Zehntausende Sachsen sollen von der Erhöhung des Mindestlohns ab dem kommenden Jahr profitieren. Unter dem Strich lohnt sich das Ganze aber vor allem für einen - den Staat.
Durch die Mindestlohnanhebung zum 1. Januar 2026 wird ein Mindestlohnempfänger (Single in Vollzeit) brutto 186 Euro oder 8,6 Prozent mehr als jetzt auf seinem Lohn- oder Gehaltszettel stehen haben. Doch dieses Plus ist vor allem für den Staat ein gutes Geschäft.
Steuerzahlerbund: Das ist weder gerecht noch wirtschaftlich sinnvoll
Die geplante Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns drohe für viele Beschäftigte zur Enttäuschung zu werden, erklärt der Bund der Steuerzahler (BdSt). „Denn ohne eine gleichzeitige Anpassung des Einkommensteuertarifs und eine Deckelung der Sozialabgaben kommt der Lohnzuwachs nicht im vollen Umfang bei den Arbeitnehmern an.“ Der BdSt spricht gar von einem drohenden „Nullsummenspiel“ für die Beschäftigten, steuere der Staat nicht dagegen. „Das ist weder gerecht noch wirtschaftlich sinnvoll“, betont der BdSt.
40 Prozent behält der Staat ein
Konkret steigt der Mindestlohn Anfang 2026 zunächst um 1,08 Euro von derzeit 12,82 auf 13,90 Euro brutto. Das hat die Mindestlohnkommission am vergangenen Freitag verkündet. Tatsächlich hat bisher aber vor allem der Staat selbst von jeder Lohnerhöhung profitiert - gerade bei jenen Beschäftigten, die den Mindestlohn erhalten. So steigt zum Beispiel mit der Mindestlohnaufstockung ab Januar bei einem Single in Vollbeschäftigung die Einkommensteuer um 37 Euro auf 171 Euro im Monat. Das ist eine Steigerung um 27,9 Prozent. Die Sozialabgaben für Rente, Pflege & Co. klettern zudem um 40 oder 8,4 Prozent auf 521 Euro. Vom Lohnplus der Mindestlohnbeschäftigten gehen also rund 40 Prozent als Steuern und Abgaben an die Staats- und die Sozialkassen. Das hat der Bund der Steuerzahler für die „Bild“ errechnet. Den Mindestlohnempfängern bleiben dadurch unter dem Strich nur 109 Euro netto mehr von der Brutto-Erhöhung. Das entspricht laut Steuerzahlerbund einem Nettolohn-Anstieg um „nur“ 6,8 Prozent.
Von 306 Euro brutto bleiben nur 178 netto
Wenn der Mindestlohn schließlich im zweiten Schritt zum 1. Januar 2027 auf 14,60 Euro pro Stunde steigt, wird der Staat erneut einen großen Teil davon selbst einstreichen. Bei einem Single in Vollzeit gehen dann laut Steuerzahlerbund nämlich von den 306 Euro brutto mehr im Monat 128 Euro an Steuern und Sozialabgaben ab. Am Ende haben Mindestlohnempfänger dadurch „lediglich“ 178 Euro oder 11,2 Prozent mehr netto im Geldbeutel.
Experte zur Lohnerhöhung: Der größte Profiteur ist immer der Staat
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) stellt denn auch fest: Ein höherer Mindestlohn beschert den Arbeitgebern zusätzliche Lohnausgaben und den Arbeitnehmern höhere Einnahmen. Aber „der größte Profiteur ist immer der Staat“, wie IAB-Experte Enzo Weber dem „Handelsblatt“ erklärte. So werde der Bund durch die Erhöhung des Mindestlohnes für bundesweit rund sechs Millionen Beschäftigte „mindestens mehrere hundert Millionen Euro pro Jahr bei den Ausgaben für Bürgergeld einsparen“. Rechne man dann noch die zusätzlichen Steuereinnahmen und Sozialabgaben durch den Mindestlohnanstieg hinzu, „dürfte sich das Plus für den Staat unterm Strich auf einen Betrag von einigen Milliarden Euro summieren“, sagte Weber.
Steuerzahlerbund: Brauchen eine echte Steuerentlastung
Der Bund der Steuerzahler fordert daher: Schluss mit der kalten Progression. „Was wir brauchen, ist eine echte Steuerentlastung – insbesondere im unteren und mittleren Einkommensbereich– sowie eine Begrenzung der Sozialabgaben. Sonst steigen zwar die Löhne auf dem Papier, aber nicht der Wohlstand der Menschen“, so der BdSt. Dessen Experten warnen zudem: Auch die Unternehmen stünden unter Druck: „Sie müssen die höheren Lohnkosten tragen – besonders in personalintensiven Branchen wie dem Handwerk, der Gastronomie, im Einzelhandel oder der Gebäudereinigung. Die Folge: Preiserhöhungen für Verbraucher sind nur eine Frage der Zeit.“
Bürger rechnen mit steigenden Preisen
Den meisten Bürgern schwant das bereits. Laut einer INSA-Umfrage rechnen 76 Prozent mit steigenden Preisen aufgrund der Mindestlohnerhöhung. (juerg)