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Gunther Liebers (links) und seinen Bruder Frank (im Foto neben Robin Helmert vom Eisenbahnverein) hat innerhalb weniger Monate ein ähnliches Schicksal ereilt. Nach einem Unfall beziehungsweise nach einer Operation sind sie auf den Rollstuhl angewiesen und können deshalb auch nicht mehr aktiv am Vereinsleben der Modelleisenbahnfreunde teilnehmen. Das könnte sich mit Hilfe der "Leser helfen"-Aktion bald ändern.
Gunther Liebers (links) und seinen Bruder Frank (im Foto neben Robin Helmert vom Eisenbahnverein) hat innerhalb weniger Monate ein ähnliches Schicksal ereilt. Nach einem Unfall beziehungsweise nach einer Operation sind sie auf den Rollstuhl angewiesen und können deshalb auch nicht mehr aktiv am Vereinsleben der Modelleisenbahnfreunde teilnehmen. Das könnte sich mit Hilfe der "Leser helfen"-Aktion bald ändern. Bild: Andreas Seidel
Chemnitz

Spendenaktion "Leser helfen": Worauf Markersdorfer Rollstuhlfahrer hoffen

Nach einem Unfall bzw. Operationen können zwei Brüder nicht mehr allein ihr Leben meistern. Neben den Familien stehen Eisenbahner an ihrer Seite und haben einen Plan.

Markersdorf.

Fünf Stufen sind es, die Gunther und Frank Liebers den Zugang zu ihrer Welt versperren - einer Welt von kleinen Eisenbahnen und fiktiven Landschaften. Dort können sie ihre Seele baumeln lassen, vom Alltagsstress abtauchen. Schon als Kinder waren sie fasziniert von dieser Welt wie andere Gleichgesinnte im Chemnitztal. Und sie bastelten an verschiedenen Schienensträngen, beleuchteten Mini-Häuser und stellten Weichen. "Das ist eine Faszination, die einen ein Leben lang begleitet", sagt Gunther Liebers.

Jeden Mittwochabend traf er sich mit Freunden im Vereinsheim des Modelleisenbahnvereins Markersdorf/Chemnitztal im Museumsbahnhof Markersdorf-Taura. Das alte Getreidelager und spätere Sitz von Sparverein und Bäuerlicher Handelsgenossenschaft (BHG) hatten sich die Bastler zum Vereinsheim umgebaut, mit Schalterraum, Bastelwerkstatt und Schauraum mit einer großen H0-Anlage. Dort verbrachte er bisher unzählige Stunden, um beispielsweise die Landschaft mit Häusern, Felsen und Straßen rund um den Bahnhof Markersdorf-Taura detailgetreu nachzubauen.

Doch vor knapp vier Jahren veränderte ein tragischer Unfall sein ganzes Leben. "Es war am Abend des 29. Januar 2018", erzählt der 68-Jährige. Er wollte zu Bett gehen und stolperte. Er fiel unglücklich auf einen Heizkörper. Dort lag er dann regungslos. "Ich hörte es krachen und dachte zuerst an einen Schlaganfall", sagt Ehefrau Birgit. Doch im Krankenhaus stellten die Ärzte fest, dass das Rückenmark in Höhe des vierten und fünften Halswirbels verletzt war. Nach mehr als einem dreiviertel Jahr Aufenthalt in einer Reha-Klinik in Kreischa kehrte er auf den Rollstuhl angewiesen nach Hause zurück.

Dann überschattete ein weiterer Schicksalsschlag die Familie. Zwei Jahre später fiel sein jüngerer Bruder Frank nach einem internistischen Eingriff ins künstliche Koma. Ein Vierteljahr bangte die Familie um sein Leben. Er überlebte - aber ist heute wie sein Bruder auf den Rollstuhl angewiesen. "Es fing mit einem entzündeten Zeh an. Die Ursache war unklar", erinnert sich der 61-Jährige. Nach einer Blutvergiftung riss die Aorta, also die Hauptschlagader. Es folgten mehrere Operationen. Nach einem Multiorganversagen hing das Leben am seidenen Faden.

Inzwischen haben sich die beiden und ihre Familien mit dem Handicap eingerichtet. "Wir wollen nicht lamentieren", sagt Frank Liebers. Aber gerade an diesen fünf Stufen sehe er, wie sein Leben eingeschränkt, dass er jedes Mal auf fremde Hilfe angewiesen sei. "Alles war früher so selbstverständlich, jetzt bin ich für jeden Fortschritt bei ihm dankbar", sagt seine Frau Kerstin. Sie hat ihren Job aufgegeben, pflegt ihren Mann. "Wenn einer so im Leben stand und jetzt plötzlich im Rollstuhl sitzt, kratzt das schon am eigenen Ego", erzählt sie. Aber sie schaue gemeinsam mit ihrem Mann nach vorn.

Dazu gehört es auch, dass sie und ihre Schwägerin weiterhin dem Verein die Treue halten wollen. "Wir sind alle geimpft", sagt Birgit Liebers. So treffe sich der harte Kern weiterhin im Vereinsheim. Nur Ausstellungen und öffentliche Veranstaltungen könnten wegen der Coronapandemie nicht stattfinden. "Wir vermissen das Vereinsleben sehr", fügt sie hinzu.

Bisher war der Weg über die fünf Stufen zum Hochparterre, wo sich die Vereinsräume befinden, den beiden Rollstuhlfahrern verwehrt. "Wir hatten die Idee, eine Rampe dorthin zu bauen", sagt Robin Helmert von den Eisenbahnfreunden Chemnitztal, die dort auch ihr Domizil haben. Ihr Wunsch, regelmäßig am Vereinsleben teilzunehmen, könnte bei der "Leser helfen"-Aktion der "Freien Presse" Wirklichkeit werden. Über ein passendes Förderprogramm "Lieblingsplätze für alle - Barrierefreies Bauen 2021" seien zudem Fördermittel in Höhe von 25.000 Euro vom Landratsamt Mittelsachsen in Aussicht gestellt worden. Nun müssten noch Spenden gesammelt werden, damit der Eigenanteil in Höhe von 11.350 Euro finanziert werden kann. Der Verein rechnet mit Baukosten von reichlich 36.000 Euro. "Wir haben bereits die alten Treppen abreißen lassen und eine Firma baut zurzeit einen rollstuhlgerechten Aufgang", sagt Helmert. Er hoffe, dass genügend Spendengeld eintrifft, um den Bau finanzieren zu können.

"Wir denken nicht nur an uns", sagt Frank Liebers. Auch Besucher der Ausstellungen mit Rollator, Kinderwagen oder Rollstuhl könnten durch den barrierefreien Aufgang besser zu ihnen gelangen. "Wir sind eine dufte Truppe", sagt Gunther Liebers, der jahrelang Vereinsvorsitzender war. Auch zwei junge Leute hätten in den vergangenen Monaten den Weg zum Verein gefunden. "Ich bin optimistisch, dass wir nächstes Jahr unser 70-jähriges Bestehen richtig feiern können", ergänzt der 68-Jährige. Er kann nur noch eine Hand stark eingeschränkt bewegen. Für die heimische Arbeit am Computer steuert er die Maus des Rechners durch Kopfbewegung. So könne er Schaltpläne für die Modellbahnanlagen erstellen.

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