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"Leser helfen"-Aktion: Wie Lilly und Deborah aus dem Erzgebirge Weihnachten feiern

Heiligabend ist für die meisten ein besonderer Tag - mit Ritualen und Traditionen. Das ist bei den Familien Wohlgemuth und Merten nicht anders. Während sich Lilly sehr auf Oma und Opa freut, war aber lange unklar, ob Deborahs Großeltern kommen können.

Hohndorf/Adorf.

Ein Geschenk wird unterm Tannenbaum fehlen - weil es schon ein paar Tage vor der Bescherung ins Haus kam: Findus. Ein Kater lässt sich schlecht verstecken. So durfte Lilly schon Bekanntschaft mit dem neuen Familienmitglied machen, das sie sich sehr gewünscht hatte. "Momentan gestaltet es sich noch ein bisschen schwierig, da er ja jung und logischerweise total verspielt ist", sagt Lillys Mutter, Anja Merten. "Das ist Lilly manchmal zu wild." Aber Heiligabend wird wohl trotzdem etwas unter dem Baum liegen - zumindest hatte Lilly noch einen Wunsch: eine Wärmedecke. "Sie hatte in der Reha warme Fangopackungen, das hat ihr immer gut getan, darum wollte sie gern etwas Ähnliches", sagt ihre Mutter.

Lilly, die unter Störungen des Nerven- und Muskelsystems leidet, könne es in der Weihnachtszeit nicht erwarten, bis alles geschmückt ist, sie liebe Weihnachtslieder und den Geruch von Räucherkerzen, berichtet Anja Merten. Der Weihnachtsbaum im Wohnzimmer steht bereits seit dem 1. Advent. Das Schmücken macht die Familie traditionell gemeinsam. Lilly hilft, so gut es geht, "indem Papa ihr immer eine Kugel in die Hand gibt und sie diese mir dann weiter gibt", erzählt Lillys Mutter. Das strenge ihre Tochter allerdings an und nach der Hälfte brauche sie eine Pause.

Lillys Vater ist Busfahrer und muss Heiligabend arbeiten. Wenn er 14 Uhr nach Hause kommt, werden auch die Großeltern aus Dessau eintreffen, die bis zum 26. bleiben. Nach dem Kaffeetrinken gehen sie gemeinsam spazieren und dann ist Bescherung. "Wie im Vorjahr mit Weihnachtsmann, das macht ein lieber Arbeitskollege von meinem Mann." Lilly habe im Kindergarten ein Gedicht gelernt, das sie aufsagen möchte. Nach der Bescherung gibt es dann traditionell Kartoffelsalat, Wiener und Bratwurst.

Lillys erwachsene Geschwister kommen am 1. Feiertag, ihr Bruder bleibt bis Sonntag, wenn die Großeltern aus Greiz zu Besuch sind. Anja Merten: "Das genießt Lilly am meisten: die Zeit in Familie, wenn alle zusammen sind." Besuche bei den Großeltern seien im Moment nicht möglich - sie wohnen ja weiter weg, erklärt Anja Merten, und im Auto bekommen sie von Therapie- bis Rollstuhl nicht alles unter, was sie dabei haben müssen. Umso schöner sei es, dass Geschwister und Großeltern Weihnachten da sind, wenn auch nicht alle gleichzeitig. "Ich glaube, sie braucht das dieses Jahr besonders, da sie gerade eine sehr schwierige Phase hat. Ihr werden ihre Defizite immer bewusster, sie ist unzufrieden mit sich und frustriert und kann es eigentlich nicht deuten. Das ist sehr schwer für uns."

Während bei Lilly also sozusagen volles Haus ist, bleibt Familie Wohlgemuth in Adorf Heiligabend unter sich - allerdings ungewollt. Denn Deborahs Mutter Romy Wohlgemuth ist in der Vorweihnachtszeit an Corona erkrankt und die gesamte Familie befand sich in Quarantäne. "Ich habe mich von den anderen abgesondert, liege im Schlafzimmer" erzählt Romy Wohlgemuth wenige Tage vorm Fest am Telefon. Auch wenn sie Heiligabend wieder bei ihrer Familie sein darf, so war diese ohnehin komplizierte Situation für Wohlgemuths besonders schwer. "Nun lastet alles auf meinem Mann - Deborahs Pflege, das Homeschooling von Aaron und Rahel, der Haushalt ..." Auch die Physiotherapeutin dürfe nicht mehr kommen, ebenso andere Helfer. Lediglich die Nachtwache für Deborah, die nach einem tragischen Badeunfall nicht in der Lage ist, sich zu bewegen, zu essen oder zu sitzen, sei weiter im Einsatz. "Das ist im Grunde genau das, was uns den Alltag so schwer macht", sagt Romy Wohlgemuth. "Es kommt immer noch ein Problem on top."

So wird auch Heiligabend anders verlaufen als es eigentlich geplant war. Normalerweise wären Romy Wohlgemuths Eltern gekommen und hätten auch den Festtagsbraten mitgebracht. Das Krippenspiel am Nachmittag, bei dem Aaron und Rahel immer mitwirken, falle coronabedingt allerdings sowieso aus. Auf das habe bislang immer nur einer verzichtet, um auf Deborah aufpassen zu können. "Es wären zu viele Eindrücke für Deborah, das bedeutet Stress für sie und könnte einen Anfall auslösen", sagt ihre Mutter. Ohne die Großeltern wird es nun Heiligabend nur ein einfaches Essen geben, "dann werden wir die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel lesen". Seit zwei Jahren führen Deborahs Geschwister auch immer ein kleines Spiel auf und singen für die anderen. Das eigentliche Weihnachten beginnt für die christliche Familie aber erst am 25. Dezember. So werden die Kinder auch erst am Morgen des 1. Feiertags beschert. Auch wenn nun einiges anders sein wird, das Wichtigste ist für die Familie ohnehin, "zusammen zu sein und eine schöne Zeit zu haben", sagt Romy Wohlgemuth.

Der Verein "Leser helfen" möchte die Familien der beiden Mädchen unterstützen. Bei Deborah werden Spenden gesammelt, um den behindertengerechten Ausbau des künftigen Zuhauses von Familie Wohlgemuth finanzieren zu helfen. Familie Merten bittet um Hilfe für die Anschaffung eines größeren Autos, damit alle Hilfsmittel transportiert werden können und Lilly im Rollstuhl sitzend mitfahren kann.

Einzahlungen auf das Konto des Vereins "Leser helfen": IBAN DE 4787 0962 140 22 44 22 44 0 (mit Stichwort "Lilly" oder "Deborah") beziehungsweise über folgende Internetadresse: www.freiepresse.de/leserhelfen

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