Abo
Sie haben kein
gültiges Abo.
Schließen

Die Alternative zum Pflegeheim

Schon gehört?
Sie können sich Ihre Nachrichten jetzt auch vorlesen lassen. Klicken Sie dazu einfach auf das Play-Symbol in einem beliebigen Artikel oder fügen Sie den Beitrag über das Plus-Symbol Ihrer persönlichen Wiedergabeliste hinzu und hören Sie ihn später an.
Artikel anhören:

Die Grundstücks- und Gebäudewirtschafts GmbH Zschopau lässt vier Wohnungen am Straubeweg umbauen. Das Pilotprojekt im Erdgeschoss des Plattenbaus soll dazu beitragen, Leerstand im Wohngebiet einzudämmen.

Zschopau.

Menschen, die in Pflegeheimen leben, es aber eigentlich nicht müssten, will die Grundstücks- und Gebäudewirtschafts GmbH Zschopau (GGZ) eine Alternative bieten. Das kommunale Unternehmen lässt dazu mehrere Wohnungen im Straubeweg im August-Bebel-Gebiet umbauen. Die Grundrisse der sechs Mini-Wohnungen sind schon erkennbar. Mit barrierefreien Zugängen und extrabreiten Türen werden sie auf die Bedürfnisse von Körperbehinderten zugeschnitten, die zwar auf Pflege und Hilfe im Alltag angewiesen, aber keine direkten Pflegefälle sind.

Geboren wurde die Idee bei Gesprächen über Probleme in Pflegeeinrichtungen wie die Besuchssperren am Anfang der Corona-Pandemie, berichtet GGZ-Geschäftsführerin Kerstin Rümmler. Hinzu kam, dass im Erdgeschoss gleich zwei nebeneinander liegende Wohnungen frei waren. Der Zuschnitt auf dieser Seite des Plattenbaus ist weniger gefragt, weil die Küche kein Fenster besitzt. Eine weitere Wohnung wurde gezielt leergezogen, um Platz für eine Arztpraxis zu reservieren. Schließlich wollte es der Zufall, dass wegen eines Wasserrohrbruchs eine vierte Wohnung auf der Etage frei wurde.

Die neuen Mini-Wohnungen sind mit einem Hotelzimmer vergleichbar: Neben einem Wohnraum mit Bett und Miniküche ist eine Nasszelle mit WC und Dusche integriert. Vier der sechs Unterkünfte besitzen einen Balkon. Zudem können sich die Mieter in einem Gemeinschaftsraum treffen. Neben dem Eingang zum Treppenhaus entsteht ein zweiter Zugang mit einem Lift für Rollstuhlfahrer.

Bis zum Herbst sollte eigentlich alles fertig sein. Aber wegen der angespannten Lage auf dem Handwerkermarkt ist das Projekt in Verzug geraten, sagt GGZ-Mitarbeiterin Lydia Manegold. Spätestens im Dezember sollen die Wohnungen nun bezugsfertig sein. Obwohl die GGZ das Projekt ohne Fördermittel aus eigener Tasche bestreitet, sollen keine Luxusmieten verlangt werden. "Die künftigen Bewohner haben ja oft ein eingeschränktes Einkommen oder empfangen Sozialhilfe. Das müssen wir beachten."

Die Strukturen an die sich ändernden Bedürfnisse der Mietinteressenten anzupassen, gehört zu Strategie der kommunalen Tochtergesellschaft. Kerstin Rümmler: "Für uns ist das ein ganz normaler Vorgang - genauso, wie wir zum Beispiel bei regulären Instandsetzungs- und Sanierungsarbeiten zwei kleine zu einer großen Wohnung umzubauen." Zschopaus Hauptamtsleiterin Nicole Frost spricht dagegen von einem Pilotprojekt, das erweitert werden sollte, wenn es gut läuft und Platz vorhanden ist. Ebenso sieht es die GGZ als ein Puzzlesteinchen in ihrem Bemühen, den Leerstand in Grenzen zu halten und den weiteren Abriss oder Rückbau von Gebäuden im Plattenbaugebiet zu vermeiden.

Erst Anfang 2020 kam das Thema bei einem Stadtratsbeschluss zum Fördergebietskonzept wieder zur Sprache. Vor der Abstimmung analysierte Stadtplaner Tom Arnold die Einwohnerentwicklung und sprach von einem nicht mehr funktionierenden Wohnungsmarkt. Mitte 2019 lag der Leerstand im Bebel-Gebiet im Durchschnitt bei 21 Prozent. Das Konzept sieht daher als eine Option den Teilrückbau oder Abriss von Blöcken vor. Allerdings obliegt die Entscheidung darüber allein den Wohnungsgesellschaften, wurde in dem Papier ergänzt.

Bei der Vermittlung von Mietern für die Mini-Wohnungen hilft der Pflegedienst von Andrea Reinhold, der nur wenige Meter weiter am Launer Ring seinen Sitz hat. "Die Leute wollen lieber in ihrer eigenen Wohnung bleiben als im Heim zu leben. Aber oft sind die Treppen das Problem", spricht sie aus Erfahrung. Und betont, dass für die künftigen Bewohner kein Zwang besteht, ihren Dienst zu nutzen. "Oft werden die Menschen ja schon von anderen Pflegediensten betreut und haben zu den Mitarbeitern ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Da wäre ein Wechsel nicht sinnvoll."

Das könnte Sie auch interessieren