninitiative einspringen“, mutmaßt die 62-Jährige.
Die Elterninitiative im Vogtland unterstützt die Aktion
Petra Roth, Geschäftsführerin der Elterninitiative für Menschen mit Behinderung und deren Familien Vogtland mit Sitz im Plauener Stadtteil Haselbrunn, kennt Emi und ihre Mutter schon lange. „Da die Tochter Pflegegeld erhält, ist die Familie verpflichtet, zweimal jährlich Beratungsbesuche durch einen ambulanten Pflegedienst durchführen zu lassen. Das machen wir seit 2006“, so Roth. Die damalige Wohnsituation der Lehmanns sei nicht gerade ideal gewesen. Barrierefreiheit: Fehlanzeige. Damals bugsierte Andrea Lehmann ihre Tochter samt Rollstuhl zusätzlich auch die Treppen auf und ab.
Dass dank der Aktion „Leser helfen“ für die Lehmanns jetzt eine Chance auf ein barrierefreies Fahrzeug besteht, freut Roth. Die aktuelle Situation sei dauerhaft nicht mehr zu schaffen für die Mutter. Roth ist Gründungsmitglied des Vereins Elterninitiative, den es inzwischen seit 33 Jahren gibt. Schon einige Male hatten Roth und ihre 85 Mitstreiter Tipps gegeben, welche Menschen dringend Hilfe durch die Aktion „Leser helfen“ benötigen. Mit einer Spende können „Freie Presse“-Leser hier zur Mobilität der Familie beitragen. (cbo/sasch)
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