In die Debatte rund um eine Rückkehr zur Wehrpflicht und Waffenlieferungen an die Ukraine platzt am Montagmorgen eine E-Mail. Abgeschickt angeblich durch das Haus von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Was hat es damit auf sich?
Die Furcht vor einer Ausweitung des Krieges in der Ukraine ist seit Kriegsbeginn vor über drei Jahren nicht kleiner geworden, seit Wochen wird teils hitzig über eine Rückkehr zur Wehrpflicht debattiert. Inmitten dieser Gemengelage erreicht einen Redakteur der „Freien Presse“ am Montagmorgen eine Mail mit dem Betreff „Wichtige Mitteilung: Wehrpflicht tritt sofort in Kraft“.
Beim Lesen dürfte so manchem erstmal unwohl werden: „Angesichts der zunehmenden militärischen Bedrohungen und des Scheiterns diplomatischer Bemühungen erklärt die Regierung den Zustand der allgemeinen Mobilmachung und den Beginn der allgemeinen Wehrpflicht.“
Bürger zwischen 18 und 45 sollen sich melden
Ab Montag müssten sich alle Bürger, die zwischen 18 und 45 Jahre alt sind, innerhalb von 72 Stunden bei der „nächstgelegenen Einberufungsstelle“ melden. Zudem seien Ausreisen ins Ausland ohne offizielle Genehmigung untersagt. Und zuletzt heißt es: „Die Verweigerung des Wehrdienstes gilt als Landesverrat und wird mit Freiheitsstrafe geahndet.“


Deutschland befände sich in der gefährlichsten Lage seit dem Zweiten Weltkrieg: „Wir fordern alle Bürger zur uneingeschränkten Mitwirkung auf – zum Schutz unseres Vaterlandes.“ Die Mail stamme aus dem Hause von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD), so ist abschließend zu lesen. Ein genauerer Blick verrät auch dem Laien: Der Absender ist keineswegs das Bundespräsidialamt.
Und: Ganz unten auf der E-Mail befindet sich ein Button mit der Aufschrift „Ich habe verstanden“, welcher einen auf eine dort hinterlegte, verdächtige URL schickt. Was alles in allem äußerst suspekt wirkt, ist es auch, wie das Bundesverteidigungsministerium unserer Redaktion mitteilt.
Das sagt das Verteidigungsministerium
„Nach unserer Einschätzung handelt es sich um Spam-Mails“, so eine Sprecherin des Ministeriums. „Die Inhalte sind Falschinformationen, die Versendung der Mail erfolgte nicht seitens offizieller Stellen der Bundesregierung.“
Weiß man, wer dahinter steckt und welche Absicht verfolgt wird? Nein. Entsprechende Erkenntnisse lägen nicht vor. „Ich bitte um Verständnis, dass wir uns im Rahmen unserer Zuständigkeit weder zur Gefährlichkeit der verlinkten Internetseite noch zu dahinterstehenden Absichten äußern können.“
Das Bundesverteidigungsministerium informiere auf den offiziellen Kanälen, insbesondere auch auf der offiziellen Internetseite über aktuelle Themen. „Dies betrifft auch die im Koalitionsvertrag verankerte Absicht, einen Neuen Wehrdienst einzuführen“, lässt die Sprecherin wissen. Apropos Wehrdienst: „Aktuell findet die konkrete Ausgestaltung dieses Vorhabens statt. Danach werden die parlamentarische Befassung und das Gesetzgebungsverfahren starten.“
Für das Bundespräsidialamt stellt ein Sprecher klar: „Der Bundespräsident und auch das Bundespräsidialamt haben im Hinblick auf die Bundeswehr und alle damit zusammenhängenden Fragen - namentlich Wehrpflicht - keine Befugnisse.“
Phishing-Mail und Desinformation
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bezeichnet die erhaltene E-Post als klassische Phishing-Mail. Sie bediene sich „eines Themas, das grundsätzlich medial bekannt ist, um Aufmerksamkeit der Leserschaft zu erzeugen“. Gleichzeitig werde Handlungsdruck erzeugt, der sowohl eine zeitliche Komponente habe als auch mit Konsequenzen drohe.
Damit nicht genug: „Darüber hinaus erfüllt diese Mail auch Kriterien der Desinformation, da sie falsche Informationen verbreitet, die dazu geeignet sind, Unsicherheit in der Bevölkerung zu schüren.“ Zum Absender des Schreibens liegen aber auch dem BSI keine Informationen vor.
Was sollten User unternehmen, die auch die Wehrpflicht-Mail bekommen haben? Ein Sprecher des BSI rät grundsätzlich zu Misstrauen bei Mails, deren Absender man nicht kennt.
Und: „Klicken Sie niemals auf einen Link, der in einer Mail enthalten ist, wenn Sie auch nur leise Zweifel an der Echtheit der Mail oder der darin beschriebenen Absichten haben.“ Zudem sollten solcherlei Mails umgehend gelöscht werden. Das hat unser Redakteur dann auch gemacht. (phy)